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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.

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Um eine perle.
Robert waldmiiller (Ld. Duboc). Roman von(Fortsetzung.)

rancesco biß sich auf die Lippen.
Nach einer Weile sagte er: Vitaliano hatte Recht; meines
Vaters Zeit war durch seine großen Unternehmungen so sehr
in Anspruch genommen, daß mau sein Ohr nicht mit An¬
gelegenheiten untergeordneter Art füllen durfte. Anders steht
es mit mir. Ich habe die von ihm "versehenen Picolezzas ins Auge zu
fassen, denn ich muß den Staat von Grund aus reformiren. Jetzt zur
Sache: du bist entweder über meines Vetters Pläne gerade so schlecht unter¬
richtet gewesen wie Vitaliano, oder du hast dich einer sträflichen Säumnis
schuldig gemacht, indem du das veraltete Weishcitsrezept Vitalianos auch unter
meinem, dem jüngeren Regiment, noch befolgtest. Freilich wirst du nun klug
genug sein, dich lieber der Säumigkeit anzuklagen als der Unwissenheit, nachdem
dn ohne Zweifel alles vernommen hast, was der Diener Giuseppe Gouzagcis
gestern über die hochverräterischen Pläne seines Herrn aussagte. Warst du
zugegen?

Zu dienen, Altezza.

Nun?

Ich bekenne, Altezza, sagte Antonio Maria, daß ich Signor Vitalianos
Rezept zu gewissenhaft befolgte.

Aha! Lsnö! Nehmen wir an, daß du alles schon wußtest, aber dennoch
schwiegst. Die Gründe, warum du es thatest, will ich gelten lassen, doch nur
soweit es dir darauf ankommen mußte, niemanden täppisch in das um Giuseppe
durch dich gezogene Netz hineingreifen zu lassen, und das hätte leicht geschehen
können, wenn Vitaliano davon Kenntnis erhielt -- denn er ist altersschwach,
ich rede immer, wie ich denke --, wozu soll ich mit dir Komödie spielen? So
weit also, vorausgesetzt, deine Glaubhaftigkeit lasse sich erweisen, magst du dich




Um eine perle.
Robert waldmiiller (Ld. Duboc). Roman von(Fortsetzung.)

rancesco biß sich auf die Lippen.
Nach einer Weile sagte er: Vitaliano hatte Recht; meines
Vaters Zeit war durch seine großen Unternehmungen so sehr
in Anspruch genommen, daß mau sein Ohr nicht mit An¬
gelegenheiten untergeordneter Art füllen durfte. Anders steht
es mit mir. Ich habe die von ihm »versehenen Picolezzas ins Auge zu
fassen, denn ich muß den Staat von Grund aus reformiren. Jetzt zur
Sache: du bist entweder über meines Vetters Pläne gerade so schlecht unter¬
richtet gewesen wie Vitaliano, oder du hast dich einer sträflichen Säumnis
schuldig gemacht, indem du das veraltete Weishcitsrezept Vitalianos auch unter
meinem, dem jüngeren Regiment, noch befolgtest. Freilich wirst du nun klug
genug sein, dich lieber der Säumigkeit anzuklagen als der Unwissenheit, nachdem
dn ohne Zweifel alles vernommen hast, was der Diener Giuseppe Gouzagcis
gestern über die hochverräterischen Pläne seines Herrn aussagte. Warst du
zugegen?

Zu dienen, Altezza.

Nun?

Ich bekenne, Altezza, sagte Antonio Maria, daß ich Signor Vitalianos
Rezept zu gewissenhaft befolgte.

Aha! Lsnö! Nehmen wir an, daß du alles schon wußtest, aber dennoch
schwiegst. Die Gründe, warum du es thatest, will ich gelten lassen, doch nur
soweit es dir darauf ankommen mußte, niemanden täppisch in das um Giuseppe
durch dich gezogene Netz hineingreifen zu lassen, und das hätte leicht geschehen
können, wenn Vitaliano davon Kenntnis erhielt — denn er ist altersschwach,
ich rede immer, wie ich denke —, wozu soll ich mit dir Komödie spielen? So
weit also, vorausgesetzt, deine Glaubhaftigkeit lasse sich erweisen, magst du dich


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[0047] [Abbildung] Um eine perle. Robert waldmiiller (Ld. Duboc). Roman von(Fortsetzung.) rancesco biß sich auf die Lippen. Nach einer Weile sagte er: Vitaliano hatte Recht; meines Vaters Zeit war durch seine großen Unternehmungen so sehr in Anspruch genommen, daß mau sein Ohr nicht mit An¬ gelegenheiten untergeordneter Art füllen durfte. Anders steht es mit mir. Ich habe die von ihm »versehenen Picolezzas ins Auge zu fassen, denn ich muß den Staat von Grund aus reformiren. Jetzt zur Sache: du bist entweder über meines Vetters Pläne gerade so schlecht unter¬ richtet gewesen wie Vitaliano, oder du hast dich einer sträflichen Säumnis schuldig gemacht, indem du das veraltete Weishcitsrezept Vitalianos auch unter meinem, dem jüngeren Regiment, noch befolgtest. Freilich wirst du nun klug genug sein, dich lieber der Säumigkeit anzuklagen als der Unwissenheit, nachdem dn ohne Zweifel alles vernommen hast, was der Diener Giuseppe Gouzagcis gestern über die hochverräterischen Pläne seines Herrn aussagte. Warst du zugegen? Zu dienen, Altezza. Nun? Ich bekenne, Altezza, sagte Antonio Maria, daß ich Signor Vitalianos Rezept zu gewissenhaft befolgte. Aha! Lsnö! Nehmen wir an, daß du alles schon wußtest, aber dennoch schwiegst. Die Gründe, warum du es thatest, will ich gelten lassen, doch nur soweit es dir darauf ankommen mußte, niemanden täppisch in das um Giuseppe durch dich gezogene Netz hineingreifen zu lassen, und das hätte leicht geschehen können, wenn Vitaliano davon Kenntnis erhielt — denn er ist altersschwach, ich rede immer, wie ich denke —, wozu soll ich mit dir Komödie spielen? So weit also, vorausgesetzt, deine Glaubhaftigkeit lasse sich erweisen, magst du dich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/47>, abgerufen am 30.04.2024.