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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.

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Analekten zur Geschichte der neuere deutschen Aunst.

kennen lernen will, dem ist eine Sommerreise dahin sehr anzuempfehlen. Gelangt
man dabei aus unserm wüsten Hochmovr in kurzer Zeit in die schönsten und
üppigsten holländischen Kolonien, so trifft man in Holland auch wieder am
Orcmjekanal auf die ersten Anfänge der Kultur, um sich deutlich zu überzeugen,
daß an der Stätte der glänzenden Kultur, die mau hinter sich gelassen, ehedem
mich mir wildes Moor gewesen.

Unstreitig lassen sich in der norddeutschen Tiefebene auch anderwärts noch
ähnliche Eroberungen wie in den Mooren machen. So möchten wir z. B. manche
Teile der Lüneburger Heide für durchaus anbau- und somit auch besiedlungs-
sähig halten. Wir überlassen es aber billig ortskundigen Federn, das Ob und
Wie des Verfahrens näher darzulegen. Ebenso wollen wir die Frage nur auf¬
geworfen haben, ob mit dem Fortschreiten der Bewaldung und Wiederbewaldung
in Deutschland auch eigentliche Walddörfer wieder begründet werden können.




Analekten zur Geschichte der neuern deutschen Kunst.
von H. A. Lier.
Die Aufnahme der "belgischen Bilder" in Deutschland.
(Schluß.)

n diesem absprechender Sinne also war den Münchener Künst¬
lern von ihren Anhängern schon im voraus über die Belgier
Bericht erstattet worden. Der Empfang jedoch, der ihnen zu¬
teil wurde, entsprach weder Försters noch Quandts Erwar¬
tungen. Man sicherte ihnen zunächst die Grundbedingung, die
Zur gerechten Beurteilung aller Bilder, deren Vorzüge in erster Linie koloristische
sind, unerläßlich ist, d. h. man ließ ihnen eine passende Beleuchtung zuteil
werden. Die Augsburger "Allgemeine Zeitung" meldete am 20. Oktober 1843
mis München: "Seit einigen Tagen sind die großen, tinter dem Namen der
"belgischen Bilder" bekannten Ölgemälde der Herren Gallmt und de Bivfveaus
Brüssel. . . im hiesigen königlichen Akndemiegebäude und zwar in der günstigsten
Beleuchtung und überhaupt auf das Vorteilhafteste öffentlich mifgestellt."

Natürlich gingen auch in München die Meinungen sehr auseinander. Daß
aber auch hier Maler sich finden sollten, die mit voller Überzeugung für die
ästhetischen Grundanschauungen, welche aus deu beiden Gemälden lenkt und ver¬
nehmlich sprachen, eintreten würden, war kaum vorauszusehen. Dennoch fanden



) Für de Biöfre ist in dem erste" Teile überall de Bivfve zu lesen.
Analekten zur Geschichte der neuere deutschen Aunst.

kennen lernen will, dem ist eine Sommerreise dahin sehr anzuempfehlen. Gelangt
man dabei aus unserm wüsten Hochmovr in kurzer Zeit in die schönsten und
üppigsten holländischen Kolonien, so trifft man in Holland auch wieder am
Orcmjekanal auf die ersten Anfänge der Kultur, um sich deutlich zu überzeugen,
daß an der Stätte der glänzenden Kultur, die mau hinter sich gelassen, ehedem
mich mir wildes Moor gewesen.

Unstreitig lassen sich in der norddeutschen Tiefebene auch anderwärts noch
ähnliche Eroberungen wie in den Mooren machen. So möchten wir z. B. manche
Teile der Lüneburger Heide für durchaus anbau- und somit auch besiedlungs-
sähig halten. Wir überlassen es aber billig ortskundigen Federn, das Ob und
Wie des Verfahrens näher darzulegen. Ebenso wollen wir die Frage nur auf¬
geworfen haben, ob mit dem Fortschreiten der Bewaldung und Wiederbewaldung
in Deutschland auch eigentliche Walddörfer wieder begründet werden können.




