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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.

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Sansibar.

eit einiger Zeit wird in der Tagespresse eine Sansibar-Frage
erörtert, und in der letzten Woche ist dieselbe in den Vorder¬
grund getreten, indem der Telegraph uns meldete, daß ein Ge¬
schwader deutscher Kriegsschiffe vor der Stadt Sansibar einge¬
troffen sei. So wird es wünschenswert, zunächst etwas über Land
und Leute, mit denen der Kommandant dieser Seestreitkräfte zu thun haben
wird, dann über Ursache und etwaige Zwecke der Absendung der letztern zu er¬
fahren, und diesem Wunsche sollen die folgenden Mitteilungen, soweit thunlich
und rätlich, zu entsprechen versuchen.

Sansibar im weitern Sinne ist ein kleines, aber infolge seiner Lage nicht
unwichtiges Insel- und Küstenreich in der Nähe des ostafrikanischen Kaps Del-
gado. Von den dazu gehörigen Inseln sind die, nach welcher es genannt wird,
das ungefähr 1600 Quadratkilometer große Sansibar oder Sangibar, dann
Manfeja und Pemba die ansehnlichsten. Der Gebietsstreifen an der Küste des
Festlandes stellt keinen geschlossnen und zusammenhängenden Besitzstand dar,
sondern ist als eine Reihe einzelner Enklaven im Suahelilande zu bezeichnen,
von denen überdies mehrere von dem Beherrscher der übrigen Teile dieses
Landstrichs mit zweifelhafter Berechtigung beansprucht werden. Ein besonders
Wichtiger Punkt unter diesen Enklaven ist Bagvmoio, das Eingangsthor nach
dem Innern des südöstlichen Afrikas, nach den großen Seen und nach den Bergen
und Hügelketten, die im Kilima Ndscharo ihr Zentrum und ihre höchste Er¬
hebung haben. Hier legen die Küstenfahrer an, welche die Einfuhr europäischer
Waaren in diese Länder und die Ausfuhr von deren Erzeugnissen vermitteln,
hier sammeln sich die Kaarwanen arabischer und fränkischer Kaufleute, welche


Grenzboten III. 188S. 43


Sansibar.

eit einiger Zeit wird in der Tagespresse eine Sansibar-Frage
erörtert, und in der letzten Woche ist dieselbe in den Vorder¬
grund getreten, indem der Telegraph uns meldete, daß ein Ge¬
schwader deutscher Kriegsschiffe vor der Stadt Sansibar einge¬
troffen sei. So wird es wünschenswert, zunächst etwas über Land
und Leute, mit denen der Kommandant dieser Seestreitkräfte zu thun haben
wird, dann über Ursache und etwaige Zwecke der Absendung der letztern zu er¬
fahren, und diesem Wunsche sollen die folgenden Mitteilungen, soweit thunlich
und rätlich, zu entsprechen versuchen.

Sansibar im weitern Sinne ist ein kleines, aber infolge seiner Lage nicht
unwichtiges Insel- und Küstenreich in der Nähe des ostafrikanischen Kaps Del-
gado. Von den dazu gehörigen Inseln sind die, nach welcher es genannt wird,
das ungefähr 1600 Quadratkilometer große Sansibar oder Sangibar, dann
Manfeja und Pemba die ansehnlichsten. Der Gebietsstreifen an der Küste des
Festlandes stellt keinen geschlossnen und zusammenhängenden Besitzstand dar,
sondern ist als eine Reihe einzelner Enklaven im Suahelilande zu bezeichnen,
von denen überdies mehrere von dem Beherrscher der übrigen Teile dieses
Landstrichs mit zweifelhafter Berechtigung beansprucht werden. Ein besonders
Wichtiger Punkt unter diesen Enklaven ist Bagvmoio, das Eingangsthor nach
dem Innern des südöstlichen Afrikas, nach den großen Seen und nach den Bergen
und Hügelketten, die im Kilima Ndscharo ihr Zentrum und ihre höchste Er¬
hebung haben. Hier legen die Küstenfahrer an, welche die Einfuhr europäischer
Waaren in diese Länder und die Ausfuhr von deren Erzeugnissen vermitteln,
hier sammeln sich die Kaarwanen arabischer und fränkischer Kaufleute, welche


Grenzboten III. 188S. 43
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[0345] [Abbildung] Sansibar. eit einiger Zeit wird in der Tagespresse eine Sansibar-Frage erörtert, und in der letzten Woche ist dieselbe in den Vorder¬ grund getreten, indem der Telegraph uns meldete, daß ein Ge¬ schwader deutscher Kriegsschiffe vor der Stadt Sansibar einge¬ troffen sei. So wird es wünschenswert, zunächst etwas über Land und Leute, mit denen der Kommandant dieser Seestreitkräfte zu thun haben wird, dann über Ursache und etwaige Zwecke der Absendung der letztern zu er¬ fahren, und diesem Wunsche sollen die folgenden Mitteilungen, soweit thunlich und rätlich, zu entsprechen versuchen. Sansibar im weitern Sinne ist ein kleines, aber infolge seiner Lage nicht unwichtiges Insel- und Küstenreich in der Nähe des ostafrikanischen Kaps Del- gado. Von den dazu gehörigen Inseln sind die, nach welcher es genannt wird, das ungefähr 1600 Quadratkilometer große Sansibar oder Sangibar, dann Manfeja und Pemba die ansehnlichsten. Der Gebietsstreifen an der Küste des Festlandes stellt keinen geschlossnen und zusammenhängenden Besitzstand dar, sondern ist als eine Reihe einzelner Enklaven im Suahelilande zu bezeichnen, von denen überdies mehrere von dem Beherrscher der übrigen Teile dieses Landstrichs mit zweifelhafter Berechtigung beansprucht werden. Ein besonders Wichtiger Punkt unter diesen Enklaven ist Bagvmoio, das Eingangsthor nach dem Innern des südöstlichen Afrikas, nach den großen Seen und nach den Bergen und Hügelketten, die im Kilima Ndscharo ihr Zentrum und ihre höchste Er¬ hebung haben. Hier legen die Küstenfahrer an, welche die Einfuhr europäischer Waaren in diese Länder und die Ausfuhr von deren Erzeugnissen vermitteln, hier sammeln sich die Kaarwanen arabischer und fränkischer Kaufleute, welche Grenzboten III. 188S. 43

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/345>, abgerufen am 30.04.2024.