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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal.

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Neue Theaterstücke.

Struensee in Verbindung, sodaß man zunächst, mit Brahm, an seine Absicht
der Bewerbung um eine Stellung im Finanzfache glauben darf, "Mein
erster Gang -- schreibt Kleist am 1t>. August an Wilhelmine -- war zu
Struensee, er war, was ich bloß fürchtete, nicht gewiß wußte, nicht zu Hause.
Du brauchst dies nicht zu verschweigen. Struensee kommt den 26. wieder, und
dann werde ich ihn sprechen. Das ist gewiß." Es ist jedoch schon ausfallend,
daß Kleist betreffs seines Vorhabens, mit dem Minister zu sprechen, eine besondre
Betenernng für nötig hält. Darf man schon darnach, im Zusammenhange mit
frühern Äußerungen, den Verdacht hegen, daß ihm das Finanzfach nicht sehr
dringend am Herzen gelegen habe, so benimmt uns der Dichter jeden Zweifel,
wenn er am 21. August schreibt: "So oft ich es (ein von Kleist selbst verfaßtes
Gedicht) wieder lese, fühle ich mich gestärkt selbst zu dem Größten, und so gehe ich
denn fest mit Zuversicht meinem Ziele entgegen. Doch werde ich vorher noch gewiß
Struensee spreche", um mir auf jeden Fall den Rückzug zu sichern." Fürs erste
also war von einem Eintreten in die Finanzlanfbahn oder von einer vorbereitenden
Thätigkeit für dieselbe keine Rede; wenn Kleist mit dem Minister in Verbindung
trat, so that er es nur deshalb, um für den Fall, daß er mit seinem eigent¬
lichen Unternehmen den gewünschten Erfolg nicht haben sollte, sich die Möglichkeit
eines Rücktrittes in den Staatsdienst offen zu halten. Damit ist dargethan,
daß der reale Zweck der Reise in industriellen Forschungen nicht zu suchen ist.

(Schluß folgt.)




Neue Theaterstücke.
von Eugen Reiche!. 1. (Schluß.)

it dem Stück eines ungeschickten Nachahmers des Franzosen
mußte ich beginne", mit dem eines geschickteren muß ich fort¬
fahren, mit der "Daniela" von Felix Philippi, welche das
Schauspielhaus am 22. Oktober zur Aufführung brachte.

Es hat den Anschein, als ob Philippi für die nächste Zeit unsre
Bühnen beherrschen wird, und vielleicht nicht zu ihrem Schaden, denn er ist ein
wirkliches Talent, welches der Pflege, der Ermunterung durchaus würdig erscheint.


Neue Theaterstücke.

Struensee in Verbindung, sodaß man zunächst, mit Brahm, an seine Absicht
der Bewerbung um eine Stellung im Finanzfache glauben darf, „Mein
erster Gang — schreibt Kleist am 1t>. August an Wilhelmine — war zu
Struensee, er war, was ich bloß fürchtete, nicht gewiß wußte, nicht zu Hause.
Du brauchst dies nicht zu verschweigen. Struensee kommt den 26. wieder, und
dann werde ich ihn sprechen. Das ist gewiß." Es ist jedoch schon ausfallend,
daß Kleist betreffs seines Vorhabens, mit dem Minister zu sprechen, eine besondre
Betenernng für nötig hält. Darf man schon darnach, im Zusammenhange mit
frühern Äußerungen, den Verdacht hegen, daß ihm das Finanzfach nicht sehr
dringend am Herzen gelegen habe, so benimmt uns der Dichter jeden Zweifel,
wenn er am 21. August schreibt: „So oft ich es (ein von Kleist selbst verfaßtes
Gedicht) wieder lese, fühle ich mich gestärkt selbst zu dem Größten, und so gehe ich
denn fest mit Zuversicht meinem Ziele entgegen. Doch werde ich vorher noch gewiß
Struensee spreche», um mir auf jeden Fall den Rückzug zu sichern." Fürs erste
also war von einem Eintreten in die Finanzlanfbahn oder von einer vorbereitenden
Thätigkeit für dieselbe keine Rede; wenn Kleist mit dem Minister in Verbindung
trat, so that er es nur deshalb, um für den Fall, daß er mit seinem eigent¬
lichen Unternehmen den gewünschten Erfolg nicht haben sollte, sich die Möglichkeit
eines Rücktrittes in den Staatsdienst offen zu halten. Damit ist dargethan,
daß der reale Zweck der Reise in industriellen Forschungen nicht zu suchen ist.

