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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.

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Englische Gper in Berlin.

schon oben angedeuteten Grunde nicht völlig entsprochen werden, weil die Einzel-
studien noch in voller Entwicklung begriffen sind, sodaß sich ein Überblick über
ihre Ergebnisse klar und abschließend noch nicht geben laßt. Daß ein solcher
seiner Zeit der Malerei und Skulptur und namentlich auch der von Ueber fast
gänzlich unberücksichtigt gelassenen Kleinkunst einen breiten: Platz anweisen wird,
ist, nach der Richtung der neuern Forschung zu urteilen, sehr wahrscheinlich.
Bisher war man gewöhnt, die Denkmale der mittelalterlichen Malerei und
Skulptur wesentlich vom ikonographischen Standpunkte aus zu betrachten, weil
ihre geringe Zahl uoch nicht irgendwie vollständiges historisches Material bot.
Die Spezialforschung macht aber von Tag zu Tag neue Monumente der ge¬
schichtlichen Forschung zugänglich, sodaß wir hoffen dürfen, in absehbarer Zeit
auch auf diesem Gebiete der Kunstgeschichte die Lücken soweit auszufüllen, daß
eine abschließende historische Darstellung sich ermöglichen läßt. Dann ist die
Zeit für eine neue "Kunstgeschichte des Mittelalters" gekommen. Bis dahin
behält Uebers Buch seinen Wert als eine einstweilige Darstellung, welche die
Ergebnisse älterer Forschung weiter" Kreisen in übersichtlicher und geschmackvoller
Form zugänglich macht. Weite Verbreitung sichert dem Werke ohnehin der
billige Preis und die in jeder Hinsicht vorzügliche Ausstattung, sür welche der
Verlagsbuchhandlung von T. O. Weigel besondrer Dank gebührt.


L. U.


Englische Gper in Berlin.
v Rarl Borinski. on

DWWW
KMM^is vor einiger Zeit gewisse Zeitungen im unverfälschtesten Stile
der Reklame die Nachricht brachten, daß eine echte und wirkliche
japanische Opercttentruppe in Berlin "gastiren" werde, wie der
schöne Fachausdruck lautet, mögen alle diejenigen, welche nicht zu
der in der Kunst am wenigsten geschmackvollen Fakultät der reruiri
novÄrrmi 8tuclio8i zählen, nichts weniger als augenehm überrascht gewesen sein.
Der schwarze Gipfelpunkt unsrer rapiden Kulturentwicklung, unsre zukunfts-
Pschüttcusen Brüder in Kamerun, stand ängstlichen Gemütern bei diesem mongo¬
lischen Präludium vielleicht schou deutlich vor der Phantasie. Wer weiß, ob
nicht der oder jener bereits von einem Gong-Walzer träumte, oder unter dem
alpartigcn Eindruck eiuer Pinakothek von Ivkohama-Meisterwerken stöhnte oder


Englische Gper in Berlin.

schon oben angedeuteten Grunde nicht völlig entsprochen werden, weil die Einzel-
studien noch in voller Entwicklung begriffen sind, sodaß sich ein Überblick über
ihre Ergebnisse klar und abschließend noch nicht geben laßt. Daß ein solcher
seiner Zeit der Malerei und Skulptur und namentlich auch der von Ueber fast
gänzlich unberücksichtigt gelassenen Kleinkunst einen breiten: Platz anweisen wird,
ist, nach der Richtung der neuern Forschung zu urteilen, sehr wahrscheinlich.
Bisher war man gewöhnt, die Denkmale der mittelalterlichen Malerei und
Skulptur wesentlich vom ikonographischen Standpunkte aus zu betrachten, weil
ihre geringe Zahl uoch nicht irgendwie vollständiges historisches Material bot.
Die Spezialforschung macht aber von Tag zu Tag neue Monumente der ge¬
schichtlichen Forschung zugänglich, sodaß wir hoffen dürfen, in absehbarer Zeit
auch auf diesem Gebiete der Kunstgeschichte die Lücken soweit auszufüllen, daß
eine abschließende historische Darstellung sich ermöglichen läßt. Dann ist die
Zeit für eine neue „Kunstgeschichte des Mittelalters" gekommen. Bis dahin
behält Uebers Buch seinen Wert als eine einstweilige Darstellung, welche die
Ergebnisse älterer Forschung weiter» Kreisen in übersichtlicher und geschmackvoller
Form zugänglich macht. Weite Verbreitung sichert dem Werke ohnehin der
billige Preis und die in jeder Hinsicht vorzügliche Ausstattung, sür welche der
Verlagsbuchhandlung von T. O. Weigel besondrer Dank gebührt.


