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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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Björnstjerne Björnson.

Pressen von Lösegeldern abgesehen; "dutzend-, ja schockweise gingen die Dörfer
in Flammen auf," Bischof Franz erwies sich, als der Rachezug der Braun¬
schweiger ins Werk gesetzt ward, als einer der ärgsten Landverderber, und Herzog
Erich von Kallenberg rief aus, als ihm der Hildesheimer mit Bann drohte:
"Können die Pfaffen bannen, so können wir brennen," Selbst in dieser Zeit,
welche starke Stücke von Kirchenfürsten gelassen hinzunehmen gewohnt war,
erregte es doch Abscheu, als man hörte, wie der Mindener Bischof die neu
angebrachten Zieraten, Wappen und Ahnenbilder an dem lüueburgischen Schlosse
Gifhorn mit eigner Hand herabschlug, ja wie er die Kirche zu Nettelkamp selber
in Brand steckte.

Nicht bloß in Geldern, Wttrteniberg, Hildesheim erhoben sich die Anhänger
des Königs von Frankreich; auch in Osterreich und Tirol gährte es; und Franz I.
selbst schritt sogar zu offnen Rüstungen fort. Sein Gesandter, Herr von Tcligni,
ermahnte die Signoria von Venedig, Truppen nach Deutschland zu senden und
die Kurfürsten, welche für ihn seien, zu unterstützen, die Gegner aber zu schrecken;
in Genua und in der Provence wurde eine Flotte ausgerüstet, Pietro Navarro
ging mit etlichen zwanzig Segeln an die toskanische Küste, angeblich um die
Seeräuber abzuwehren; in Frankreich und in Lothringen hielten sich 40 009
Mann unter La Palisse und Tremouille sechs Monate lang bereit, sofort ins
Feld zu rücken; die Ordonnanzkompagnieen unter Marschall Chavannes standen
mit 60 Stück Geschütz an der Grenze der Champagne marschfertig; es waren
die Truppen, welche Franz angeblich gegen die Türken bestimmt hatte. Nachdem
der König so viel gethan, um ans Ziel zu kommen, wollte er nicht mehr zurück,
lieber das äußerste anwenden: "Ich wäre sehr froh -- schrieb er an seine Ge¬
sandten --wenn die Sache sich ohne Krieg zu Ende führen ließe. Doch nachdem
die Dinge bis auf diesen Punkt gelangt sind, wäre es für mich eine Schande,
davon abzusehen."(Schluß folgt.)




Björnstjerne Björnson.

s ist jetzt ein Jahr her, daß ich das Glück hatte, mehrere an¬
genehme Stunden in der Gesellschaft des norwegischen Dichters
Björnstjerne Björnson zu verbringen. Ich sage: das Glück, weil
ich den Verkehr mit bedeutenden Menschen als ein solches empfinde.
In den Debatten, welche jetzt vielfach über den Wert des Berg¬
steigens geführt werden, das so manchem Touristen übel bekommen ist, vernimmt



Rösler, S, 102-104.
Björnstjerne Björnson.

Pressen von Lösegeldern abgesehen; „dutzend-, ja schockweise gingen die Dörfer
in Flammen auf," Bischof Franz erwies sich, als der Rachezug der Braun¬
schweiger ins Werk gesetzt ward, als einer der ärgsten Landverderber, und Herzog
Erich von Kallenberg rief aus, als ihm der Hildesheimer mit Bann drohte:
»Können die Pfaffen bannen, so können wir brennen," Selbst in dieser Zeit,
welche starke Stücke von Kirchenfürsten gelassen hinzunehmen gewohnt war,
erregte es doch Abscheu, als man hörte, wie der Mindener Bischof die neu
angebrachten Zieraten, Wappen und Ahnenbilder an dem lüueburgischen Schlosse
Gifhorn mit eigner Hand herabschlug, ja wie er die Kirche zu Nettelkamp selber
in Brand steckte.

