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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr.

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Die Dubar-Sage und der keilschriftliche Sintflutbericht.

Verhängnis auf alle deutschen Fürsten auszudehnen." Die Szene wurde so
leidenschaftlich, daß Herr von Seebach es für passend hielt, sich bei dem Streite
der Fürsten zu entfernen. Ich aber hatte Mühe, die Debatte so weit in ihren
Grenzen zu erhalten, daß die Anträge zur Abstimmung kommen konnten."

Damit sei es genug von diesen Blicken hinter die Kulissen, in welchen
der Hauptwert des Werkes besteht. Wir sind begierig, von dem sehr offen¬
herzigen, fast rücksichtslosen Verfasser mehr zu erfahren und sehen gern darüber
hinweg, daß sein Material oft besser geordnet sein könnte.




Die Dubar-^age und der keilschriftliche Sintflutbericht.
von Georg Hoffmann.
3.

cum im Orient die Hochsommerglut anfängt unerträglich zu werden,
so beginnt man die Nacht freundlicher zu begrüßen als den Tag,
eine Thatsache, welche von der Mythologie nicht treffender ver¬
sinnbildlicht werden konnte, als dadurch, daß sie Istar nunmehr
dem Dubar als Siegerin gegenüberstellte. Um das Mittel zum
Siege zu erlangen, unternimmt die Göttin zunächst die Höllenfahrt, wiederum
ein echt sternmythisches Bild. Infolge seiner zeitweiligen Stellung zwischen
Sonne und Erde wird der als Abendstern im Westen geschaute Planet dem
Auge unsichtbar, um bald darauf im Osten als Morgenstern wieder aufzutauchen.
Diesen Vorgang Versinnlicht der Mythus durch einen Aufenthalt Jstars in der
Unterwelt, nach dessen Verlauf sie sowohl im Mythus als auch im Kultus
einen ganz andern Charakter hat als vorher. Als Göttin des Abendsterns, mit
dem Beinamen Vellt, ist sie nichts weiter als die Vertreterin der sinnlichen,
üppigen Liebe, als Göttin des Morgensterns, mit dem Zunamen Anunit, da¬
gegen ist sie die Vertreterin der strahlenden, reinen, idealen Schönheit und
Liebe, im griechischen Kultus die Amathusia und die Anadyomene, ein Dualismus,
der sich durch den ganzen Istar-Astarte-Astoreth-Aphrodite-Kultus hinzieht.

Kultus und Mythus entstammen derselben Anschauung vom Planeten, der
als Abendstern dem Sonnenlichte nachfolgt, welches wegen seiner fruchtbringenden
Wirkung von dem mythcnbildenden Volke höher geschätzt wird als das Prinzip


Die Dubar-Sage und der keilschriftliche Sintflutbericht.

Verhängnis auf alle deutschen Fürsten auszudehnen.« Die Szene wurde so
leidenschaftlich, daß Herr von Seebach es für passend hielt, sich bei dem Streite
der Fürsten zu entfernen. Ich aber hatte Mühe, die Debatte so weit in ihren
Grenzen zu erhalten, daß die Anträge zur Abstimmung kommen konnten."

Damit sei es genug von diesen Blicken hinter die Kulissen, in welchen
der Hauptwert des Werkes besteht. Wir sind begierig, von dem sehr offen¬
herzigen, fast rücksichtslosen Verfasser mehr zu erfahren und sehen gern darüber
hinweg, daß sein Material oft besser geordnet sein könnte.




