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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.

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Der Gcheimmittelschwindel

zuerst ungestüm ab und geriet in Zorn, als sie beharrten. Der Kanzler fragte,
ob Seine Majestät ein Neutrum bleiben wolle. Der König fragte, was er
damit meine, was für ein Neutrum. Je nnn, das Präsidium, lautete die
Antwort Bismarcks. Endlich verstand sich der König, widerstrebend und nicht
ohne mehrtägige Verstimmung gegen den Kanzler, zur Einwilligung in den
Vorschlag, wenn er den Titel Kaiser von Deutschland annehmen und führen
dürfe. Er wurde darauf aufmerksam gemacht, daß dies gegen die Verträge
verstoße und den territorialen Besitz ganz Deutschlands bedeuten würde. Er
meinte darauf, der Zar nenne sich ja auch Kaiser von Rußland. Bismarck
widersprach und sagte, der Titel laute russischer Kaiser. Der König aber blieb
bei seiner Ansicht und gab sie erst ans, als er Hofrat Schneider befragt, und
dieser Bismarck Recht gegeben hatte.

So war der Hergang, und nun überlassen wir den Lesern, zu beurteilen,
ob Gefflen der Geschichte und seinem kronprinzlichen Gönner und Freunde
den Dienst geleistet hat, den er ihnen angeblich zu leisten bemüht war.




Der Geheimmittelschwindel
von Otto Gerland

in in den letzten Jahren mit besonderer Heftigkeit erörterter
Gegenstand ist der Verkehr mit Geheimmitteln und im Anschluß
darau der Verkehr mit Arzneimitteln überhaupt durch Unberufene.
Auch diese Blätter haben schon eine schätzenswerte Arbeit Ahl-
greens darüber gebracht (Jahrgang 1887, Band 2, S. 265).
Dn der Kampf in dieser Frage aber immer heftiger entbrannt und allmählich
Mes auf ^ Gebiete der Polizeiverordnungeu und der Rechtsprechung über¬
gegangen ist, so lohnt es sich wohl, die Angelegenheit hier nochmals zu er¬
örtern. Man kann sie als ein Seitenstück zu den Kämpfen betrachten, die in¬
folge der Erkenntnis, daß man bei Erlaß der Gewerbeordnung bezüglich des
Grundsatzes des Gehenlassens zu weit gegangen sei, zu dem Erlaß der mancherlei
in den letzten Jahren ergangenen Gesetze zur Ergänzung und Abänderung der
^ieichsgewerbeordnung geführt haben.

Bezüglich des Verkehrs mit Arzneimitteln bestimmte die Reichsgewcrbe-
vrdnnng im § ": "Das gegenwärtige Gesetz findet keine Anwendung auf die


Der Gcheimmittelschwindel

zuerst ungestüm ab und geriet in Zorn, als sie beharrten. Der Kanzler fragte,
ob Seine Majestät ein Neutrum bleiben wolle. Der König fragte, was er
damit meine, was für ein Neutrum. Je nnn, das Präsidium, lautete die
Antwort Bismarcks. Endlich verstand sich der König, widerstrebend und nicht
ohne mehrtägige Verstimmung gegen den Kanzler, zur Einwilligung in den
Vorschlag, wenn er den Titel Kaiser von Deutschland annehmen und führen
dürfe. Er wurde darauf aufmerksam gemacht, daß dies gegen die Verträge
verstoße und den territorialen Besitz ganz Deutschlands bedeuten würde. Er
meinte darauf, der Zar nenne sich ja auch Kaiser von Rußland. Bismarck
widersprach und sagte, der Titel laute russischer Kaiser. Der König aber blieb
bei seiner Ansicht und gab sie erst ans, als er Hofrat Schneider befragt, und
dieser Bismarck Recht gegeben hatte.

So war der Hergang, und nun überlassen wir den Lesern, zu beurteilen,
ob Gefflen der Geschichte und seinem kronprinzlichen Gönner und Freunde
den Dienst geleistet hat, den er ihnen angeblich zu leisten bemüht war.