Analekten zur Geschichte der neuern deutschen Kunst.
von H. A. Lier.
Die Aufnahme der „belgischen Bilder" in Deutschland.
(Schluß.)

n diesem absprechender Sinne also war den Münchener Künst¬
lern von ihren Anhängern schon im voraus über die Belgier
Bericht erstattet worden. Der Empfang jedoch, der ihnen zu¬
teil wurde, entsprach weder Försters noch Quandts Erwar¬
tungen. Man sicherte ihnen zunächst die Grundbedingung, die
Zur gerechten Beurteilung aller Bilder, deren Vorzüge in erster Linie koloristische
sind, unerläßlich ist, d. h. man ließ ihnen eine passende Beleuchtung zuteil
werden. Die Augsburger „Allgemeine Zeitung" meldete am 20. Oktober 1843
mis München: „Seit einigen Tagen sind die großen, tinter dem Namen der
»belgischen Bilder« bekannten Ölgemälde der Herren Gallmt und de Bivfveaus
Brüssel. . . im hiesigen königlichen Akndemiegebäude und zwar in der günstigsten
Beleuchtung und überhaupt auf das Vorteilhafteste öffentlich mifgestellt."

Natürlich gingen auch in München die Meinungen sehr auseinander. Daß
aber auch hier Maler sich finden sollten, die mit voller Überzeugung für die
ästhetischen Grundanschauungen, welche aus deu beiden Gemälden lenkt und ver¬
nehmlich sprachen, eintreten würden, war kaum vorauszusehen. Dennoch fanden



) Für de Biöfre ist in dem erste» Teile überall de Bivfve zu lesen.
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[0355] Analekten zur Geschichte der neuere deutschen Aunst. kennen lernen will, dem ist eine Sommerreise dahin sehr anzuempfehlen. Gelangt man dabei aus unserm wüsten Hochmovr in kurzer Zeit in die schönsten und üppigsten holländischen Kolonien, so trifft man in Holland auch wieder am Orcmjekanal auf die ersten Anfänge der Kultur, um sich deutlich zu überzeugen, daß an der Stätte der glänzenden Kultur, die mau hinter sich gelassen, ehedem mich mir wildes Moor gewesen. Unstreitig lassen sich in der norddeutschen Tiefebene auch anderwärts noch ähnliche Eroberungen wie in den Mooren machen. So möchten wir z. B. manche Teile der Lüneburger Heide für durchaus anbau- und somit auch besiedlungs- sähig halten. Wir überlassen es aber billig ortskundigen Federn, das Ob und Wie des Verfahrens näher darzulegen. Ebenso wollen wir die Frage nur auf¬ geworfen haben, ob mit dem Fortschreiten der Bewaldung und Wiederbewaldung in Deutschland auch eigentliche Walddörfer wieder begründet werden können. Analekten zur Geschichte der neuern deutschen Kunst. von H. A. Lier. Die Aufnahme der „belgischen Bilder" in Deutschland. (Schluß.) n diesem absprechender Sinne also war den Münchener Künst¬ lern von ihren Anhängern schon im voraus über die Belgier Bericht erstattet worden. Der Empfang jedoch, der ihnen zu¬ teil wurde, entsprach weder Försters noch Quandts Erwar¬ tungen. Man sicherte ihnen zunächst die Grundbedingung, die Zur gerechten Beurteilung aller Bilder, deren Vorzüge in erster Linie koloristische sind, unerläßlich ist, d. h. man ließ ihnen eine passende Beleuchtung zuteil werden. Die Augsburger „Allgemeine Zeitung" meldete am 20. Oktober 1843 mis München: „Seit einigen Tagen sind die großen, tinter dem Namen der »belgischen Bilder« bekannten Ölgemälde der Herren Gallmt und de Bivfveaus Brüssel. . . im hiesigen königlichen Akndemiegebäude und zwar in der günstigsten Beleuchtung und überhaupt auf das Vorteilhafteste öffentlich mifgestellt." Natürlich gingen auch in München die Meinungen sehr auseinander. Daß aber auch hier Maler sich finden sollten, die mit voller Überzeugung für die ästhetischen Grundanschauungen, welche aus deu beiden Gemälden lenkt und ver¬ nehmlich sprachen, eintreten würden, war kaum vorauszusehen. Dennoch fanden ) Für de Biöfre ist in dem erste» Teile überall de Bivfve zu lesen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/355>, abgerufen am 30.04.2024.