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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr.

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Literatur.

Die Schulgesctzg ebung des Herzogs August des Jüngern von Braunschweig-
Wolfenbilttel. Von Prof. Fr. Koldewey, Direktor des Realgymnasiums in Braun¬
schweig. 1887.

Diese gelehrte schulgeschichtliche Abhandlung, welche zur Jubelfeier der Göt¬
tinger Universität erschienen ist, wird der Hauptsache nach deu Fachzeitschriften zu
überlasse" sein. Der Verfasser aber hat sein Thema so geschickt bearbeitet, daß auch
ein gewöhnlicher Leser ihm gern folgen wird. Er führt uns in die Nachwirkungen
des dreißigjährigen Krieges, wie sie auf dem Schulgebiete hervortreten, um von
1646 an die bessernde Thätigkeit des Herzogs August darzustellen, die nicht ohne
Einfluß des von Calixt in Helmstedt gepflegten mildern Luthertums bleiben konnte.
Schon 1647 wird die allgemeine Schulpflicht festgesetzt. Die "Schulordnung" vom
Jahre 1651 sollte das ganze Schulwesen regeln. Für die unterste" Schulen ist der
Religion, als dem Mittelpunkte des ganzen Unterrichts, die größte Beachtung zu¬
gewandt. Die mittlern Schulen, in mäßiger Zahl vorhanden, sollten auch Latein,
Griechisch, Rechnen und Musik nach ihren Anfängen treiben, um so auf die "großen
Schulen" vorzubereiten, die in der Art unsrer Gymnasien gedacht waren. Das
Lateinische blieb die-Hauptsache, das Griechische trat zurück, uur leichtere Schrift¬
steller wurden gelesen, zum Teil sehr wenig geeignete, von Homer nur einige
Abschnitte, Plato, Demosthenes und Sophokles gar nicht, auch nicht das Neue
Testament. Für die Aufsicht über die höhern Schulen war ein besondrer (reisender)
Generalinspektor vorhanden, damals ein seltener Posten.

Der Verfasser bespricht auch die "Klosterordnung" von 1655. Die in diesen
(evangelischen) Klöstern verbliebenen, in Verfall geratenen Schulen sollten nunmehr
gewöhnliche Elementarschulen werden. Aber dies wurde nicht ausgeführt, jene
Klosterschulen (drei bis vier) blieben Lateinschulen, bez. Alumnate, wiewohl auch sie
nicht recht zur Blüte kamen, ja nach und nach ganz verschwanden.






Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig.
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. -- Druck von Carl Marquart in Leipzig.
Literatur.

Die Schulgesctzg ebung des Herzogs August des Jüngern von Braunschweig-
Wolfenbilttel. Von Prof. Fr. Koldewey, Direktor des Realgymnasiums in Braun¬
schweig. 1887.

Diese gelehrte schulgeschichtliche Abhandlung, welche zur Jubelfeier der Göt¬
tinger Universität erschienen ist, wird der Hauptsache nach deu Fachzeitschriften zu
überlasse» sein. Der Verfasser aber hat sein Thema so geschickt bearbeitet, daß auch
ein gewöhnlicher Leser ihm gern folgen wird. Er führt uns in die Nachwirkungen
des dreißigjährigen Krieges, wie sie auf dem Schulgebiete hervortreten, um von
1646 an die bessernde Thätigkeit des Herzogs August darzustellen, die nicht ohne
Einfluß des von Calixt in Helmstedt gepflegten mildern Luthertums bleiben konnte.
Schon 1647 wird die allgemeine Schulpflicht festgesetzt. Die „Schulordnung" vom
Jahre 1651 sollte das ganze Schulwesen regeln. Für die unterste» Schulen ist der
Religion, als dem Mittelpunkte des ganzen Unterrichts, die größte Beachtung zu¬
gewandt. Die mittlern Schulen, in mäßiger Zahl vorhanden, sollten auch Latein,
Griechisch, Rechnen und Musik nach ihren Anfängen treiben, um so auf die „großen
Schulen" vorzubereiten, die in der Art unsrer Gymnasien gedacht waren. Das
Lateinische blieb die-Hauptsache, das Griechische trat zurück, uur leichtere Schrift¬
steller wurden gelesen, zum Teil sehr wenig geeignete, von Homer nur einige
Abschnitte, Plato, Demosthenes und Sophokles gar nicht, auch nicht das Neue
Testament. Für die Aufsicht über die höhern Schulen war ein besondrer (reisender)
Generalinspektor vorhanden, damals ein seltener Posten.

Der Verfasser bespricht auch die „Klosterordnung" von 1655. Die in diesen
(evangelischen) Klöstern verbliebenen, in Verfall geratenen Schulen sollten nunmehr
gewöhnliche Elementarschulen werden. Aber dies wurde nicht ausgeführt, jene
Klosterschulen (drei bis vier) blieben Lateinschulen, bez. Alumnate, wiewohl auch sie
nicht recht zur Blüte kamen, ja nach und nach ganz verschwanden.






Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig.
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. — Druck von Carl Marquart in Leipzig.
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[0660] Literatur. Die Schulgesctzg ebung des Herzogs August des Jüngern von Braunschweig- Wolfenbilttel. Von Prof. Fr. Koldewey, Direktor des Realgymnasiums in Braun¬ schweig. 1887. Diese gelehrte schulgeschichtliche Abhandlung, welche zur Jubelfeier der Göt¬ tinger Universität erschienen ist, wird der Hauptsache nach deu Fachzeitschriften zu überlasse» sein. Der Verfasser aber hat sein Thema so geschickt bearbeitet, daß auch ein gewöhnlicher Leser ihm gern folgen wird. Er führt uns in die Nachwirkungen des dreißigjährigen Krieges, wie sie auf dem Schulgebiete hervortreten, um von 1646 an die bessernde Thätigkeit des Herzogs August darzustellen, die nicht ohne Einfluß des von Calixt in Helmstedt gepflegten mildern Luthertums bleiben konnte. Schon 1647 wird die allgemeine Schulpflicht festgesetzt. Die „Schulordnung" vom Jahre 1651 sollte das ganze Schulwesen regeln. Für die unterste» Schulen ist der Religion, als dem Mittelpunkte des ganzen Unterrichts, die größte Beachtung zu¬ gewandt. Die mittlern Schulen, in mäßiger Zahl vorhanden, sollten auch Latein, Griechisch, Rechnen und Musik nach ihren Anfängen treiben, um so auf die „großen Schulen" vorzubereiten, die in der Art unsrer Gymnasien gedacht waren. Das Lateinische blieb die-Hauptsache, das Griechische trat zurück, uur leichtere Schrift¬ steller wurden gelesen, zum Teil sehr wenig geeignete, von Homer nur einige Abschnitte, Plato, Demosthenes und Sophokles gar nicht, auch nicht das Neue Testament. Für die Aufsicht über die höhern Schulen war ein besondrer (reisender) Generalinspektor vorhanden, damals ein seltener Posten. Der Verfasser bespricht auch die „Klosterordnung" von 1655. Die in diesen (evangelischen) Klöstern verbliebenen, in Verfall geratenen Schulen sollten nunmehr gewöhnliche Elementarschulen werden. Aber dies wurde nicht ausgeführt, jene Klosterschulen (drei bis vier) blieben Lateinschulen, bez. Alumnate, wiewohl auch sie nicht recht zur Blüte kamen, ja nach und nach ganz verschwanden. Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig. Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. — Druck von Carl Marquart in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_201428/660>, abgerufen am 01.05.2024.