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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal.

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Aus der (Lhronik derer von Riffelshausen.
Erzählung in zwei Büchern von Margarethe von Bnloiv. lFm'tschung,)

in folgenden Morgen ließ Valer sich das Frühstück auf sein
Zimmer bringen; er habe Kopfschmerzen, ließ er sagen. Mittags
erschien er jedoch in der Eßstube. Er versuchte der Tante gegen¬
über den alten scherzenden Ton anzuschlagen, aber was er sagte,
klang matt. Weder Julie "och der Onkel fühlten sich zum Lachen
angeregt.

Julie hatte für den Nachmittag einen Gang nach dem zwischen Sieben-
hofen und Moosdorf gelegenen Balmwürterhans vor. Die Frau des Bahn¬
wärters konnte sich von einem schweren Wochenbett nicht erholen, und Ma¬
thilde hatte die Kranke der Schwester noch in ihrem letzten Briefe besonders
empfohlen. Valer bot ihr seine Begleitung an.

Die frische, klare Luft wird meinem Kopfe gut thun. Julie nahm seinen
Vorschlag freudig an, und die Geschwister machten sich auf den Weg.

Anfangs schwiegen beide. Es kam ihr vor, als habe er etwas zu beichte"
Er schleuderte in der lässigen Haltung, die er sich neuerdings angewöhnt hatte,
neben ihr her.

Die Lust ist doch recht scharf, begann er endlich, wir werden nächstens
Schnee bekommen.

Ich glaube es auch. Onkel sieht etwas besorgt auf den Winter. Dn weißt,
daß die Kartoffeln nicht recht geraten sind, und Holz und Kohlen sind so hoch im
Preise, daß es uns schwer fällt, das zugige alte Haus warm zu halte". Was
ist das nun erst für den Armen bedrückend! Gott behüte uns vor einem strengen
Winter!

Es kommt mir sonderbar vor, einmal einen andern Wunsch zu hören als
den nach Schlittschuhlaufen! Du bist eben ein sehr nützliches lind sehr vernünftiges
Frauenzimmer, alte Julie!

Es thut mir leid, daß ich dir nicht mit gleicher Münze zurückzahlen
kaun. Du bist nicht mehr der alte Valer. Sei einmal aufrichtig und sage, wo
dich der Schuh drückt.




Aus der (Lhronik derer von Riffelshausen.
Erzählung in zwei Büchern von Margarethe von Bnloiv. lFm'tschung,)

in folgenden Morgen ließ Valer sich das Frühstück auf sein
Zimmer bringen; er habe Kopfschmerzen, ließ er sagen. Mittags
erschien er jedoch in der Eßstube. Er versuchte der Tante gegen¬
über den alten scherzenden Ton anzuschlagen, aber was er sagte,
klang matt. Weder Julie »och der Onkel fühlten sich zum Lachen
angeregt.

Julie hatte für den Nachmittag einen Gang nach dem zwischen Sieben-
hofen und Moosdorf gelegenen Balmwürterhans vor. Die Frau des Bahn¬
wärters konnte sich von einem schweren Wochenbett nicht erholen, und Ma¬
thilde hatte die Kranke der Schwester noch in ihrem letzten Briefe besonders
empfohlen. Valer bot ihr seine Begleitung an.

Die frische, klare Luft wird meinem Kopfe gut thun. Julie nahm seinen
Vorschlag freudig an, und die Geschwister machten sich auf den Weg.

Anfangs schwiegen beide. Es kam ihr vor, als habe er etwas zu beichte»
Er schleuderte in der lässigen Haltung, die er sich neuerdings angewöhnt hatte,
neben ihr her.

Die Lust ist doch recht scharf, begann er endlich, wir werden nächstens
Schnee bekommen.

Ich glaube es auch. Onkel sieht etwas besorgt auf den Winter. Dn weißt,
daß die Kartoffeln nicht recht geraten sind, und Holz und Kohlen sind so hoch im
Preise, daß es uns schwer fällt, das zugige alte Haus warm zu halte». Was
ist das nun erst für den Armen bedrückend! Gott behüte uns vor einem strengen
Winter!

Es kommt mir sonderbar vor, einmal einen andern Wunsch zu hören als
den nach Schlittschuhlaufen! Du bist eben ein sehr nützliches lind sehr vernünftiges
Frauenzimmer, alte Julie!

Es thut mir leid, daß ich dir nicht mit gleicher Münze zurückzahlen
kaun. Du bist nicht mehr der alte Valer. Sei einmal aufrichtig und sage, wo
dich der Schuh drückt.


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[0551] [Abbildung] Aus der (Lhronik derer von Riffelshausen. Erzählung in zwei Büchern von Margarethe von Bnloiv. lFm'tschung,) in folgenden Morgen ließ Valer sich das Frühstück auf sein Zimmer bringen; er habe Kopfschmerzen, ließ er sagen. Mittags erschien er jedoch in der Eßstube. Er versuchte der Tante gegen¬ über den alten scherzenden Ton anzuschlagen, aber was er sagte, klang matt. Weder Julie »och der Onkel fühlten sich zum Lachen angeregt. Julie hatte für den Nachmittag einen Gang nach dem zwischen Sieben- hofen und Moosdorf gelegenen Balmwürterhans vor. Die Frau des Bahn¬ wärters konnte sich von einem schweren Wochenbett nicht erholen, und Ma¬ thilde hatte die Kranke der Schwester noch in ihrem letzten Briefe besonders empfohlen. Valer bot ihr seine Begleitung an. Die frische, klare Luft wird meinem Kopfe gut thun. Julie nahm seinen Vorschlag freudig an, und die Geschwister machten sich auf den Weg. Anfangs schwiegen beide. Es kam ihr vor, als habe er etwas zu beichte» Er schleuderte in der lässigen Haltung, die er sich neuerdings angewöhnt hatte, neben ihr her. Die Lust ist doch recht scharf, begann er endlich, wir werden nächstens Schnee bekommen. Ich glaube es auch. Onkel sieht etwas besorgt auf den Winter. Dn weißt, daß die Kartoffeln nicht recht geraten sind, und Holz und Kohlen sind so hoch im Preise, daß es uns schwer fällt, das zugige alte Haus warm zu halte». Was ist das nun erst für den Armen bedrückend! Gott behüte uns vor einem strengen Winter! Es kommt mir sonderbar vor, einmal einen andern Wunsch zu hören als den nach Schlittschuhlaufen! Du bist eben ein sehr nützliches lind sehr vernünftiges Frauenzimmer, alte Julie! Es thut mir leid, daß ich dir nicht mit gleicher Münze zurückzahlen kaun. Du bist nicht mehr der alte Valer. Sei einmal aufrichtig und sage, wo dich der Schuh drückt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_199353/551>, abgerufen am 21.09.2024.