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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal.

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Aus der (Lhronik derer von Riffelshausen.
Erzählung in zwei Büchern von Margarethe von Bülow. (Fvrtschung,)
Fünfundzwanzigstes Aapitel.

n dem Flur wurden sie vom Schulzen und vom Schullehrer em¬
pfangen, beide waren im Festtagsrocke und trugen eine Blume
im Knopfloche. Der Schulze führte sie unter eifrigen Versiche¬
rungen der großen Ehre, die die gnädige Fran Hofmarschalliu
durch ihre Anwesenheit dem bescheidenen Feste erweise, die schmale
Treppe hinauf, wo ein Geruch vou Bier und Branntwein sich lieblich mit
Tabaksqualm vermischte.

Der Kantor geleitete seinerseits die jungen Herrschaften in den Tanzsaal,
dessen Mittelsäule, ebenso wie Thüren und Fenster, aufs schönste mit Grün und
Blumen geschmückt waren.

Rings an deu Wänden hatten ans Stühlen und Bänken die Frauen und
Männer Platz genommen; dort zeigten sich die landesüblichen hohen Hauben
von zweihandbreitem schweren, schwarzen Seidcnbande, die in gewaltigen Schleifen
den Kopf umgaben, unter einem gold- und perlengestickten Deckel, aber in zahl¬
reichen Enden von verschiedner Länge bis zum Gürtel herabreichten. Die
Weiber trugen meist dunkle Tuchröcke und Jacken, zur Erhöhung des Putzes
eine breite Schürze. Die jungen Mädchen, die lachend und schwatzend umher¬
standen, hatten das glattgescheiteltc Haar in vielen Zöpfen um einen silbernen
Pfeil gelegt; die rcichgefciltclte" Röcke von schwarzem Wollstoffe waren mit einem
Streifen von buntem Kattun besetzt, dazu trugen sie Jacken vou blauem Tuche;
um den Hals hatten sie mehrfache Ketten von schwerem Silber, die jede Bauern-
tvchter in Siebenhofen zur Einsegnung erhielt, je nach Vermögen kostbarer oder
geringer.


Gronzboten IV. 1L86. 12


Aus der (Lhronik derer von Riffelshausen.
Erzählung in zwei Büchern von Margarethe von Bülow. (Fvrtschung,)
Fünfundzwanzigstes Aapitel.

n dem Flur wurden sie vom Schulzen und vom Schullehrer em¬
pfangen, beide waren im Festtagsrocke und trugen eine Blume
im Knopfloche. Der Schulze führte sie unter eifrigen Versiche¬
rungen der großen Ehre, die die gnädige Fran Hofmarschalliu
durch ihre Anwesenheit dem bescheidenen Feste erweise, die schmale
Treppe hinauf, wo ein Geruch vou Bier und Branntwein sich lieblich mit
Tabaksqualm vermischte.

Der Kantor geleitete seinerseits die jungen Herrschaften in den Tanzsaal,
dessen Mittelsäule, ebenso wie Thüren und Fenster, aufs schönste mit Grün und
Blumen geschmückt waren.

Rings an deu Wänden hatten ans Stühlen und Bänken die Frauen und
Männer Platz genommen; dort zeigten sich die landesüblichen hohen Hauben
von zweihandbreitem schweren, schwarzen Seidcnbande, die in gewaltigen Schleifen
den Kopf umgaben, unter einem gold- und perlengestickten Deckel, aber in zahl¬
reichen Enden von verschiedner Länge bis zum Gürtel herabreichten. Die
Weiber trugen meist dunkle Tuchröcke und Jacken, zur Erhöhung des Putzes
eine breite Schürze. Die jungen Mädchen, die lachend und schwatzend umher¬
standen, hatten das glattgescheiteltc Haar in vielen Zöpfen um einen silbernen
Pfeil gelegt; die rcichgefciltclte» Röcke von schwarzem Wollstoffe waren mit einem
Streifen von buntem Kattun besetzt, dazu trugen sie Jacken vou blauem Tuche;
um den Hals hatten sie mehrfache Ketten von schwerem Silber, die jede Bauern-
tvchter in Siebenhofen zur Einsegnung erhielt, je nach Vermögen kostbarer oder
geringer.


Gronzboten IV. 1L86. 12
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[0097] [Abbildung] Aus der (Lhronik derer von Riffelshausen. Erzählung in zwei Büchern von Margarethe von Bülow. (Fvrtschung,) Fünfundzwanzigstes Aapitel. n dem Flur wurden sie vom Schulzen und vom Schullehrer em¬ pfangen, beide waren im Festtagsrocke und trugen eine Blume im Knopfloche. Der Schulze führte sie unter eifrigen Versiche¬ rungen der großen Ehre, die die gnädige Fran Hofmarschalliu durch ihre Anwesenheit dem bescheidenen Feste erweise, die schmale Treppe hinauf, wo ein Geruch vou Bier und Branntwein sich lieblich mit Tabaksqualm vermischte. Der Kantor geleitete seinerseits die jungen Herrschaften in den Tanzsaal, dessen Mittelsäule, ebenso wie Thüren und Fenster, aufs schönste mit Grün und Blumen geschmückt waren. Rings an deu Wänden hatten ans Stühlen und Bänken die Frauen und Männer Platz genommen; dort zeigten sich die landesüblichen hohen Hauben von zweihandbreitem schweren, schwarzen Seidcnbande, die in gewaltigen Schleifen den Kopf umgaben, unter einem gold- und perlengestickten Deckel, aber in zahl¬ reichen Enden von verschiedner Länge bis zum Gürtel herabreichten. Die Weiber trugen meist dunkle Tuchröcke und Jacken, zur Erhöhung des Putzes eine breite Schürze. Die jungen Mädchen, die lachend und schwatzend umher¬ standen, hatten das glattgescheiteltc Haar in vielen Zöpfen um einen silbernen Pfeil gelegt; die rcichgefciltclte» Röcke von schwarzem Wollstoffe waren mit einem Streifen von buntem Kattun besetzt, dazu trugen sie Jacken vou blauem Tuche; um den Hals hatten sie mehrfache Ketten von schwerem Silber, die jede Bauern- tvchter in Siebenhofen zur Einsegnung erhielt, je nach Vermögen kostbarer oder geringer. Gronzboten IV. 1L86. 12

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_199353/97>, abgerufen am 29.04.2024.