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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr.

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wir machen unsre Leser aus die Anzeigen des Umschlags "Neues vom Büchermarkt" aufmerksam.

Das Hozialistengesetz und die Rückkehr zum gemeinen
Recht.

eit der letzten Vorlage des Sozialistengesetzes im Reichstage ist
wieder der Satz geltend gemacht worden: es sei notwendig, dieses
Ausnahmegesetz aufzugeben und baldigst zum gemeinen Recht
zurückzukehren. Zunächst trat die Nativnalzeitung mit diesem Satze
auf. Er klang dann auch in den Neichstagsreden der national¬
liberalen Redner durch. Herr von Bennigsen schloß seine Rede vom 14. Februar
mit den Worten: "Wir haben den dringenden Wunsch, daß die zwei Jahre,
für welche das Gesetz nun wieder verlängert wird, von selten der Regierungen
und der Mehrheit des Hauses dazu benutzt werden, um an der Stelle dieses
Zustandes ein dauerndes Gesetz zu schaffen, geeignet, den Umsturzbestrebungen
genügend entgegenzutreten." In gleichem Sinne sagte dann auch ein Leitartikel
des Hannoverschen Kouriers vom 19. Februar: "Der Regierung liegt es nun
w erster Reihe ob, die Lösung des Problems in die Hand zu nehmen, und zwar
ohne Verzug." Dem vielfach gehörten Einwand, daß man nicht recht einsehe,
wie dies geschehen könne, ist neuerdings die Nationalzeitung mit zwei Artikeln
entgegengetreten, in welchen sie darlegt, wie sie sich die Sache denke, wobei
aber auch sie sich davon fernhält, formulirte Vorschläge zu machen.

Wir stellen diesem Verlangen nach Rückkehr zum gemeinen Recht folgende
Bedenken entgegen.

Der Gedanke, auf dem Wege des gemeinen Rechtes die Gefahren der
Sozialdemokratie zu bekämpfen, hat eine ziemlich lange Vorgeschichte. In der
That hatte es die Reichsregicrung zunächst auf diesem Wege versucht. In der
Novelle zum Strafgesetzbuche, welche im Jahre 1876 dem Reichstage vorlag, war


Grenzboten I. 1888. 66


wir machen unsre Leser aus die Anzeigen des Umschlags „Neues vom Büchermarkt" aufmerksam.

Das Hozialistengesetz und die Rückkehr zum gemeinen
Recht.

eit der letzten Vorlage des Sozialistengesetzes im Reichstage ist
wieder der Satz geltend gemacht worden: es sei notwendig, dieses
Ausnahmegesetz aufzugeben und baldigst zum gemeinen Recht
zurückzukehren. Zunächst trat die Nativnalzeitung mit diesem Satze
auf. Er klang dann auch in den Neichstagsreden der national¬
liberalen Redner durch. Herr von Bennigsen schloß seine Rede vom 14. Februar
mit den Worten: „Wir haben den dringenden Wunsch, daß die zwei Jahre,
für welche das Gesetz nun wieder verlängert wird, von selten der Regierungen
und der Mehrheit des Hauses dazu benutzt werden, um an der Stelle dieses
Zustandes ein dauerndes Gesetz zu schaffen, geeignet, den Umsturzbestrebungen
genügend entgegenzutreten." In gleichem Sinne sagte dann auch ein Leitartikel
des Hannoverschen Kouriers vom 19. Februar: „Der Regierung liegt es nun
w erster Reihe ob, die Lösung des Problems in die Hand zu nehmen, und zwar
ohne Verzug." Dem vielfach gehörten Einwand, daß man nicht recht einsehe,
wie dies geschehen könne, ist neuerdings die Nationalzeitung mit zwei Artikeln
entgegengetreten, in welchen sie darlegt, wie sie sich die Sache denke, wobei
aber auch sie sich davon fernhält, formulirte Vorschläge zu machen.

Wir stellen diesem Verlangen nach Rückkehr zum gemeinen Recht folgende
Bedenken entgegen.

Der Gedanke, auf dem Wege des gemeinen Rechtes die Gefahren der
Sozialdemokratie zu bekämpfen, hat eine ziemlich lange Vorgeschichte. In der
That hatte es die Reichsregicrung zunächst auf diesem Wege versucht. In der
Novelle zum Strafgesetzbuche, welche im Jahre 1876 dem Reichstage vorlag, war


Grenzboten I. 1888. 66
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[0529] [Abbildung] wir machen unsre Leser aus die Anzeigen des Umschlags „Neues vom Büchermarkt" aufmerksam. Das Hozialistengesetz und die Rückkehr zum gemeinen Recht. eit der letzten Vorlage des Sozialistengesetzes im Reichstage ist wieder der Satz geltend gemacht worden: es sei notwendig, dieses Ausnahmegesetz aufzugeben und baldigst zum gemeinen Recht zurückzukehren. Zunächst trat die Nativnalzeitung mit diesem Satze auf. Er klang dann auch in den Neichstagsreden der national¬ liberalen Redner durch. Herr von Bennigsen schloß seine Rede vom 14. Februar mit den Worten: „Wir haben den dringenden Wunsch, daß die zwei Jahre, für welche das Gesetz nun wieder verlängert wird, von selten der Regierungen und der Mehrheit des Hauses dazu benutzt werden, um an der Stelle dieses Zustandes ein dauerndes Gesetz zu schaffen, geeignet, den Umsturzbestrebungen genügend entgegenzutreten." In gleichem Sinne sagte dann auch ein Leitartikel des Hannoverschen Kouriers vom 19. Februar: „Der Regierung liegt es nun w erster Reihe ob, die Lösung des Problems in die Hand zu nehmen, und zwar ohne Verzug." Dem vielfach gehörten Einwand, daß man nicht recht einsehe, wie dies geschehen könne, ist neuerdings die Nationalzeitung mit zwei Artikeln entgegengetreten, in welchen sie darlegt, wie sie sich die Sache denke, wobei aber auch sie sich davon fernhält, formulirte Vorschläge zu machen. Wir stellen diesem Verlangen nach Rückkehr zum gemeinen Recht folgende Bedenken entgegen. Der Gedanke, auf dem Wege des gemeinen Rechtes die Gefahren der Sozialdemokratie zu bekämpfen, hat eine ziemlich lange Vorgeschichte. In der That hatte es die Reichsregicrung zunächst auf diesem Wege versucht. In der Novelle zum Strafgesetzbuche, welche im Jahre 1876 dem Reichstage vorlag, war Grenzboten I. 1888. 66

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202098/529>, abgerufen am 01.05.2024.