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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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Literatur.

dung sein Buch nicht eigens als eine Sammlung "historischer" Novellen bezeichnet,
denn wie kunstvoll auch das historische Kolorit hier gezeichnet wurde, so ist doch die
Kulturgeschichte ganz und gar Nebensache in diesen Novellen. Das ist eben Stvrius
ganz besondre Meisterschaft. Das rein menschliche Motiv, der Charakter, die
stimmnngsvvlle, gefühlsreiche Situation sind überall poetisch im Vordergrunde.
"Ectenhvf" giebt das Charaktergemäldc eines gewaltthätigen, genußsüchtigen und
zugleich geizigen Junkers, der mit seinem bösen Willen seine Weiber und eignen
Kinder unglücklich macht! das Schauspiel der bösen Menschennatur. "Zur Chronik
von Grieshuns" erzählt von einem edel angelegten, aber jähzornigen Manne, der
seinen Bruder im Streite erschlagen hat; die Art seiner schweren, sich selbst ver¬
leugnenden Buße wird ausführlich geschildert. "Renate" erzählt von einem Pastor,
der ein geliebtes Bauernmädchen nicht zu heiraten den Mut hat, weil es im Ge¬
rüche der Hexe steht; erst am Ende seines Lebens überwindet er den Wahn,
^.gris submorsns, das Meisterstück des Buches, bringt wieder die traurigen Folgen
der Standesvvrurteile, welche die Verbindung des Malers Johannes mit der Ad-
lichen Katharina verhindern. Und endlich "Das Fest auf Haderslevhuus" ist eine
in den süßesten Zauber der Miunepoesie getauchte Liebcstrngödie. Die Reihe von
liebenswürdige" Mädchengestalten, die man in diesen Erzählungen an sich Vorbei¬
gehen sieht, ist herrlich: keusche, hingebungsvolle Wesen, die ungebrochene Natur
selbst, verschlossene Geschöpfe, die mehr fühlen als sprechen und Ideale der Treue
sind. Die wild begehrende Frau Wulfhild der letzten Novelle steht ganz abseits.

Doch genng für diesmal. Der Kritiker muß an sich halten, will er nicht
mit den Beobachtungen, die sich bei Storms Kunst aufdrängen, Bogen füllen.




Jur Beachtung. Mit dem vorliegenden Beste beginnt diese Zeitschrift das z. Gnartal ihres 40. Jahr¬
ganges, welches durch alle Buchhandlungen und postanstaltcn des ^n- und Auslandes zu
beziehen ist. preis für das (Quartal 0 Mark. Mir bitten um schleunige Aufgabe des neuen Abon¬
nements. Leipzig, im Dezember M(>. Die Verlagshandlung.






Für die. Redaktion verantwortlich: Johannes Grunvw in Leipzig.
Verlag von Fr. Will). Gruuvw i" Leipzig. -- Druck von Carl Marquart in Leipzig.
Literatur.

dung sein Buch nicht eigens als eine Sammlung „historischer" Novellen bezeichnet,
denn wie kunstvoll auch das historische Kolorit hier gezeichnet wurde, so ist doch die
Kulturgeschichte ganz und gar Nebensache in diesen Novellen. Das ist eben Stvrius
ganz besondre Meisterschaft. Das rein menschliche Motiv, der Charakter, die
stimmnngsvvlle, gefühlsreiche Situation sind überall poetisch im Vordergrunde.
„Ectenhvf" giebt das Charaktergemäldc eines gewaltthätigen, genußsüchtigen und
zugleich geizigen Junkers, der mit seinem bösen Willen seine Weiber und eignen
Kinder unglücklich macht! das Schauspiel der bösen Menschennatur. „Zur Chronik
von Grieshuns" erzählt von einem edel angelegten, aber jähzornigen Manne, der
seinen Bruder im Streite erschlagen hat; die Art seiner schweren, sich selbst ver¬
leugnenden Buße wird ausführlich geschildert. „Renate" erzählt von einem Pastor,
der ein geliebtes Bauernmädchen nicht zu heiraten den Mut hat, weil es im Ge¬
rüche der Hexe steht; erst am Ende seines Lebens überwindet er den Wahn,
^.gris submorsns, das Meisterstück des Buches, bringt wieder die traurigen Folgen
der Standesvvrurteile, welche die Verbindung des Malers Johannes mit der Ad-
lichen Katharina verhindern. Und endlich „Das Fest auf Haderslevhuus" ist eine
in den süßesten Zauber der Miunepoesie getauchte Liebcstrngödie. Die Reihe von
liebenswürdige» Mädchengestalten, die man in diesen Erzählungen an sich Vorbei¬
gehen sieht, ist herrlich: keusche, hingebungsvolle Wesen, die ungebrochene Natur
selbst, verschlossene Geschöpfe, die mehr fühlen als sprechen und Ideale der Treue
sind. Die wild begehrende Frau Wulfhild der letzten Novelle steht ganz abseits.

