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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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Gyinuasicilunlerricht und Fachbildung.

in dem Gefühl seiner Einheit mit der preußischen Krone entstand das preu¬
ßische Volk,

So wurde in dem vielgeteiltcn Deutschland der feste Kern geschaffen, um
den sich im Laufe von anderthalb Jahrhunderten unter Wahrung ihrer Eigen¬
art die deutschen Stämme sammeln sollten; so entstand endlich auch ein deutscher
Staat, Er gestaltete sich nach der Feuertaufe eines großen nationalen Krieges
zu dem deutschen Staate, als um dem hnndertsiebzigsten Jahrestage der Krönung
Friedrichs I, der preußische König aus der Hand der deutschen Fürsten inmitten
des siegreichen Heeres angesichts der erliegenden feindlichen Hauptstadt unter
dem Jubel der Nation die Krone des erneuten Reiches empfing. Was dem
deutschen Volke der 18. Januar 1701 verheißen, hat der 18. Januar 1871
glorreich erfüllt. Zur Abwehr frevelhaften Angriffs militärisch geeinigt, haben
Deutschlands Fürsten und Volk die lange gesuchte Form politischer Einigung
gefunden; Kaiser und Reich mühen sich in treuer Sorge um die Lösung der
großen wirtschaftlichen und sozialen Aufgaben einer unaufhaltsam vorwärts
eilenden Kulturentwicklung.

Möge, was das mit dem römischen Kaisertnmc verbundene alte deutsche
Königtum nicht vermochte, das nationale deutsche Kaisertum erreichen, möge es
dazu vor allem berufen sein, in unüberwindlicher Rüstung allezeit zu siegreicher
Abwehr jedes feindliche" Angriffes bereit, noch lange Jahre der bewährte Hort
des europäischen Friedens zu bleiben!




Gymnasialunterricht und Fachbildung.
Von Ludwig von Hirschfeld. (Schluß.)
5.

es habe schon betont, daß die Aufgabe der Schulreform uicht
aus dem Gebiete des Lehrstoffes, sondern innerhalb der durch
die thatsächlichen Verhältnisse gezogenen Schranken der Zeit
und des Raumes gelöst werden müsse. Die zeitlichen Er¬
fordernisse sind durch die vorgeschlagene Verkürzung der Schulzeit
berücksichtigt, aber auch die räumlichen Verhältnisse erfordern eine prüfende
Kritik. Die Unlust der Schüler, über die jetzt so vielfach Klage geführt wird,
entspringt nicht zum geringsten Teil dem Umstände, daß die Knaben täglich sechs
Stunden an die Schulbank genagelt, dort aber nicht ausreichend beschäftigt


Gyinuasicilunlerricht und Fachbildung.

in dem Gefühl seiner Einheit mit der preußischen Krone entstand das preu¬
ßische Volk,

So wurde in dem vielgeteiltcn Deutschland der feste Kern geschaffen, um
den sich im Laufe von anderthalb Jahrhunderten unter Wahrung ihrer Eigen¬
art die deutschen Stämme sammeln sollten; so entstand endlich auch ein deutscher
Staat, Er gestaltete sich nach der Feuertaufe eines großen nationalen Krieges
zu dem deutschen Staate, als um dem hnndertsiebzigsten Jahrestage der Krönung
Friedrichs I, der preußische König aus der Hand der deutschen Fürsten inmitten
des siegreichen Heeres angesichts der erliegenden feindlichen Hauptstadt unter
dem Jubel der Nation die Krone des erneuten Reiches empfing. Was dem
deutschen Volke der 18. Januar 1701 verheißen, hat der 18. Januar 1871
glorreich erfüllt. Zur Abwehr frevelhaften Angriffs militärisch geeinigt, haben
Deutschlands Fürsten und Volk die lange gesuchte Form politischer Einigung
gefunden; Kaiser und Reich mühen sich in treuer Sorge um die Lösung der
großen wirtschaftlichen und sozialen Aufgaben einer unaufhaltsam vorwärts
eilenden Kulturentwicklung.

