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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.

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Zum Weimarer Iubilate.

Buch, in welchem dieses Werk der Wahrheit und des Mutes gethan ward, eine
Vereinigung glänzender Beredsamkeit und unermüdlichen Fleißes darstellt, das
sichert ihm umsomehr eine lange Dauer. Es ist wahrlich wert, ein "Besitz
auf immer" zu heißen, und noch oft werden aus seinem Arsenal Waffen geholt
werden, wenn man versuchen wird, das Krokodil wieder hinter den Vorhang zu
stecken und es wieder für einen Gott auszugeben.


G. Lgelhacif.


ZUM Weimarer Iubilate.

le Nachrichten von den Verfügungen des letzten Gvethesprößlings,
von der Versammlung zu Weimar und von deren Beschlüssen
sind mit einer bei uns Deutschen ungewöhnlichen Stille aufge¬
nommen worden. Sind wir denn wirklich nicht mehr das Volk
der Neunmalweisen, der Besserwisser?

Der deutschen Mäkelsucht soll hier kein Loblied gesungen werden. Die
Würde eines beispiellosen, wahrhaft großartigen Vorganges, die Reinheit und
Tiefe seines Eindruckes -- wir wären die letzten, welche diese Weihe vorlaut
unterbrochen sehen möchten. Aber gerade, weil es sich hier um große Dinge,
um einen Volksschatz handelt, hat jenes Schweigen auch etwas Beunruhigendes.
Fallen wir nicht aus einem Fehler in den andern! Daß wir über die Be¬
handlung des Goethischen Nachlasses in den Hauptdingen einig sind, ist ja sehr
schön; man könnte es beinahe erhebend nennen. Aber aus demselben Gesichts¬
punkte würde es leichtsinnig sein, einzelne Bedenken -- und träfen sie auch nnr
Kleinigkeiten -- zu unterdrücken. Im Grunde ist hier nichts eine Kleinigkeit.
Handelt es sich doch darum, die schwere Aufgabe, die wir jetzt vor uns liegen
sehen, möglichst vollkommen zu lösen.

Erörterung einzelner Punkte wird das Werk nicht aufhalten. Noch sind
ja nicht endgiltige Beschlüsse gefaßt, noch sind keine Anfänge der Arbeit vor¬
handen, welche die Fortsetzung banden. Das bescheidne Wort eines Unbeteiligten
kann also vielleicht noch eine gute Stätte finden.

Es soll hier von der endgiltigen Ausgabe der Gesammelten Schriften,
und zwar zunächst von einer -- vielleicht unbedeutenden -- Einzelheit die
Rede sein.

Der vorläufig zusammengetretene Ausschuß hat mitgeteilt, daß sich in der
Handschrift der Venetianischen Epigramme einige bisher ungedruckte Stücke vor-


Zum Weimarer Iubilate.

Buch, in welchem dieses Werk der Wahrheit und des Mutes gethan ward, eine
Vereinigung glänzender Beredsamkeit und unermüdlichen Fleißes darstellt, das
sichert ihm umsomehr eine lange Dauer. Es ist wahrlich wert, ein „Besitz
auf immer" zu heißen, und noch oft werden aus seinem Arsenal Waffen geholt
werden, wenn man versuchen wird, das Krokodil wieder hinter den Vorhang zu
stecken und es wieder für einen Gott auszugeben.


G. Lgelhacif.


ZUM Weimarer Iubilate.

le Nachrichten von den Verfügungen des letzten Gvethesprößlings,
von der Versammlung zu Weimar und von deren Beschlüssen
sind mit einer bei uns Deutschen ungewöhnlichen Stille aufge¬
nommen worden. Sind wir denn wirklich nicht mehr das Volk
der Neunmalweisen, der Besserwisser?

