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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr.

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Zur Beachtung.
Mit dem übernächsten Beste beginnt diese Zeitschrift das 2. Vierteljahr ihres 47. Jahr¬
ganges, welches durch alle Ruchhandlungen und vostanstalten des In- und Auslandes zu
beziehen ist. Preis für das Vierteljahr g Mark, wir bitten um schleunige Cvneuerung
des Abonnements.
Leipzig, im März MS. " ^ . , . ,4ne Verlagshandlung.

Der Regierungswechsel und der Friede.

cum der erste Kaiser des neuen deutschen Reiches, der nunmehr
nur noch in der Erinnerung eines dankbaren Volkes und in den
Büchern der Geschichte lebt, von der Welt fortan vor allem als
siegreicher Held, als Hcilbriuger und Friedenswächter in Waffen
gefeiert werden wird, so scheint es nach den Worten, mit denen
sein Nachfolger das ererbte doppelte Amt angetreten hat, und nach andern Zeichen
der Zeit, die außerhalb der Grenzen des Reiches aufgegangen find, als ob die Vor¬
sehung dem neuen Oberhaupte der Deutschen auch eine neue Rolle beschicken hätte,
als ob ihm die Aufgabe beschicken wäre, während seines Regiments statt des Lor-
bers den Olivenkranz zu tragen und dem Herrschernamen, den er gewählt hat, mit
Thaten zu entsprechen, bei denen das Schwert in der Scheide bleibt. Auch
Kaiser Wilhelm war im Grnnde seiner Seele ein warmer Freund des Friedens,
und wenn der Friede bis in seine letzten Tage hinein gefährdet erschien, so lag die
Bedrohung nicht in seinem Denken und Streben, sondern in Verhältnissen, die
er beklagte, aber nicht ändern konnte. Noch auf seinem Sterbebette beschäftigte
ihn diese Sorge. Einen großen Teil des Donnerstags vor seinem Hinscheiden
unterhielt er sich mit Prinz Wilhelm und Moltke über Dinge militärischer Natur,
die ihm besonders am Herzen lagen. Von Zeit zu Zeit gedachte er der Bünd¬
nisse Deutschlands und der Möglichkeit von Kriegen, der Verpflichtungen gegen
Österreich und der Besserung unsrer Stellung zu Nußland, welche der Reichskanzler
herbeigeführt hatte. Die in Abenddämmerung hinschwindende Seele sah noch
Morgendämmerung in der Lage des Vaterlandes, aber doch nur Dämmerung.
Hoffen wir, daß es jetzt bald ganz hell werde. Wir dürfen es, Sterne erheben
sich am östlichen Gesichtskreise, die der Friedenssonne vorausgehen, und der
Name Friedrich, den sich der Erbe der deutschen Kaiserwürde beigelegt hat, ist


GreiiMen 1. 18S3. 78


Zur Beachtung.
Mit dem übernächsten Beste beginnt diese Zeitschrift das 2. Vierteljahr ihres 47. Jahr¬
ganges, welches durch alle Ruchhandlungen und vostanstalten des In- und Auslandes zu
beziehen ist. Preis für das Vierteljahr g Mark, wir bitten um schleunige Cvneuerung
des Abonnements.
Leipzig, im März MS. » ^ . , . ,4ne Verlagshandlung.

Der Regierungswechsel und der Friede.