Doch genng für diesmal. Der Kritiker muß an sich halten, will er nicht
mit den Beobachtungen, die sich bei Storms Kunst aufdrängen, Bogen füllen.




Jur Beachtung. Mit dem vorliegenden Beste beginnt diese Zeitschrift das z. Gnartal ihres 40. Jahr¬
ganges, welches durch alle Buchhandlungen und postanstaltcn des ^n- und Auslandes zu
beziehen ist. preis für das (Quartal 0 Mark. Mir bitten um schleunige Aufgabe des neuen Abon¬
nements. Leipzig, im Dezember M(>. Die Verlagshandlung.






Für die. Redaktion verantwortlich: Johannes Grunvw in Leipzig.
Verlag von Fr. Will). Gruuvw i» Leipzig. — Druck von Carl Marquart in Leipzig.
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[0056] Literatur. dung sein Buch nicht eigens als eine Sammlung „historischer" Novellen bezeichnet, denn wie kunstvoll auch das historische Kolorit hier gezeichnet wurde, so ist doch die Kulturgeschichte ganz und gar Nebensache in diesen Novellen. Das ist eben Stvrius ganz besondre Meisterschaft. Das rein menschliche Motiv, der Charakter, die stimmnngsvvlle, gefühlsreiche Situation sind überall poetisch im Vordergrunde. „Ectenhvf" giebt das Charaktergemäldc eines gewaltthätigen, genußsüchtigen und zugleich geizigen Junkers, der mit seinem bösen Willen seine Weiber und eignen Kinder unglücklich macht! das Schauspiel der bösen Menschennatur. „Zur Chronik von Grieshuns" erzählt von einem edel angelegten, aber jähzornigen Manne, der seinen Bruder im Streite erschlagen hat; die Art seiner schweren, sich selbst ver¬ leugnenden Buße wird ausführlich geschildert. „Renate" erzählt von einem Pastor, der ein geliebtes Bauernmädchen nicht zu heiraten den Mut hat, weil es im Ge¬ rüche der Hexe steht; erst am Ende seines Lebens überwindet er den Wahn, ^.gris submorsns, das Meisterstück des Buches, bringt wieder die traurigen Folgen der Standesvvrurteile, welche die Verbindung des Malers Johannes mit der Ad- lichen Katharina verhindern. Und endlich „Das Fest auf Haderslevhuus" ist eine in den süßesten Zauber der Miunepoesie getauchte Liebcstrngödie. Die Reihe von liebenswürdige» Mädchengestalten, die man in diesen Erzählungen an sich Vorbei¬ gehen sieht, ist herrlich: keusche, hingebungsvolle Wesen, die ungebrochene Natur selbst, verschlossene Geschöpfe, die mehr fühlen als sprechen und Ideale der Treue sind. Die wild begehrende Frau Wulfhild der letzten Novelle steht ganz abseits. Doch genng für diesmal. Der Kritiker muß an sich halten, will er nicht mit den Beobachtungen, die sich bei Storms Kunst aufdrängen, Bogen füllen. Jur Beachtung. Mit dem vorliegenden Beste beginnt diese Zeitschrift das z. Gnartal ihres 40. Jahr¬ ganges, welches durch alle Buchhandlungen und postanstaltcn des ^n- und Auslandes zu beziehen ist. preis für das (Quartal 0 Mark. Mir bitten um schleunige Aufgabe des neuen Abon¬ nements. Leipzig, im Dezember M(>. Die Verlagshandlung. Für die. Redaktion verantwortlich: Johannes Grunvw in Leipzig. Verlag von Fr. Will). Gruuvw i» Leipzig. — Druck von Carl Marquart in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/56>, abgerufen am 06.05.2024.