(Schluß folgt.)




Neue Theaterstücke.
von Eugen Reiche!. 1. (Schluß.)

it dem Stück eines ungeschickten Nachahmers des Franzosen
mußte ich beginne», mit dem eines geschickteren muß ich fort¬
fahren, mit der „Daniela" von Felix Philippi, welche das
Schauspielhaus am 22. Oktober zur Aufführung brachte.

Es hat den Anschein, als ob Philippi für die nächste Zeit unsre
Bühnen beherrschen wird, und vielleicht nicht zu ihrem Schaden, denn er ist ein
wirkliches Talent, welches der Pflege, der Ermunterung durchaus würdig erscheint.


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[0339] Neue Theaterstücke. Struensee in Verbindung, sodaß man zunächst, mit Brahm, an seine Absicht der Bewerbung um eine Stellung im Finanzfache glauben darf, „Mein erster Gang — schreibt Kleist am 1t>. August an Wilhelmine — war zu Struensee, er war, was ich bloß fürchtete, nicht gewiß wußte, nicht zu Hause. Du brauchst dies nicht zu verschweigen. Struensee kommt den 26. wieder, und dann werde ich ihn sprechen. Das ist gewiß." Es ist jedoch schon ausfallend, daß Kleist betreffs seines Vorhabens, mit dem Minister zu sprechen, eine besondre Betenernng für nötig hält. Darf man schon darnach, im Zusammenhange mit frühern Äußerungen, den Verdacht hegen, daß ihm das Finanzfach nicht sehr dringend am Herzen gelegen habe, so benimmt uns der Dichter jeden Zweifel, wenn er am 21. August schreibt: „So oft ich es (ein von Kleist selbst verfaßtes Gedicht) wieder lese, fühle ich mich gestärkt selbst zu dem Größten, und so gehe ich denn fest mit Zuversicht meinem Ziele entgegen. Doch werde ich vorher noch gewiß Struensee spreche», um mir auf jeden Fall den Rückzug zu sichern." Fürs erste also war von einem Eintreten in die Finanzlanfbahn oder von einer vorbereitenden Thätigkeit für dieselbe keine Rede; wenn Kleist mit dem Minister in Verbindung trat, so that er es nur deshalb, um für den Fall, daß er mit seinem eigent¬ lichen Unternehmen den gewünschten Erfolg nicht haben sollte, sich die Möglichkeit eines Rücktrittes in den Staatsdienst offen zu halten. Damit ist dargethan, daß der reale Zweck der Reise in industriellen Forschungen nicht zu suchen ist. (Schluß folgt.) Neue Theaterstücke. von Eugen Reiche!. 1. (Schluß.) it dem Stück eines ungeschickten Nachahmers des Franzosen mußte ich beginne», mit dem eines geschickteren muß ich fort¬ fahren, mit der „Daniela" von Felix Philippi, welche das Schauspielhaus am 22. Oktober zur Aufführung brachte. Es hat den Anschein, als ob Philippi für die nächste Zeit unsre Bühnen beherrschen wird, und vielleicht nicht zu ihrem Schaden, denn er ist ein wirkliches Talent, welches der Pflege, der Ermunterung durchaus würdig erscheint.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_199353/339>, abgerufen am 29.04.2024.