Nicht bloß in Geldern, Wttrteniberg, Hildesheim erhoben sich die Anhänger
des Königs von Frankreich; auch in Osterreich und Tirol gährte es; und Franz I.
selbst schritt sogar zu offnen Rüstungen fort. Sein Gesandter, Herr von Tcligni,
ermahnte die Signoria von Venedig, Truppen nach Deutschland zu senden und
die Kurfürsten, welche für ihn seien, zu unterstützen, die Gegner aber zu schrecken;
in Genua und in der Provence wurde eine Flotte ausgerüstet, Pietro Navarro
ging mit etlichen zwanzig Segeln an die toskanische Küste, angeblich um die
Seeräuber abzuwehren; in Frankreich und in Lothringen hielten sich 40 009
Mann unter La Palisse und Tremouille sechs Monate lang bereit, sofort ins
Feld zu rücken; die Ordonnanzkompagnieen unter Marschall Chavannes standen
mit 60 Stück Geschütz an der Grenze der Champagne marschfertig; es waren
die Truppen, welche Franz angeblich gegen die Türken bestimmt hatte. Nachdem
der König so viel gethan, um ans Ziel zu kommen, wollte er nicht mehr zurück,
lieber das äußerste anwenden: „Ich wäre sehr froh — schrieb er an seine Ge¬
sandten —wenn die Sache sich ohne Krieg zu Ende führen ließe. Doch nachdem
die Dinge bis auf diesen Punkt gelangt sind, wäre es für mich eine Schande,
davon abzusehen."(Schluß folgt.)




Björnstjerne Björnson.

s ist jetzt ein Jahr her, daß ich das Glück hatte, mehrere an¬
genehme Stunden in der Gesellschaft des norwegischen Dichters
Björnstjerne Björnson zu verbringen. Ich sage: das Glück, weil
ich den Verkehr mit bedeutenden Menschen als ein solches empfinde.
In den Debatten, welche jetzt vielfach über den Wert des Berg¬
steigens geführt werden, das so manchem Touristen übel bekommen ist, vernimmt



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[0323] Björnstjerne Björnson. Pressen von Lösegeldern abgesehen; „dutzend-, ja schockweise gingen die Dörfer in Flammen auf," Bischof Franz erwies sich, als der Rachezug der Braun¬ schweiger ins Werk gesetzt ward, als einer der ärgsten Landverderber, und Herzog Erich von Kallenberg rief aus, als ihm der Hildesheimer mit Bann drohte: »Können die Pfaffen bannen, so können wir brennen," Selbst in dieser Zeit, welche starke Stücke von Kirchenfürsten gelassen hinzunehmen gewohnt war, erregte es doch Abscheu, als man hörte, wie der Mindener Bischof die neu angebrachten Zieraten, Wappen und Ahnenbilder an dem lüueburgischen Schlosse Gifhorn mit eigner Hand herabschlug, ja wie er die Kirche zu Nettelkamp selber in Brand steckte. Nicht bloß in Geldern, Wttrteniberg, Hildesheim erhoben sich die Anhänger des Königs von Frankreich; auch in Osterreich und Tirol gährte es; und Franz I. selbst schritt sogar zu offnen Rüstungen fort. Sein Gesandter, Herr von Tcligni, ermahnte die Signoria von Venedig, Truppen nach Deutschland zu senden und die Kurfürsten, welche für ihn seien, zu unterstützen, die Gegner aber zu schrecken; in Genua und in der Provence wurde eine Flotte ausgerüstet, Pietro Navarro ging mit etlichen zwanzig Segeln an die toskanische Küste, angeblich um die Seeräuber abzuwehren; in Frankreich und in Lothringen hielten sich 40 009 Mann unter La Palisse und Tremouille sechs Monate lang bereit, sofort ins Feld zu rücken; die Ordonnanzkompagnieen unter Marschall Chavannes standen mit 60 Stück Geschütz an der Grenze der Champagne marschfertig; es waren die Truppen, welche Franz angeblich gegen die Türken bestimmt hatte. Nachdem der König so viel gethan, um ans Ziel zu kommen, wollte er nicht mehr zurück, lieber das äußerste anwenden: „Ich wäre sehr froh — schrieb er an seine Ge¬ sandten —wenn die Sache sich ohne Krieg zu Ende führen ließe. Doch nachdem die Dinge bis auf diesen Punkt gelangt sind, wäre es für mich eine Schande, davon abzusehen."(Schluß folgt.) Björnstjerne Björnson. s ist jetzt ein Jahr her, daß ich das Glück hatte, mehrere an¬ genehme Stunden in der Gesellschaft des norwegischen Dichters Björnstjerne Björnson zu verbringen. Ich sage: das Glück, weil ich den Verkehr mit bedeutenden Menschen als ein solches empfinde. In den Debatten, welche jetzt vielfach über den Wert des Berg¬ steigens geführt werden, das so manchem Touristen übel bekommen ist, vernimmt Rösler, S, 102-104.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/323>, abgerufen am 02.05.2024.