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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.

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Das Branntweinmonopol.

i?MHcum es auch im allgemeinen wünschenswert ist, daß über große
gesetzgeberische Reformen, lange bevor sie den zuständigen Körper¬
schaften als Gesetzentwürfe unterbreitet werden, durch Meinungs¬
austausch in öffentlicher Besprechung die Ansichten sich klären und
die vorhandenen Gegensätze womöglich sich mildern, so ist es
doch beklagenswert, wenn die erste Unterlage solch eines Meinungsaustausches
ein Gerücht bildet, welches jedweder Vermutung, Übertreibung und Verdäch¬
tigung "veiten Spielraum bietet. Dies zeigte sich auch wieder beim Brannt-
weinmonopvl, welches der staunenden Welt durch eins der oberflächlichste!,
Gerüchte angekündigt wurde und infolgedessen unsrer Opposition bei ihrem be¬
kannten System: "Ich kenne die Absichten der Regierung nicht, aber ich mi߬
billige sie," zahlreiche Angriffspunkte bot. Man konnte sich dabei umso freier
bewegen, als man ja nicht einmal wußte, ob das Monopol sich bereits des
Brennens bemächtigen oder erst bei der Rektifikation und Destillation des
Spiritus oder gar erst beim Handel einsetzen würde. So suchte man denn schon
von vornherein gegen das Monopol eine Stimmung zu erzeugen, welche dem
EntWurfe selbst die denkbar schlechteste Aufnahme versprach. Dabei handelte es
sich vielleicht weniger um das Monopol selbst, als vielmehr um den schon
damals nicht wegzuleugnenden finanziellen Erfolg desselben, welcher zur Be¬
festigung und Befreiung der finanz- und steuerpolitischeu Verhältnisse des Reiches
wie der Einzelstaaten und damit zu einer Kräftigung der Reichsgewalt mächtig
beitragen mußte, eine Folge, welche unsrer Opposition natürlich verhaßter als


Grcnztwten 1. 188". "1


Das Branntweinmonopol.

i?MHcum es auch im allgemeinen wünschenswert ist, daß über große
gesetzgeberische Reformen, lange bevor sie den zuständigen Körper¬
schaften als Gesetzentwürfe unterbreitet werden, durch Meinungs¬
austausch in öffentlicher Besprechung die Ansichten sich klären und
die vorhandenen Gegensätze womöglich sich mildern, so ist es
doch beklagenswert, wenn die erste Unterlage solch eines Meinungsaustausches
ein Gerücht bildet, welches jedweder Vermutung, Übertreibung und Verdäch¬
tigung »veiten Spielraum bietet. Dies zeigte sich auch wieder beim Brannt-
weinmonopvl, welches der staunenden Welt durch eins der oberflächlichste!,
Gerüchte angekündigt wurde und infolgedessen unsrer Opposition bei ihrem be¬
kannten System: „Ich kenne die Absichten der Regierung nicht, aber ich mi߬
billige sie," zahlreiche Angriffspunkte bot. Man konnte sich dabei umso freier
bewegen, als man ja nicht einmal wußte, ob das Monopol sich bereits des
Brennens bemächtigen oder erst bei der Rektifikation und Destillation des
Spiritus oder gar erst beim Handel einsetzen würde. So suchte man denn schon
von vornherein gegen das Monopol eine Stimmung zu erzeugen, welche dem
EntWurfe selbst die denkbar schlechteste Aufnahme versprach. Dabei handelte es
sich vielleicht weniger um das Monopol selbst, als vielmehr um den schon
damals nicht wegzuleugnenden finanziellen Erfolg desselben, welcher zur Be¬
festigung und Befreiung der finanz- und steuerpolitischeu Verhältnisse des Reiches
wie der Einzelstaaten und damit zu einer Kräftigung der Reichsgewalt mächtig
beitragen mußte, eine Folge, welche unsrer Opposition natürlich verhaßter als


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[0249] [Abbildung] Das Branntweinmonopol. i?MHcum es auch im allgemeinen wünschenswert ist, daß über große gesetzgeberische Reformen, lange bevor sie den zuständigen Körper¬ schaften als Gesetzentwürfe unterbreitet werden, durch Meinungs¬ austausch in öffentlicher Besprechung die Ansichten sich klären und die vorhandenen Gegensätze womöglich sich mildern, so ist es doch beklagenswert, wenn die erste Unterlage solch eines Meinungsaustausches ein Gerücht bildet, welches jedweder Vermutung, Übertreibung und Verdäch¬ tigung »veiten Spielraum bietet. Dies zeigte sich auch wieder beim Brannt- weinmonopvl, welches der staunenden Welt durch eins der oberflächlichste!, Gerüchte angekündigt wurde und infolgedessen unsrer Opposition bei ihrem be¬ kannten System: „Ich kenne die Absichten der Regierung nicht, aber ich mi߬ billige sie," zahlreiche Angriffspunkte bot. Man konnte sich dabei umso freier bewegen, als man ja nicht einmal wußte, ob das Monopol sich bereits des Brennens bemächtigen oder erst bei der Rektifikation und Destillation des Spiritus oder gar erst beim Handel einsetzen würde. So suchte man denn schon von vornherein gegen das Monopol eine Stimmung zu erzeugen, welche dem EntWurfe selbst die denkbar schlechteste Aufnahme versprach. Dabei handelte es sich vielleicht weniger um das Monopol selbst, als vielmehr um den schon damals nicht wegzuleugnenden finanziellen Erfolg desselben, welcher zur Be¬ festigung und Befreiung der finanz- und steuerpolitischeu Verhältnisse des Reiches wie der Einzelstaaten und damit zu einer Kräftigung der Reichsgewalt mächtig beitragen mußte, eine Folge, welche unsrer Opposition natürlich verhaßter als Grcnztwten 1. 188». »1

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/249>, abgerufen am 19.05.2024.