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KMM^is vor einiger Zeit gewisse Zeitungen im unverfälschtesten Stile
der Reklame die Nachricht brachten, daß eine echte und wirkliche
japanische Opercttentruppe in Berlin „gastiren" werde, wie der
schöne Fachausdruck lautet, mögen alle diejenigen, welche nicht zu
der in der Kunst am wenigsten geschmackvollen Fakultät der reruiri
novÄrrmi 8tuclio8i zählen, nichts weniger als augenehm überrascht gewesen sein.
Der schwarze Gipfelpunkt unsrer rapiden Kulturentwicklung, unsre zukunfts-
Pschüttcusen Brüder in Kamerun, stand ängstlichen Gemütern bei diesem mongo¬
lischen Präludium vielleicht schou deutlich vor der Phantasie. Wer weiß, ob
nicht der oder jener bereits von einem Gong-Walzer träumte, oder unter dem
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[0627] Englische Gper in Berlin. schon oben angedeuteten Grunde nicht völlig entsprochen werden, weil die Einzel- studien noch in voller Entwicklung begriffen sind, sodaß sich ein Überblick über ihre Ergebnisse klar und abschließend noch nicht geben laßt. Daß ein solcher seiner Zeit der Malerei und Skulptur und namentlich auch der von Ueber fast gänzlich unberücksichtigt gelassenen Kleinkunst einen breiten: Platz anweisen wird, ist, nach der Richtung der neuern Forschung zu urteilen, sehr wahrscheinlich. Bisher war man gewöhnt, die Denkmale der mittelalterlichen Malerei und Skulptur wesentlich vom ikonographischen Standpunkte aus zu betrachten, weil ihre geringe Zahl uoch nicht irgendwie vollständiges historisches Material bot. Die Spezialforschung macht aber von Tag zu Tag neue Monumente der ge¬ schichtlichen Forschung zugänglich, sodaß wir hoffen dürfen, in absehbarer Zeit auch auf diesem Gebiete der Kunstgeschichte die Lücken soweit auszufüllen, daß eine abschließende historische Darstellung sich ermöglichen läßt. Dann ist die Zeit für eine neue „Kunstgeschichte des Mittelalters" gekommen. Bis dahin behält Uebers Buch seinen Wert als eine einstweilige Darstellung, welche die Ergebnisse älterer Forschung weiter» Kreisen in übersichtlicher und geschmackvoller Form zugänglich macht. Weite Verbreitung sichert dem Werke ohnehin der billige Preis und die in jeder Hinsicht vorzügliche Ausstattung, sür welche der Verlagsbuchhandlung von T. O. Weigel besondrer Dank gebührt. L. U. Englische Gper in Berlin. v Rarl Borinski. on DWWW KMM^is vor einiger Zeit gewisse Zeitungen im unverfälschtesten Stile der Reklame die Nachricht brachten, daß eine echte und wirkliche japanische Opercttentruppe in Berlin „gastiren" werde, wie der schöne Fachausdruck lautet, mögen alle diejenigen, welche nicht zu der in der Kunst am wenigsten geschmackvollen Fakultät der reruiri novÄrrmi 8tuclio8i zählen, nichts weniger als augenehm überrascht gewesen sein. Der schwarze Gipfelpunkt unsrer rapiden Kulturentwicklung, unsre zukunfts- Pschüttcusen Brüder in Kamerun, stand ängstlichen Gemütern bei diesem mongo¬ lischen Präludium vielleicht schou deutlich vor der Phantasie. Wer weiß, ob nicht der oder jener bereits von einem Gong-Walzer träumte, oder unter dem alpartigcn Eindruck eiuer Pinakothek von Ivkohama-Meisterwerken stöhnte oder

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198065/627>, abgerufen am 02.05.2024.