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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr.

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Mit der Diogeneslatorne.

den noch vorhandenen vier Türmen des einst mit sieben Türmen bewehrten
Schlosses, und sahen noch an den Mauern die lateinischen Inschriften, welche
von den Gesandten zum Andenken an ihren dortigen Zwangsaufenthalt errichtet
worden waren. Denn jedesmal, wenn sich der Großherr im Kriege mit einer
Macht befand, wurden deren Gesandten, welche nicht vorher das Weite gesucht
hatten, hier bis zur Auswechslung und zum Frieden eingesperrt -- ein Vor¬
gang, der heute noch, wenn die Türkei nicht in das "europäische Konzert" ein¬
getreten wäre, sich sicherlich wieder ereignen dürste. Wir bestiegen den höchsten
dieser Türme auf einer sehr zerfallnen, den Einsturz drohenden Treppe, und
genossen von der Höhe einen herrlichen Blick ans Stambul nach der einen und
das Marmarameer mit der asiatischen Küste nach der andern Seite -- Glanz
und Elend dicht bei einander! Von dort fuhren wir mit der wenig in gutem
Andenken stehenden Bahn des Barons Hirsch nach der Brücke, zwischen Meer
und Mauern, die hier meistens zum Stützpunkte von Häusern dienen, an dem
alten Serail vorüber. (Schluß folgt,)




Mit der Diogeneslaterne.
Albert Gehrke. satirische Streifzüge von



Z, Unter den Philistern.



Gegenseitiges Verstehen.
abus ein Edler zu der Menschheit Segen
Eine That, die seinen Namen rief,
Brauchst nur leisen Zweifel anzuregen
Über das Motiv --
Darfst sogleich bei den Philisterseelen
Auf das freundlichste Verständnis zählen. Preise ein Schwärmer mit Begeistrungshitze
Alles Gute, Wahre, Schöne an,
Romme hinterher mit einem U?itze,
Daß man lachen kann --
Jubeln werden die Philisterseelen,
Dürfen dich zu ihresgleichen zählen.

Grenzboten IV. 1887. 50
Mit der Diogeneslatorne.

den noch vorhandenen vier Türmen des einst mit sieben Türmen bewehrten
Schlosses, und sahen noch an den Mauern die lateinischen Inschriften, welche
von den Gesandten zum Andenken an ihren dortigen Zwangsaufenthalt errichtet
worden waren. Denn jedesmal, wenn sich der Großherr im Kriege mit einer
Macht befand, wurden deren Gesandten, welche nicht vorher das Weite gesucht
hatten, hier bis zur Auswechslung und zum Frieden eingesperrt — ein Vor¬
gang, der heute noch, wenn die Türkei nicht in das „europäische Konzert" ein¬
getreten wäre, sich sicherlich wieder ereignen dürste. Wir bestiegen den höchsten
dieser Türme auf einer sehr zerfallnen, den Einsturz drohenden Treppe, und
genossen von der Höhe einen herrlichen Blick ans Stambul nach der einen und
das Marmarameer mit der asiatischen Küste nach der andern Seite — Glanz
und Elend dicht bei einander! Von dort fuhren wir mit der wenig in gutem
Andenken stehenden Bahn des Barons Hirsch nach der Brücke, zwischen Meer
und Mauern, die hier meistens zum Stützpunkte von Häusern dienen, an dem
alten Serail vorüber. (Schluß folgt,)




Mit der Diogeneslaterne.
Albert Gehrke. satirische Streifzüge von



Z, Unter den Philistern.



Gegenseitiges Verstehen.
abus ein Edler zu der Menschheit Segen
Eine That, die seinen Namen rief,
Brauchst nur leisen Zweifel anzuregen
Über das Motiv —
Darfst sogleich bei den Philisterseelen
Auf das freundlichste Verständnis zählen. Preise ein Schwärmer mit Begeistrungshitze
Alles Gute, Wahre, Schöne an,
Romme hinterher mit einem U?itze,
Daß man lachen kann —
Jubeln werden die Philisterseelen,
Dürfen dich zu ihresgleichen zählen.

Grenzboten IV. 1887. 50
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[0449] Mit der Diogeneslatorne. den noch vorhandenen vier Türmen des einst mit sieben Türmen bewehrten Schlosses, und sahen noch an den Mauern die lateinischen Inschriften, welche von den Gesandten zum Andenken an ihren dortigen Zwangsaufenthalt errichtet worden waren. Denn jedesmal, wenn sich der Großherr im Kriege mit einer Macht befand, wurden deren Gesandten, welche nicht vorher das Weite gesucht hatten, hier bis zur Auswechslung und zum Frieden eingesperrt — ein Vor¬ gang, der heute noch, wenn die Türkei nicht in das „europäische Konzert" ein¬ getreten wäre, sich sicherlich wieder ereignen dürste. Wir bestiegen den höchsten dieser Türme auf einer sehr zerfallnen, den Einsturz drohenden Treppe, und genossen von der Höhe einen herrlichen Blick ans Stambul nach der einen und das Marmarameer mit der asiatischen Küste nach der andern Seite — Glanz und Elend dicht bei einander! Von dort fuhren wir mit der wenig in gutem Andenken stehenden Bahn des Barons Hirsch nach der Brücke, zwischen Meer und Mauern, die hier meistens zum Stützpunkte von Häusern dienen, an dem alten Serail vorüber. (Schluß folgt,) Mit der Diogeneslaterne. Albert Gehrke. satirische Streifzüge von Z, Unter den Philistern. Gegenseitiges Verstehen. abus ein Edler zu der Menschheit Segen Eine That, die seinen Namen rief, Brauchst nur leisen Zweifel anzuregen Über das Motiv — Darfst sogleich bei den Philisterseelen Auf das freundlichste Verständnis zählen. Preise ein Schwärmer mit Begeistrungshitze Alles Gute, Wahre, Schöne an, Romme hinterher mit einem U?itze, Daß man lachen kann — Jubeln werden die Philisterseelen, Dürfen dich zu ihresgleichen zählen. Grenzboten IV. 1887. 50

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_201428/449>, abgerufen am 01.05.2024.