Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr.Gevatter Tod. Line Weihnachtsgeschichte von L. Butte. (Fortsetzung.) !er Tauftag kam, und das ganze Dorf war mit dabei, aber Vor wenigen Wochen hatte der, welcher jetzt dort unten den ewigen Schlaf [Beginn Spaltensatz] Ich sah, wie stille schwebte Ein Engel durch das Land, Mein ahnend Herz erbebte, Da es sein Thun verstand: Wohin die Hand er streckte, [Spaltenumbruch]
Verschwand der Blumen Pracht, Wohin den Arm er reckte, Sank Licht und Glanz' i" Nacht. Die Freude ward zum Leide, Wie schwand der Lenz so bald! Herbstnebel ans der Haide, So ernst und stumm der Wald. Durchs trauernde Gefilde [Ende Spaltensatz]
Naht leis der Tod zur Nacht: Zur Ruhe hat er milde Die müde Welt gebracht. Grenzboten IV. 1887. S7
Gevatter Tod. Line Weihnachtsgeschichte von L. Butte. (Fortsetzung.) !er Tauftag kam, und das ganze Dorf war mit dabei, aber Vor wenigen Wochen hatte der, welcher jetzt dort unten den ewigen Schlaf [Beginn Spaltensatz] Ich sah, wie stille schwebte Ein Engel durch das Land, Mein ahnend Herz erbebte, Da es sein Thun verstand: Wohin die Hand er streckte, [Spaltenumbruch]
Verschwand der Blumen Pracht, Wohin den Arm er reckte, Sank Licht und Glanz' i» Nacht. Die Freude ward zum Leide, Wie schwand der Lenz so bald! Herbstnebel ans der Haide, So ernst und stumm der Wald. Durchs trauernde Gefilde [Ende Spaltensatz]
Naht leis der Tod zur Nacht: Zur Ruhe hat er milde Die müde Welt gebracht. Grenzboten IV. 1887. S7
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[Abbildung]
Gevatter Tod.
Line Weihnachtsgeschichte von L. Butte. (Fortsetzung.)
!er Tauftag kam, und das ganze Dorf war mit dabei, aber
!die Freude war weggeblieben. Draußen auf dem Friedhofe
senkte man einen Sarg in die kühle Erde — man begrub den
jungen Schulmeister. Und der Totengräber Jens nahm wirk¬
lich Teil an der Festlichkeit. Nie zuvor hatte er es sich so
sauer werden lassen, ein Grab zu glätten und es mit dem dichtesten Grün aus¬
zulegen; es war, als könnte er sich gar nicht davon trennen. Mit einem so
barschen, unbeweglichen Gesicht, wie es niemand je bei ihm gesehen hatte, ließ
er das Tau herab, an dem der Sarg in die Erde gesenkt wurde. Als dieser
aber auf dein Boden des Grabes angelangt war, ging ein plötzliches Beben
durch seine alten, runzligen Züge, und es sah ans, als wenn der alte Toten¬
gräber zusammensänke und verschwände, ohne daß jemand so recht wußte, was
aus ihm geworden war.
Vor wenigen Wochen hatte der, welcher jetzt dort unten den ewigen Schlaf
schlief, ein Lied vom Tode geschrieben, und die klugen Leute des Dorfes hatten
bedenklich die Köpfe geschüttelt und gemeint, es sei doch wunderbar, daß ihr
lieber Schulmeister immer so viel mit dem Tode zu schaffen habe. Und nnn
klangen seine eignen Worte als letzter Abschiedsgruß über sein Grab:
Ich sah, wie stille schwebte
Ein Engel durch das Land,
Mein ahnend Herz erbebte,
Da es sein Thun verstand:
Wohin die Hand er streckte,
Verschwand der Blumen Pracht,
Wohin den Arm er reckte,
Sank Licht und Glanz' i» Nacht.
Die Freude ward zum Leide,
Wie schwand der Lenz so bald!
Herbstnebel ans der Haide,
So ernst und stumm der Wald.
Durchs trauernde Gefilde
Naht leis der Tod zur Nacht:
Zur Ruhe hat er milde
Die müde Welt gebracht.
Grenzboten IV. 1887. S7
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