cum der erste Kaiser des neuen deutschen Reiches, der nunmehr
nur noch in der Erinnerung eines dankbaren Volkes und in den
Büchern der Geschichte lebt, von der Welt fortan vor allem als
siegreicher Held, als Hcilbriuger und Friedenswächter in Waffen
gefeiert werden wird, so scheint es nach den Worten, mit denen
sein Nachfolger das ererbte doppelte Amt angetreten hat, und nach andern Zeichen
der Zeit, die außerhalb der Grenzen des Reiches aufgegangen find, als ob die Vor¬
sehung dem neuen Oberhaupte der Deutschen auch eine neue Rolle beschicken hätte,
als ob ihm die Aufgabe beschicken wäre, während seines Regiments statt des Lor-
bers den Olivenkranz zu tragen und dem Herrschernamen, den er gewählt hat, mit
Thaten zu entsprechen, bei denen das Schwert in der Scheide bleibt. Auch
Kaiser Wilhelm war im Grnnde seiner Seele ein warmer Freund des Friedens,
und wenn der Friede bis in seine letzten Tage hinein gefährdet erschien, so lag die
Bedrohung nicht in seinem Denken und Streben, sondern in Verhältnissen, die
er beklagte, aber nicht ändern konnte. Noch auf seinem Sterbebette beschäftigte
ihn diese Sorge. Einen großen Teil des Donnerstags vor seinem Hinscheiden
unterhielt er sich mit Prinz Wilhelm und Moltke über Dinge militärischer Natur,
die ihm besonders am Herzen lagen. Von Zeit zu Zeit gedachte er der Bünd¬
nisse Deutschlands und der Möglichkeit von Kriegen, der Verpflichtungen gegen
Österreich und der Besserung unsrer Stellung zu Nußland, welche der Reichskanzler
herbeigeführt hatte. Die in Abenddämmerung hinschwindende Seele sah noch
Morgendämmerung in der Lage des Vaterlandes, aber doch nur Dämmerung.
Hoffen wir, daß es jetzt bald ganz hell werde. Wir dürfen es, Sterne erheben
sich am östlichen Gesichtskreise, die der Friedenssonne vorausgehen, und der
Name Friedrich, den sich der Erbe der deutschen Kaiserwürde beigelegt hat, ist


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[0625] [Abbildung] Zur Beachtung. Mit dem übernächsten Beste beginnt diese Zeitschrift das 2. Vierteljahr ihres 47. Jahr¬ ganges, welches durch alle Ruchhandlungen und vostanstalten des In- und Auslandes zu beziehen ist. Preis für das Vierteljahr g Mark, wir bitten um schleunige Cvneuerung des Abonnements. Leipzig, im März MS. » ^ . , . ,4ne Verlagshandlung. Der Regierungswechsel und der Friede. cum der erste Kaiser des neuen deutschen Reiches, der nunmehr nur noch in der Erinnerung eines dankbaren Volkes und in den Büchern der Geschichte lebt, von der Welt fortan vor allem als siegreicher Held, als Hcilbriuger und Friedenswächter in Waffen gefeiert werden wird, so scheint es nach den Worten, mit denen sein Nachfolger das ererbte doppelte Amt angetreten hat, und nach andern Zeichen der Zeit, die außerhalb der Grenzen des Reiches aufgegangen find, als ob die Vor¬ sehung dem neuen Oberhaupte der Deutschen auch eine neue Rolle beschicken hätte, als ob ihm die Aufgabe beschicken wäre, während seines Regiments statt des Lor- bers den Olivenkranz zu tragen und dem Herrschernamen, den er gewählt hat, mit Thaten zu entsprechen, bei denen das Schwert in der Scheide bleibt. Auch Kaiser Wilhelm war im Grnnde seiner Seele ein warmer Freund des Friedens, und wenn der Friede bis in seine letzten Tage hinein gefährdet erschien, so lag die Bedrohung nicht in seinem Denken und Streben, sondern in Verhältnissen, die er beklagte, aber nicht ändern konnte. Noch auf seinem Sterbebette beschäftigte ihn diese Sorge. Einen großen Teil des Donnerstags vor seinem Hinscheiden unterhielt er sich mit Prinz Wilhelm und Moltke über Dinge militärischer Natur, die ihm besonders am Herzen lagen. Von Zeit zu Zeit gedachte er der Bünd¬ nisse Deutschlands und der Möglichkeit von Kriegen, der Verpflichtungen gegen Österreich und der Besserung unsrer Stellung zu Nußland, welche der Reichskanzler herbeigeführt hatte. Die in Abenddämmerung hinschwindende Seele sah noch Morgendämmerung in der Lage des Vaterlandes, aber doch nur Dämmerung. Hoffen wir, daß es jetzt bald ganz hell werde. Wir dürfen es, Sterne erheben sich am östlichen Gesichtskreise, die der Friedenssonne vorausgehen, und der Name Friedrich, den sich der Erbe der deutschen Kaiserwürde beigelegt hat, ist GreiiMen 1. 18S3. 78

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202098/625>, abgerufen am 01.05.2024.