Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Land und Leute in Bulgarien.
2. Das Volk und seine Sitte und Kultur.

on den 2 823866 Bewohnern, welche Bulgarien zufolge der letzten
Zahlung hatte, kamen auf das Fürstentum 2007 919, auf die
autonome Provinz Ostrumelien 815 946. Jenes ist seit dem
August 1882 in vierzehn Kreise (Okruschije) eingeteilt, welche in
sechsundfünfzig Bezirke (Okolija) zerfallen. Die bevölkertsten
Kreise sind Sofia, Tirnvwo, Schumen, Varna, Wrasa, Köstendil, Plewna,
Nustschuk und Nasgrad. Wie in Rußland, überwiegt das männliche Geschlecht
an Zahl das weibliche. Der Nationalität nach zerfielen die Einwohner des
Fürstentums in 1346507 Bulgaren, wobei indes die an der Grenze sitzenden
eigentlich serbischen Schopi mitgezählt waren, 527284 Türken, 49 064 Rumänen,
37600 Zigeuner, 12376 Tataren, 11551 Griechen, 3837 Armenier. 1275
Deutsche, 1124 Russen, 1894 Kroate" und 16407 Angehörige andrer Natio¬
nalitüten. Dem griechisch-orthodoxen Bekenntnisse gehörten 1404409, der ka¬
tholischen Kirche 5662. dem Islam 578060, dem Judentume 14342, andern
monotheistischen Religionen 6546 an. Bei der letztem Zahl befanden sich 359
Protestanten. Ostrnmelien zerfüllt nach dem organischen Statut (der Verfassung)
in achtundzwanzig Kantone, von denen Philippopel, Eski-Zagra, Haslöj und
Sliwen die meisten Einwohner ausweisen. Auch hier überwiegt das männliche
Geschlecht das weibliche, und zwar um ungefähr 7000 Seelen. Nach der
Nationalität war die Provinz von 573660 Bulgaren (70,3 Prozent der Ge-
samtbevölkerung), 174729 Türken (21,4 Prozent), 42 654 Griechen (6,2 Prozent),
19 549 Zigeunern (2,4 Prozent). 1306 Armeniern (0.2 Prozent) und 4177
Juden (0,5 Prozent) bewohnt. Unter den Bulgare" bekannten sich etwa 15000
zum römisch-katholischen Glauben. Die bei weitem größere Mehrheit der Be¬
völkerung kommt in beiden Teilen Bulgariens auf das platte Laud. Städte
über zehntausend Einwohner gab es 1881 nur elf, und zwar war die bevöl-
kertste Philippopel mit 29063 Einwohnern. Dann folgten der Höhe der Ve-
wohnerzahl nach Nustschuk mit 26163, Varna mit 24555, Schumla mit 23093,
Widdin mit 13714, Nasgrad mit 11625, Swistow mit 11640, Plewna mit
11474, Tirnowo mit 11247, Wrasa mit 11190 und Silistria mit 10642
Einwohnern.

Zu den Ergebnissen dieser Zühlung muß bemerkt werden, daß sie in den
letzten Jahren erhebliche Veränderungen erlitten haben, und zwar besonders in
Bezug auf die Zahl der türkischen Bevölkerung, die sich sowohl im Fürstentume
als in der Provinz durch Auswanderung beträchtlich vermindert hat, da sie


Land und Leute in Bulgarien.
2. Das Volk und seine Sitte und Kultur.