Der deutschen Mäkelsucht soll hier kein Loblied gesungen werden. Die
Würde eines beispiellosen, wahrhaft großartigen Vorganges, die Reinheit und
Tiefe seines Eindruckes — wir wären die letzten, welche diese Weihe vorlaut
unterbrochen sehen möchten. Aber gerade, weil es sich hier um große Dinge,
um einen Volksschatz handelt, hat jenes Schweigen auch etwas Beunruhigendes.
Fallen wir nicht aus einem Fehler in den andern! Daß wir über die Be¬
handlung des Goethischen Nachlasses in den Hauptdingen einig sind, ist ja sehr
schön; man könnte es beinahe erhebend nennen. Aber aus demselben Gesichts¬
punkte würde es leichtsinnig sein, einzelne Bedenken — und träfen sie auch nnr
Kleinigkeiten — zu unterdrücken. Im Grunde ist hier nichts eine Kleinigkeit.
Handelt es sich doch darum, die schwere Aufgabe, die wir jetzt vor uns liegen
sehen, möglichst vollkommen zu lösen.

Erörterung einzelner Punkte wird das Werk nicht aufhalten. Noch sind
ja nicht endgiltige Beschlüsse gefaßt, noch sind keine Anfänge der Arbeit vor¬
handen, welche die Fortsetzung banden. Das bescheidne Wort eines Unbeteiligten
kann also vielleicht noch eine gute Stätte finden.

Es soll hier von der endgiltigen Ausgabe der Gesammelten Schriften,
und zwar zunächst von einer — vielleicht unbedeutenden — Einzelheit die
Rede sein.

Der vorläufig zusammengetretene Ausschuß hat mitgeteilt, daß sich in der
Handschrift der Venetianischen Epigramme einige bisher ungedruckte Stücke vor-


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[0182] Zum Weimarer Iubilate. Buch, in welchem dieses Werk der Wahrheit und des Mutes gethan ward, eine Vereinigung glänzender Beredsamkeit und unermüdlichen Fleißes darstellt, das sichert ihm umsomehr eine lange Dauer. Es ist wahrlich wert, ein „Besitz auf immer" zu heißen, und noch oft werden aus seinem Arsenal Waffen geholt werden, wenn man versuchen wird, das Krokodil wieder hinter den Vorhang zu stecken und es wieder für einen Gott auszugeben. G. Lgelhacif. ZUM Weimarer Iubilate. le Nachrichten von den Verfügungen des letzten Gvethesprößlings, von der Versammlung zu Weimar und von deren Beschlüssen sind mit einer bei uns Deutschen ungewöhnlichen Stille aufge¬ nommen worden. Sind wir denn wirklich nicht mehr das Volk der Neunmalweisen, der Besserwisser? Der deutschen Mäkelsucht soll hier kein Loblied gesungen werden. Die Würde eines beispiellosen, wahrhaft großartigen Vorganges, die Reinheit und Tiefe seines Eindruckes — wir wären die letzten, welche diese Weihe vorlaut unterbrochen sehen möchten. Aber gerade, weil es sich hier um große Dinge, um einen Volksschatz handelt, hat jenes Schweigen auch etwas Beunruhigendes. Fallen wir nicht aus einem Fehler in den andern! Daß wir über die Be¬ handlung des Goethischen Nachlasses in den Hauptdingen einig sind, ist ja sehr schön; man könnte es beinahe erhebend nennen. Aber aus demselben Gesichts¬ punkte würde es leichtsinnig sein, einzelne Bedenken — und träfen sie auch nnr Kleinigkeiten — zu unterdrücken. Im Grunde ist hier nichts eine Kleinigkeit. Handelt es sich doch darum, die schwere Aufgabe, die wir jetzt vor uns liegen sehen, möglichst vollkommen zu lösen. Erörterung einzelner Punkte wird das Werk nicht aufhalten. Noch sind ja nicht endgiltige Beschlüsse gefaßt, noch sind keine Anfänge der Arbeit vor¬ handen, welche die Fortsetzung banden. Das bescheidne Wort eines Unbeteiligten kann also vielleicht noch eine gute Stätte finden. Es soll hier von der endgiltigen Ausgabe der Gesammelten Schriften, und zwar zunächst von einer — vielleicht unbedeutenden — Einzelheit die Rede sein. Der vorläufig zusammengetretene Ausschuß hat mitgeteilt, daß sich in der Handschrift der Venetianischen Epigramme einige bisher ungedruckte Stücke vor-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/182>, abgerufen am 30.04.2024.