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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr.

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Ricks Lyhne.
Z. p. Jacobsen. Roman von
Aus dein Dänischen übersetzt von Mathilde Mann.
(Fortsetzung.)

!VW!le Hauptlandstraße, welche nach Fjordby führt, ist in der Nähe
der Stadt von zwei mächtigen Dornhecken begrenzt, die Konsul
Claudys Küchengarten sowie seinen großen Strandgarten ein¬
hegen. Der Weg teilt sich dort und endet einerseits in des
Konsuls Hofplatz, der so groß wie ein Marktplatz ist, anderseits
macht er eine Drehung und läuft zwischen Claudys Scheune und dem Holzlager
als Straße durch die Stadt. Von den Reisenden machen viele die Drehung
und fahren weiter, während andre anhalten, in der Meinung, sie seien am
Ziele, sobald sie den getheerten Thorweg des Konsuls erreicht haben, der stets
weit geöffnet ist, und ans dessen zurückgeschlagenen Flügeltüren stets zum
Trocknen ausgespannte Felle hängen.

Die Gebäude des Hofes waren alle alt, mit Ausnahme des hohen Speichers,
dessen langweiliges totes Schieferdach Fjordbys neueste Errungenschaft auf dem
Gebiete der Baukunst war. Das lange, niedrige Vorderhaus sah aus, als
würde es von drei großen Bodenetagcn zur Erde gedrückt, und stieß in einem
dunkeln Winkel mit der Brauerei und den Ställen, in einem helleren Winkel
mit dem Speicher zusammen. In dem dunkeln Winkel lag die Hinterthür, die
in den Laden führte, der mit der Bauernstube, dem Kondor und der Leutestube
eine kleine dumpfe Welt für sich bildete, in der ein gemischter Geruch von ge¬
meinem Tabak, von erdigen Fußböden, von Gewürzen, getrockneten Fischen und
nassem Wollzeug die Luft so dick machte, daß sie förmlich zu schmecken war.
War man dann aber durch das Kondor mit seinem durchdringenden Siegellacks¬
geruch an den Korridor gelangt, der die Scheidewand zwischen dem Geschäft




Ricks Lyhne.
Z. p. Jacobsen. Roman von
Aus dein Dänischen übersetzt von Mathilde Mann.
(Fortsetzung.)

!VW!le Hauptlandstraße, welche nach Fjordby führt, ist in der Nähe
der Stadt von zwei mächtigen Dornhecken begrenzt, die Konsul
Claudys Küchengarten sowie seinen großen Strandgarten ein¬
hegen. Der Weg teilt sich dort und endet einerseits in des
Konsuls Hofplatz, der so groß wie ein Marktplatz ist, anderseits
macht er eine Drehung und läuft zwischen Claudys Scheune und dem Holzlager
als Straße durch die Stadt. Von den Reisenden machen viele die Drehung
und fahren weiter, während andre anhalten, in der Meinung, sie seien am
Ziele, sobald sie den getheerten Thorweg des Konsuls erreicht haben, der stets
weit geöffnet ist, und ans dessen zurückgeschlagenen Flügeltüren stets zum
Trocknen ausgespannte Felle hängen.

Die Gebäude des Hofes waren alle alt, mit Ausnahme des hohen Speichers,
dessen langweiliges totes Schieferdach Fjordbys neueste Errungenschaft auf dem
Gebiete der Baukunst war. Das lange, niedrige Vorderhaus sah aus, als
würde es von drei großen Bodenetagcn zur Erde gedrückt, und stieß in einem
dunkeln Winkel mit der Brauerei und den Ställen, in einem helleren Winkel
mit dem Speicher zusammen. In dem dunkeln Winkel lag die Hinterthür, die
in den Laden führte, der mit der Bauernstube, dem Kondor und der Leutestube
eine kleine dumpfe Welt für sich bildete, in der ein gemischter Geruch von ge¬
meinem Tabak, von erdigen Fußböden, von Gewürzen, getrockneten Fischen und
nassem Wollzeug die Luft so dick machte, daß sie förmlich zu schmecken war.
War man dann aber durch das Kondor mit seinem durchdringenden Siegellacks¬
geruch an den Korridor gelangt, der die Scheidewand zwischen dem Geschäft


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[0186] [Abbildung] Ricks Lyhne. Z. p. Jacobsen. Roman von Aus dein Dänischen übersetzt von Mathilde Mann. (Fortsetzung.) !VW!le Hauptlandstraße, welche nach Fjordby führt, ist in der Nähe der Stadt von zwei mächtigen Dornhecken begrenzt, die Konsul Claudys Küchengarten sowie seinen großen Strandgarten ein¬ hegen. Der Weg teilt sich dort und endet einerseits in des Konsuls Hofplatz, der so groß wie ein Marktplatz ist, anderseits macht er eine Drehung und läuft zwischen Claudys Scheune und dem Holzlager als Straße durch die Stadt. Von den Reisenden machen viele die Drehung und fahren weiter, während andre anhalten, in der Meinung, sie seien am Ziele, sobald sie den getheerten Thorweg des Konsuls erreicht haben, der stets weit geöffnet ist, und ans dessen zurückgeschlagenen Flügeltüren stets zum Trocknen ausgespannte Felle hängen. Die Gebäude des Hofes waren alle alt, mit Ausnahme des hohen Speichers, dessen langweiliges totes Schieferdach Fjordbys neueste Errungenschaft auf dem Gebiete der Baukunst war. Das lange, niedrige Vorderhaus sah aus, als würde es von drei großen Bodenetagcn zur Erde gedrückt, und stieß in einem dunkeln Winkel mit der Brauerei und den Ställen, in einem helleren Winkel mit dem Speicher zusammen. In dem dunkeln Winkel lag die Hinterthür, die in den Laden führte, der mit der Bauernstube, dem Kondor und der Leutestube eine kleine dumpfe Welt für sich bildete, in der ein gemischter Geruch von ge¬ meinem Tabak, von erdigen Fußböden, von Gewürzen, getrockneten Fischen und nassem Wollzeug die Luft so dick machte, daß sie förmlich zu schmecken war. War man dann aber durch das Kondor mit seinem durchdringenden Siegellacks¬ geruch an den Korridor gelangt, der die Scheidewand zwischen dem Geschäft

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_289122/186>, abgerufen am 05.05.2024.