Die Dubar-^age und der keilschriftliche Sintflutbericht.
von Georg Hoffmann.
3.

cum im Orient die Hochsommerglut anfängt unerträglich zu werden,
so beginnt man die Nacht freundlicher zu begrüßen als den Tag,
eine Thatsache, welche von der Mythologie nicht treffender ver¬
sinnbildlicht werden konnte, als dadurch, daß sie Istar nunmehr
dem Dubar als Siegerin gegenüberstellte. Um das Mittel zum
Siege zu erlangen, unternimmt die Göttin zunächst die Höllenfahrt, wiederum
ein echt sternmythisches Bild. Infolge seiner zeitweiligen Stellung zwischen
Sonne und Erde wird der als Abendstern im Westen geschaute Planet dem
Auge unsichtbar, um bald darauf im Osten als Morgenstern wieder aufzutauchen.
Diesen Vorgang Versinnlicht der Mythus durch einen Aufenthalt Jstars in der
Unterwelt, nach dessen Verlauf sie sowohl im Mythus als auch im Kultus
einen ganz andern Charakter hat als vorher. Als Göttin des Abendsterns, mit
dem Beinamen Vellt, ist sie nichts weiter als die Vertreterin der sinnlichen,
üppigen Liebe, als Göttin des Morgensterns, mit dem Zunamen Anunit, da¬
gegen ist sie die Vertreterin der strahlenden, reinen, idealen Schönheit und
Liebe, im griechischen Kultus die Amathusia und die Anadyomene, ein Dualismus,
der sich durch den ganzen Istar-Astarte-Astoreth-Aphrodite-Kultus hinzieht.

Kultus und Mythus entstammen derselben Anschauung vom Planeten, der
als Abendstern dem Sonnenlichte nachfolgt, welches wegen seiner fruchtbringenden
Wirkung von dem mythcnbildenden Volke höher geschätzt wird als das Prinzip


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[0445] Die Dubar-Sage und der keilschriftliche Sintflutbericht. Verhängnis auf alle deutschen Fürsten auszudehnen.« Die Szene wurde so leidenschaftlich, daß Herr von Seebach es für passend hielt, sich bei dem Streite der Fürsten zu entfernen. Ich aber hatte Mühe, die Debatte so weit in ihren Grenzen zu erhalten, daß die Anträge zur Abstimmung kommen konnten." Damit sei es genug von diesen Blicken hinter die Kulissen, in welchen der Hauptwert des Werkes besteht. Wir sind begierig, von dem sehr offen¬ herzigen, fast rücksichtslosen Verfasser mehr zu erfahren und sehen gern darüber hinweg, daß sein Material oft besser geordnet sein könnte. Die Dubar-^age und der keilschriftliche Sintflutbericht. von Georg Hoffmann. 3. cum im Orient die Hochsommerglut anfängt unerträglich zu werden, so beginnt man die Nacht freundlicher zu begrüßen als den Tag, eine Thatsache, welche von der Mythologie nicht treffender ver¬ sinnbildlicht werden konnte, als dadurch, daß sie Istar nunmehr dem Dubar als Siegerin gegenüberstellte. Um das Mittel zum Siege zu erlangen, unternimmt die Göttin zunächst die Höllenfahrt, wiederum ein echt sternmythisches Bild. Infolge seiner zeitweiligen Stellung zwischen Sonne und Erde wird der als Abendstern im Westen geschaute Planet dem Auge unsichtbar, um bald darauf im Osten als Morgenstern wieder aufzutauchen. Diesen Vorgang Versinnlicht der Mythus durch einen Aufenthalt Jstars in der Unterwelt, nach dessen Verlauf sie sowohl im Mythus als auch im Kultus einen ganz andern Charakter hat als vorher. Als Göttin des Abendsterns, mit dem Beinamen Vellt, ist sie nichts weiter als die Vertreterin der sinnlichen, üppigen Liebe, als Göttin des Morgensterns, mit dem Zunamen Anunit, da¬ gegen ist sie die Vertreterin der strahlenden, reinen, idealen Schönheit und Liebe, im griechischen Kultus die Amathusia und die Anadyomene, ein Dualismus, der sich durch den ganzen Istar-Astarte-Astoreth-Aphrodite-Kultus hinzieht. Kultus und Mythus entstammen derselben Anschauung vom Planeten, der als Abendstern dem Sonnenlichte nachfolgt, welches wegen seiner fruchtbringenden Wirkung von dem mythcnbildenden Volke höher geschätzt wird als das Prinzip

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202098/445>, abgerufen am 21.09.2024.