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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal.

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Aus der Chronik derer von Riffelshausen.
Erzählung in zwei Büchern von Margarethe von Bülow. (Schluß.)

evrg Riffelshansen hielt unterdessen in seinem Wagen an der
Hohenottersleber Grenze, hoch auf dem Hügel, wo ein aufgerichteter
Stein das Ende des Siebcnhofuer Bodens bezeichnet. Sinnend
schaute er nach Süden, wo das Land vor ihm seine reichste Schön¬
heit entfaltete. Dörfer und einzelne Gehöfte, von Bäumen um¬
schlossen, sahen hie und da zwischen den Hügeln vor; unter ihm
im schmalen Flußthal lag Siebenhofen bereits von der Sonne verlassen, und
wie kleine, emsige Käfer erschienen die noch in der Ernte beschäftigten Landleute.
Und da sprang, wie ein Hase über Brandland und Stoppeln, ein Mann gerade
auf ihn zu.

Der Pächter von Hohenottcrsleben, der an des Barons Wagen stand,
sprach eifrig zu ihm wegen einer großartigen Getreidelieferung, während Riffels¬
hansen nur zerstreut zuhörte und an die Benutzung einer starken Quelle dachte,
die hier an der Grenze, leider noch auf Hohenottersleber Grund, kräftig aus
dem Gestein sprang und sich in einen sumpfigen Graben verlor.

Außer Ihnen, sagte der Hohenottersleber, wäre ich der einzige, der die
Lieferung übernehmen könnte. Die andern bauen ja nichts als Rüben für
den Brennhold.

Ganz richtig, sagte Georg, dachte aber an die Quelle.

Der Hohenottersleber rciusperte sich und schlug mit dem linken Fuß gegen
den rechten, wobei er einen Blick über die Felder warf. Da kommt ein Mensch
von Siebenhofen her, der scheint's gewaltig eilig zu haben.

Der Baron wandte sich langsam um, sah gleichmütig nach dem Läufer
und setzte sein Gespräch mit dem' Nachbar fort. Er hielt jede Aufregung für
schädlich und vermied sorgfältig jeden Anlaß dazu. Es dauerte nicht lange,
da kam der Siebenhofner Knecht, Jeremias Bratsch, schnaufend und keuchend
bei dem Wagen an.

Nun, was giebt es, Bratsch? fragte der Baron.




Aus der Chronik derer von Riffelshausen.
Erzählung in zwei Büchern von Margarethe von Bülow. (Schluß.)

evrg Riffelshansen hielt unterdessen in seinem Wagen an der
Hohenottersleber Grenze, hoch auf dem Hügel, wo ein aufgerichteter
Stein das Ende des Siebcnhofuer Bodens bezeichnet. Sinnend
schaute er nach Süden, wo das Land vor ihm seine reichste Schön¬
heit entfaltete. Dörfer und einzelne Gehöfte, von Bäumen um¬
schlossen, sahen hie und da zwischen den Hügeln vor; unter ihm
im schmalen Flußthal lag Siebenhofen bereits von der Sonne verlassen, und
wie kleine, emsige Käfer erschienen die noch in der Ernte beschäftigten Landleute.
Und da sprang, wie ein Hase über Brandland und Stoppeln, ein Mann gerade
auf ihn zu.

Der Pächter von Hohenottcrsleben, der an des Barons Wagen stand,
sprach eifrig zu ihm wegen einer großartigen Getreidelieferung, während Riffels¬
hansen nur zerstreut zuhörte und an die Benutzung einer starken Quelle dachte,
die hier an der Grenze, leider noch auf Hohenottersleber Grund, kräftig aus
dem Gestein sprang und sich in einen sumpfigen Graben verlor.

Außer Ihnen, sagte der Hohenottersleber, wäre ich der einzige, der die
Lieferung übernehmen könnte. Die andern bauen ja nichts als Rüben für
den Brennhold.

Ganz richtig, sagte Georg, dachte aber an die Quelle.

Der Hohenottersleber rciusperte sich und schlug mit dem linken Fuß gegen
den rechten, wobei er einen Blick über die Felder warf. Da kommt ein Mensch
von Siebenhofen her, der scheint's gewaltig eilig zu haben.

Der Baron wandte sich langsam um, sah gleichmütig nach dem Läufer
und setzte sein Gespräch mit dem' Nachbar fort. Er hielt jede Aufregung für
schädlich und vermied sorgfältig jeden Anlaß dazu. Es dauerte nicht lange,
da kam der Siebenhofner Knecht, Jeremias Bratsch, schnaufend und keuchend
bei dem Wagen an.

Nun, was giebt es, Bratsch? fragte der Baron.


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[0652] [Abbildung] Aus der Chronik derer von Riffelshausen. Erzählung in zwei Büchern von Margarethe von Bülow. (Schluß.) evrg Riffelshansen hielt unterdessen in seinem Wagen an der Hohenottersleber Grenze, hoch auf dem Hügel, wo ein aufgerichteter Stein das Ende des Siebcnhofuer Bodens bezeichnet. Sinnend schaute er nach Süden, wo das Land vor ihm seine reichste Schön¬ heit entfaltete. Dörfer und einzelne Gehöfte, von Bäumen um¬ schlossen, sahen hie und da zwischen den Hügeln vor; unter ihm im schmalen Flußthal lag Siebenhofen bereits von der Sonne verlassen, und wie kleine, emsige Käfer erschienen die noch in der Ernte beschäftigten Landleute. Und da sprang, wie ein Hase über Brandland und Stoppeln, ein Mann gerade auf ihn zu. Der Pächter von Hohenottcrsleben, der an des Barons Wagen stand, sprach eifrig zu ihm wegen einer großartigen Getreidelieferung, während Riffels¬ hansen nur zerstreut zuhörte und an die Benutzung einer starken Quelle dachte, die hier an der Grenze, leider noch auf Hohenottersleber Grund, kräftig aus dem Gestein sprang und sich in einen sumpfigen Graben verlor. Außer Ihnen, sagte der Hohenottersleber, wäre ich der einzige, der die Lieferung übernehmen könnte. Die andern bauen ja nichts als Rüben für den Brennhold. Ganz richtig, sagte Georg, dachte aber an die Quelle. Der Hohenottersleber rciusperte sich und schlug mit dem linken Fuß gegen den rechten, wobei er einen Blick über die Felder warf. Da kommt ein Mensch von Siebenhofen her, der scheint's gewaltig eilig zu haben. Der Baron wandte sich langsam um, sah gleichmütig nach dem Läufer und setzte sein Gespräch mit dem' Nachbar fort. Er hielt jede Aufregung für schädlich und vermied sorgfältig jeden Anlaß dazu. Es dauerte nicht lange, da kam der Siebenhofner Knecht, Jeremias Bratsch, schnaufend und keuchend bei dem Wagen an. Nun, was giebt es, Bratsch? fragte der Baron.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_199353/652>, abgerufen am 29.04.2024.