on den 2 823866 Bewohnern, welche Bulgarien zufolge der letzten
Zahlung hatte, kamen auf das Fürstentum 2007 919, auf die
autonome Provinz Ostrumelien 815 946. Jenes ist seit dem
August 1882 in vierzehn Kreise (Okruschije) eingeteilt, welche in
sechsundfünfzig Bezirke (Okolija) zerfallen. Die bevölkertsten
Kreise sind Sofia, Tirnvwo, Schumen, Varna, Wrasa, Köstendil, Plewna,
Nustschuk und Nasgrad. Wie in Rußland, überwiegt das männliche Geschlecht
an Zahl das weibliche. Der Nationalität nach zerfielen die Einwohner des
Fürstentums in 1346507 Bulgaren, wobei indes die an der Grenze sitzenden
eigentlich serbischen Schopi mitgezählt waren, 527284 Türken, 49 064 Rumänen,
37600 Zigeuner, 12376 Tataren, 11551 Griechen, 3837 Armenier. 1275
Deutsche, 1124 Russen, 1894 Kroate» und 16407 Angehörige andrer Natio¬
nalitüten. Dem griechisch-orthodoxen Bekenntnisse gehörten 1404409, der ka¬
tholischen Kirche 5662. dem Islam 578060, dem Judentume 14342, andern
monotheistischen Religionen 6546 an. Bei der letztem Zahl befanden sich 359
Protestanten. Ostrnmelien zerfüllt nach dem organischen Statut (der Verfassung)
in achtundzwanzig Kantone, von denen Philippopel, Eski-Zagra, Haslöj und
Sliwen die meisten Einwohner ausweisen. Auch hier überwiegt das männliche
Geschlecht das weibliche, und zwar um ungefähr 7000 Seelen. Nach der
Nationalität war die Provinz von 573660 Bulgaren (70,3 Prozent der Ge-
samtbevölkerung), 174729 Türken (21,4 Prozent), 42 654 Griechen (6,2 Prozent),
19 549 Zigeunern (2,4 Prozent). 1306 Armeniern (0.2 Prozent) und 4177
Juden (0,5 Prozent) bewohnt. Unter den Bulgare» bekannten sich etwa 15000
zum römisch-katholischen Glauben. Die bei weitem größere Mehrheit der Be¬
völkerung kommt in beiden Teilen Bulgariens auf das platte Laud. Städte
über zehntausend Einwohner gab es 1881 nur elf, und zwar war die bevöl-
kertste Philippopel mit 29063 Einwohnern. Dann folgten der Höhe der Ve-
wohnerzahl nach Nustschuk mit 26163, Varna mit 24555, Schumla mit 23093,
Widdin mit 13714, Nasgrad mit 11625, Swistow mit 11640, Plewna mit
11474, Tirnowo mit 11247, Wrasa mit 11190 und Silistria mit 10642
Einwohnern.

Zu den Ergebnissen dieser Zühlung muß bemerkt werden, daß sie in den
letzten Jahren erhebliche Veränderungen erlitten haben, und zwar besonders in
Bezug auf die Zahl der türkischen Bevölkerung, die sich sowohl im Fürstentume
als in der Provinz durch Auswanderung beträchtlich vermindert hat, da sie