Möge, was das mit dem römischen Kaisertnmc verbundene alte deutsche
Königtum nicht vermochte, das nationale deutsche Kaisertum erreichen, möge es
dazu vor allem berufen sein, in unüberwindlicher Rüstung allezeit zu siegreicher
Abwehr jedes feindliche» Angriffes bereit, noch lange Jahre der bewährte Hort
des europäischen Friedens zu bleiben!




Gymnasialunterricht und Fachbildung.
Von Ludwig von Hirschfeld. (Schluß.)
5.

es habe schon betont, daß die Aufgabe der Schulreform uicht
aus dem Gebiete des Lehrstoffes, sondern innerhalb der durch
die thatsächlichen Verhältnisse gezogenen Schranken der Zeit
und des Raumes gelöst werden müsse. Die zeitlichen Er¬
fordernisse sind durch die vorgeschlagene Verkürzung der Schulzeit
berücksichtigt, aber auch die räumlichen Verhältnisse erfordern eine prüfende
Kritik. Die Unlust der Schüler, über die jetzt so vielfach Klage geführt wird,
entspringt nicht zum geringsten Teil dem Umstände, daß die Knaben täglich sechs
Stunden an die Schulbank genagelt, dort aber nicht ausreichend beschäftigt


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[0222] Gyinuasicilunlerricht und Fachbildung. in dem Gefühl seiner Einheit mit der preußischen Krone entstand das preu¬ ßische Volk, So wurde in dem vielgeteiltcn Deutschland der feste Kern geschaffen, um den sich im Laufe von anderthalb Jahrhunderten unter Wahrung ihrer Eigen¬ art die deutschen Stämme sammeln sollten; so entstand endlich auch ein deutscher Staat, Er gestaltete sich nach der Feuertaufe eines großen nationalen Krieges zu dem deutschen Staate, als um dem hnndertsiebzigsten Jahrestage der Krönung Friedrichs I, der preußische König aus der Hand der deutschen Fürsten inmitten des siegreichen Heeres angesichts der erliegenden feindlichen Hauptstadt unter dem Jubel der Nation die Krone des erneuten Reiches empfing. Was dem deutschen Volke der 18. Januar 1701 verheißen, hat der 18. Januar 1871 glorreich erfüllt. Zur Abwehr frevelhaften Angriffs militärisch geeinigt, haben Deutschlands Fürsten und Volk die lange gesuchte Form politischer Einigung gefunden; Kaiser und Reich mühen sich in treuer Sorge um die Lösung der großen wirtschaftlichen und sozialen Aufgaben einer unaufhaltsam vorwärts eilenden Kulturentwicklung. Möge, was das mit dem römischen Kaisertnmc verbundene alte deutsche Königtum nicht vermochte, das nationale deutsche Kaisertum erreichen, möge es dazu vor allem berufen sein, in unüberwindlicher Rüstung allezeit zu siegreicher Abwehr jedes feindliche» Angriffes bereit, noch lange Jahre der bewährte Hort des europäischen Friedens zu bleiben! Gymnasialunterricht und Fachbildung. Von Ludwig von Hirschfeld. (Schluß.) 5. es habe schon betont, daß die Aufgabe der Schulreform uicht aus dem Gebiete des Lehrstoffes, sondern innerhalb der durch die thatsächlichen Verhältnisse gezogenen Schranken der Zeit und des Raumes gelöst werden müsse. Die zeitlichen Er¬ fordernisse sind durch die vorgeschlagene Verkürzung der Schulzeit berücksichtigt, aber auch die räumlichen Verhältnisse erfordern eine prüfende Kritik. Die Unlust der Schüler, über die jetzt so vielfach Klage geführt wird, entspringt nicht zum geringsten Teil dem Umstände, daß die Knaben täglich sechs Stunden an die Schulbank genagelt, dort aber nicht ausreichend beschäftigt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/222>, abgerufen am 07.05.2024.