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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.

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Um eine Perle.

Mit wenigen Worten rief sie die Wichtigkeit eines fiir das ganze Leben
geschlossenen Bundes den Verlobten ins Gedächtnis zurück.

Fürs ganze Leben!

Floridas Thränen flössen.

Es folgte die Frage an Giuseppe Gonzaga, um Florida Buonaevlsi.

Er nickte, sie hingegen rief laut: Ja, Geliebter, die Deine, die Deine in
alle Ewigkeit!

Wenige Minuten darauf schlössen sich die Augen Giuseppe Gonzcigas, und
sein Herz hörte auf zu schlagen.




Hüufundvierzigstes Uapitel.

Mantua hatte sich beruhigt. Die Pvckeuseuchc war in wenigen Wochen
überstanden worden. Wieder ertönten abends die Klänge der Mandolinen und
der Guitarren. Die Weinlese hatte reichlichen Ertrag gegeben, das Maisbrot
war im Preise gefallen. Die Zeit der drückenden Hitze hatte sich von klaren,
kühlen Herbsttagen ablösen lassen.

Im Palazzo Dueale residirte ein neuer Herzog, Herzog Fernando. Man
hatte unter dein kurzen Regiment seines Vorgängers manches Unerfreuliche erlebt,
war wegen seines mißtrauischen, menschenscheuen Wesens nicht dazu gelangt, ihn
lieb zu gewinnen, und hatte seinen und seines armen Söhnchens Tod rasch
verschmerzt, zumal da das nun stadtkundig gewordne tragische Ende Giuseppe
Gvnzagas viele Herzen rührte und ihn in einer Art Verklärungslicht er¬
scheinen ließ.

Als früherer Jvhanniterordensprivr war Herzog Fernando denn auch dem
allgemeinen Wunsche, die Bestattung seines Vetters mit der einem Ordensritter
gebührenden Pracht vollzogen zu sehen, nachgekommen.

Mantua hatte sich außerdem belehren lassen, daß die Ernennung des greisen
Primaticcio eine der vielen Übereilungen des verstorbnen Herzogs gewesen sei,
für welche mehr seine Kränklichkeit als sein Kopf verantwortlich gemacht werden
müsse, und man erzählte sich, daß die durch den jetzigen Herzog berufnen neuen
Räte durch große päpstliche Schenkungen in den Stand gesetzt werden würden,
Mantua zu einer Universitätsstadt zu machen, ein Vorhaben, das bekanntlich
zur Verwirklichung gelangte, wenn auch erst mehr als ein Jahrzehnt später
und mit gleichzeitigem Einzuge der Jesuiten in die Räume der neuen Hochschule.

Mantua war solcherart wieder guter Dinge.

Anders sah es im Palazzo Passerino aus.

Der alte Marcello hatte zwar vorausgesehen, daß, wenn seine Tochter ihren
Geliebten noch am Leben finden werde, sie nicht anders denn als die Gattin
Giuseppe Gonzagas ihrem Vater wieder gegenübertreten könne, und so war


Um eine Perle.

Mit wenigen Worten rief sie die Wichtigkeit eines fiir das ganze Leben
geschlossenen Bundes den Verlobten ins Gedächtnis zurück.

Fürs ganze Leben!

Floridas Thränen flössen.

Es folgte die Frage an Giuseppe Gonzaga, um Florida Buonaevlsi.

Er nickte, sie hingegen rief laut: Ja, Geliebter, die Deine, die Deine in
alle Ewigkeit!

Wenige Minuten darauf schlössen sich die Augen Giuseppe Gonzcigas, und
sein Herz hörte auf zu schlagen.




Hüufundvierzigstes Uapitel.

Mantua hatte sich beruhigt. Die Pvckeuseuchc war in wenigen Wochen
überstanden worden. Wieder ertönten abends die Klänge der Mandolinen und
der Guitarren. Die Weinlese hatte reichlichen Ertrag gegeben, das Maisbrot
war im Preise gefallen. Die Zeit der drückenden Hitze hatte sich von klaren,
kühlen Herbsttagen ablösen lassen.

Im Palazzo Dueale residirte ein neuer Herzog, Herzog Fernando. Man
hatte unter dein kurzen Regiment seines Vorgängers manches Unerfreuliche erlebt,
war wegen seines mißtrauischen, menschenscheuen Wesens nicht dazu gelangt, ihn
lieb zu gewinnen, und hatte seinen und seines armen Söhnchens Tod rasch
verschmerzt, zumal da das nun stadtkundig gewordne tragische Ende Giuseppe
Gvnzagas viele Herzen rührte und ihn in einer Art Verklärungslicht er¬
scheinen ließ.