Der Geheimmittelschwindel
von Otto Gerland

in in den letzten Jahren mit besonderer Heftigkeit erörterter
Gegenstand ist der Verkehr mit Geheimmitteln und im Anschluß
darau der Verkehr mit Arzneimitteln überhaupt durch Unberufene.
Auch diese Blätter haben schon eine schätzenswerte Arbeit Ahl-
greens darüber gebracht (Jahrgang 1887, Band 2, S. 265).
Dn der Kampf in dieser Frage aber immer heftiger entbrannt und allmählich
Mes auf ^ Gebiete der Polizeiverordnungeu und der Rechtsprechung über¬
gegangen ist, so lohnt es sich wohl, die Angelegenheit hier nochmals zu er¬
örtern. Man kann sie als ein Seitenstück zu den Kämpfen betrachten, die in¬
folge der Erkenntnis, daß man bei Erlaß der Gewerbeordnung bezüglich des
Grundsatzes des Gehenlassens zu weit gegangen sei, zu dem Erlaß der mancherlei
in den letzten Jahren ergangenen Gesetze zur Ergänzung und Abänderung der
^ieichsgewerbeordnung geführt haben.

Bezüglich des Verkehrs mit Arzneimitteln bestimmte die Reichsgewcrbe-
vrdnnng im § «: „Das gegenwärtige Gesetz findet keine Anwendung auf die


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[0359] Der Gcheimmittelschwindel zuerst ungestüm ab und geriet in Zorn, als sie beharrten. Der Kanzler fragte, ob Seine Majestät ein Neutrum bleiben wolle. Der König fragte, was er damit meine, was für ein Neutrum. Je nnn, das Präsidium, lautete die Antwort Bismarcks. Endlich verstand sich der König, widerstrebend und nicht ohne mehrtägige Verstimmung gegen den Kanzler, zur Einwilligung in den Vorschlag, wenn er den Titel Kaiser von Deutschland annehmen und führen dürfe. Er wurde darauf aufmerksam gemacht, daß dies gegen die Verträge verstoße und den territorialen Besitz ganz Deutschlands bedeuten würde. Er meinte darauf, der Zar nenne sich ja auch Kaiser von Rußland. Bismarck widersprach und sagte, der Titel laute russischer Kaiser. Der König aber blieb bei seiner Ansicht und gab sie erst ans, als er Hofrat Schneider befragt, und dieser Bismarck Recht gegeben hatte. So war der Hergang, und nun überlassen wir den Lesern, zu beurteilen, ob Gefflen der Geschichte und seinem kronprinzlichen Gönner und Freunde den Dienst geleistet hat, den er ihnen angeblich zu leisten bemüht war. Der Geheimmittelschwindel von Otto Gerland in in den letzten Jahren mit besonderer Heftigkeit erörterter Gegenstand ist der Verkehr mit Geheimmitteln und im Anschluß darau der Verkehr mit Arzneimitteln überhaupt durch Unberufene. Auch diese Blätter haben schon eine schätzenswerte Arbeit Ahl- greens darüber gebracht (Jahrgang 1887, Band 2, S. 265). Dn der Kampf in dieser Frage aber immer heftiger entbrannt und allmählich Mes auf ^ Gebiete der Polizeiverordnungeu und der Rechtsprechung über¬ gegangen ist, so lohnt es sich wohl, die Angelegenheit hier nochmals zu er¬ örtern. Man kann sie als ein Seitenstück zu den Kämpfen betrachten, die in¬ folge der Erkenntnis, daß man bei Erlaß der Gewerbeordnung bezüglich des Grundsatzes des Gehenlassens zu weit gegangen sei, zu dem Erlaß der mancherlei in den letzten Jahren ergangenen Gesetze zur Ergänzung und Abänderung der ^ieichsgewerbeordnung geführt haben. Bezüglich des Verkehrs mit Arzneimitteln bestimmte die Reichsgewcrbe- vrdnnng im § «: „Das gegenwärtige Gesetz findet keine Anwendung auf die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204088/359>, abgerufen am 05.05.2024.