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0162" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/199516"/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Land und Leute in Bulgarien.<lb/>
2. Das Volk und seine Sitte und Kultur. </head><lb/>
          <p xml:id="ID_583"> on den 2 823866 Bewohnern, welche Bulgarien zufolge der letzten<lb/>
Zahlung hatte, kamen auf das Fürstentum 2007 919, auf die<lb/>
autonome Provinz Ostrumelien 815 946. Jenes ist seit dem<lb/>
August 1882 in vierzehn Kreise (Okruschije) eingeteilt, welche in<lb/>
sechsundfünfzig Bezirke (Okolija) zerfallen. Die bevölkertsten<lb/>
Kreise sind Sofia, Tirnvwo, Schumen, Varna, Wrasa, Köstendil, Plewna,<lb/>
Nustschuk und Nasgrad. Wie in Rußland, überwiegt das männliche Geschlecht<lb/>
an Zahl das weibliche. Der Nationalität nach zerfielen die Einwohner des<lb/>
Fürstentums in 1346507 Bulgaren, wobei indes die an der Grenze sitzenden<lb/>
eigentlich serbischen Schopi mitgezählt waren, 527284 Türken, 49 064 Rumänen,<lb/>
37600 Zigeuner, 12376 Tataren, 11551 Griechen, 3837 Armenier. 1275<lb/>
Deutsche, 1124 Russen, 1894 Kroate» und 16407 Angehörige andrer Natio¬<lb/>
nalitüten. Dem griechisch-orthodoxen Bekenntnisse gehörten 1404409, der ka¬<lb/>
tholischen Kirche 5662. dem Islam 578060, dem Judentume 14342, andern<lb/>
monotheistischen Religionen 6546 an. Bei der letztem Zahl befanden sich 359<lb/>
Protestanten. Ostrnmelien zerfüllt nach dem organischen Statut (der Verfassung)<lb/>
in achtundzwanzig Kantone, von denen Philippopel, Eski-Zagra, Haslöj und<lb/>
Sliwen die meisten Einwohner ausweisen. Auch hier überwiegt das männliche<lb/>
Geschlecht das weibliche, und zwar um ungefähr 7000 Seelen. Nach der<lb/>
Nationalität war die Provinz von 573660 Bulgaren (70,3 Prozent der Ge-<lb/>
samtbevölkerung), 174729 Türken (21,4 Prozent), 42 654 Griechen (6,2 Prozent),<lb/>
19 549 Zigeunern (2,4 Prozent). 1306 Armeniern (0.2 Prozent) und 4177<lb/>
Juden (0,5 Prozent) bewohnt. Unter den Bulgare» bekannten sich etwa 15000<lb/>
zum römisch-katholischen Glauben. Die bei weitem größere Mehrheit der Be¬<lb/>
völkerung kommt in beiden Teilen Bulgariens auf das platte Laud. Städte<lb/>
über zehntausend Einwohner gab es 1881 nur elf, und zwar war die bevöl-<lb/>
kertste Philippopel mit 29063 Einwohnern. Dann folgten der Höhe der Ve-<lb/>
wohnerzahl nach Nustschuk mit 26163, Varna mit 24555, Schumla mit 23093,<lb/>
Widdin mit 13714, Nasgrad mit 11625, Swistow mit 11640, Plewna mit<lb/>
11474, Tirnowo mit 11247, Wrasa mit 11190 und Silistria mit 10642<lb/>
Einwohnern.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_584" next="#ID_585"> Zu den Ergebnissen dieser Zühlung muß bemerkt werden, daß sie in den<lb/>
letzten Jahren erhebliche Veränderungen erlitten haben, und zwar besonders in<lb/>
Bezug auf die Zahl der türkischen Bevölkerung, die sich sowohl im Fürstentume<lb/>
als in der Provinz durch Auswanderung beträchtlich vermindert hat, da sie</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0162] Land und Leute in Bulgarien. 2. Das Volk und seine Sitte und Kultur. on den 2 823866 Bewohnern, welche Bulgarien zufolge der letzten Zahlung hatte, kamen auf das Fürstentum 2007 919, auf die autonome Provinz Ostrumelien 815 946. Jenes ist seit dem August 1882 in vierzehn Kreise (Okruschije) eingeteilt, welche in sechsundfünfzig Bezirke (Okolija) zerfallen. Die bevölkertsten Kreise sind Sofia, Tirnvwo, Schumen, Varna, Wrasa, Köstendil, Plewna, Nustschuk und Nasgrad. Wie in Rußland, überwiegt das männliche Geschlecht an Zahl das weibliche. Der Nationalität nach zerfielen die Einwohner des Fürstentums in 1346507 Bulgaren, wobei indes die an der Grenze sitzenden eigentlich serbischen Schopi mitgezählt waren, 527284 Türken, 49 064 Rumänen, 37600 Zigeuner, 12376 Tataren, 11551 Griechen, 3837 Armenier. 1275 Deutsche, 1124 Russen, 1894 Kroate» und 16407 Angehörige andrer Natio¬ nalitüten. Dem griechisch-orthodoxen Bekenntnisse gehörten 1404409, der ka¬ tholischen Kirche 5662. dem Islam 578060, dem Judentume 14342, andern monotheistischen Religionen 6546 an. Bei der letztem Zahl befanden sich 359 Protestanten. Ostrnmelien zerfüllt nach dem organischen Statut (der Verfassung) in achtundzwanzig Kantone, von denen Philippopel, Eski-Zagra, Haslöj und Sliwen die meisten Einwohner ausweisen. Auch hier überwiegt das männliche Geschlecht das weibliche, und zwar um ungefähr 7000 Seelen. Nach der Nationalität war die Provinz von 573660 Bulgaren (70,3 Prozent der Ge- samtbevölkerung), 174729 Türken (21,4 Prozent), 42 654 Griechen (6,2 Prozent), 19 549 Zigeunern (2,4 Prozent). 1306 Armeniern (0.2 Prozent) und 4177 Juden (0,5 Prozent) bewohnt. Unter den Bulgare» bekannten sich etwa 15000 zum römisch-katholischen Glauben. Die bei weitem größere Mehrheit der Be¬ völkerung kommt in beiden Teilen Bulgariens auf das platte Laud. Städte über zehntausend Einwohner gab es 1881 nur elf, und zwar war die bevöl- kertste Philippopel mit 29063 Einwohnern. Dann folgten der Höhe der Ve- wohnerzahl nach Nustschuk mit 26163, Varna mit 24555, Schumla mit 23093, Widdin mit 13714, Nasgrad mit 11625, Swistow mit 11640, Plewna mit 11474, Tirnowo mit 11247, Wrasa mit 11190 und Silistria mit 10642 Einwohnern. Zu den Ergebnissen dieser Zühlung muß bemerkt werden, daß sie in den letzten Jahren erhebliche Veränderungen erlitten haben, und zwar besonders in Bezug auf die Zahl der türkischen Bevölkerung, die sich sowohl im Fürstentume als in der Provinz durch Auswanderung beträchtlich vermindert hat, da sie

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_199353
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_199353/162
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_199353/162>, abgerufen am 29.04.2024.