Als früherer Jvhanniterordensprivr war Herzog Fernando denn auch dem
allgemeinen Wunsche, die Bestattung seines Vetters mit der einem Ordensritter
gebührenden Pracht vollzogen zu sehen, nachgekommen.

Mantua hatte sich außerdem belehren lassen, daß die Ernennung des greisen
Primaticcio eine der vielen Übereilungen des verstorbnen Herzogs gewesen sei,
für welche mehr seine Kränklichkeit als sein Kopf verantwortlich gemacht werden
müsse, und man erzählte sich, daß die durch den jetzigen Herzog berufnen neuen
Räte durch große päpstliche Schenkungen in den Stand gesetzt werden würden,
Mantua zu einer Universitätsstadt zu machen, ein Vorhaben, das bekanntlich
zur Verwirklichung gelangte, wenn auch erst mehr als ein Jahrzehnt später
und mit gleichzeitigem Einzuge der Jesuiten in die Räume der neuen Hochschule.

Mantua war solcherart wieder guter Dinge.

Anders sah es im Palazzo Passerino aus.

Der alte Marcello hatte zwar vorausgesehen, daß, wenn seine Tochter ihren
Geliebten noch am Leben finden werde, sie nicht anders denn als die Gattin
Giuseppe Gonzagas ihrem Vater wieder gegenübertreten könne, und so war


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[0388] Um eine Perle. Mit wenigen Worten rief sie die Wichtigkeit eines fiir das ganze Leben geschlossenen Bundes den Verlobten ins Gedächtnis zurück. Fürs ganze Leben! Floridas Thränen flössen. Es folgte die Frage an Giuseppe Gonzaga, um Florida Buonaevlsi. Er nickte, sie hingegen rief laut: Ja, Geliebter, die Deine, die Deine in alle Ewigkeit! Wenige Minuten darauf schlössen sich die Augen Giuseppe Gonzcigas, und sein Herz hörte auf zu schlagen. Hüufundvierzigstes Uapitel. Mantua hatte sich beruhigt. Die Pvckeuseuchc war in wenigen Wochen überstanden worden. Wieder ertönten abends die Klänge der Mandolinen und der Guitarren. Die Weinlese hatte reichlichen Ertrag gegeben, das Maisbrot war im Preise gefallen. Die Zeit der drückenden Hitze hatte sich von klaren, kühlen Herbsttagen ablösen lassen. Im Palazzo Dueale residirte ein neuer Herzog, Herzog Fernando. Man hatte unter dein kurzen Regiment seines Vorgängers manches Unerfreuliche erlebt, war wegen seines mißtrauischen, menschenscheuen Wesens nicht dazu gelangt, ihn lieb zu gewinnen, und hatte seinen und seines armen Söhnchens Tod rasch verschmerzt, zumal da das nun stadtkundig gewordne tragische Ende Giuseppe Gvnzagas viele Herzen rührte und ihn in einer Art Verklärungslicht er¬ scheinen ließ. Als früherer Jvhanniterordensprivr war Herzog Fernando denn auch dem allgemeinen Wunsche, die Bestattung seines Vetters mit der einem Ordensritter gebührenden Pracht vollzogen zu sehen, nachgekommen. Mantua hatte sich außerdem belehren lassen, daß die Ernennung des greisen Primaticcio eine der vielen Übereilungen des verstorbnen Herzogs gewesen sei, für welche mehr seine Kränklichkeit als sein Kopf verantwortlich gemacht werden müsse, und man erzählte sich, daß die durch den jetzigen Herzog berufnen neuen Räte durch große päpstliche Schenkungen in den Stand gesetzt werden würden, Mantua zu einer Universitätsstadt zu machen, ein Vorhaben, das bekanntlich zur Verwirklichung gelangte, wenn auch erst mehr als ein Jahrzehnt später und mit gleichzeitigem Einzuge der Jesuiten in die Räume der neuen Hochschule. Mantua war solcherart wieder guter Dinge. Anders sah es im Palazzo Passerino aus. Der alte Marcello hatte zwar vorausgesehen, daß, wenn seine Tochter ihren Geliebten noch am Leben finden werde, sie nicht anders denn als die Gattin Giuseppe Gonzagas ihrem Vater wieder gegenübertreten könne, und so war

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/388>, abgerufen am 30.04.2024.