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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Hiermit endigt eigentlich die Geschichte vo" Otus Blau und l'ax-t nsttms,
aber der Vollständigkeit wegen will ich doch noch etwas hinzufügen.

Zwei Monate nach der hier erzählten Begebenheit war ich zur Hochzeit
in Östbäck, und nächstes Jahr stand ich auf Krngebjerg Gevatter bei einem
Sohn, der in der Taufe den Namen Heimer Nedsted Blan empfing; ich schlug
vor, daß der Junge gleichzeitig 'I'i'n^>. heißen sollte, aber davon wollte der
Vater doch nichts wissen. Im ganzen hatte es den Anschein, als ob sich das
Interesse für 'Irupg, bedeutend abgekühlt hätte. Dennoch freute es ihn natürlich,
davon zu hören, als der fossile Samen der Hornnnß nach einigen Jahre in ein
paar Sümpfen der Insel Laaland gefunden wurde, und da die Pflanze wirklich
später in einigen südschwedischen Seen wachsend vorkam, so bestärkte ihn dies
in der Hoffnung, daß er auch uoch einen Olufsen finden würde, der eigentlich
ein Blau war und von dem sein Urgroßvater abstammte.

Otus Blau war ein glücklicher Mann -- nur zu glücklich, sagte er selbst,
als ich ihn das letztemal besuchte. Er vergötterte seine Frau, die ihn ihrer¬
seits als Entgelt dafür im Großen wie im Kleinen bewunderte, und er war
unendlich stolz auf seinen Stammhalter. Ich habe Edda gefunden, sagte er,
und einem Sohne das Leben gegeben -- nun habe ich eigentlich nichts mehr
zu thun, wie mir scheint!

Aber eine Mission hatte er doch noch. Der Krieg brach aus. Blan hatte
nie zu denen gehört, die große Worte über Vaterland und Patriotismus machen,
und das that er auch jetzt nicht; aber ich bin überzeugt, daß er sich als eine
Art Vasall betrachtete, dessen Pflicht es sei, sich unter die Fahne zu stellen,
wenn der Lehnsherr waffeutüchtige Mannschaft aufbietet. An einem kalten
Wintermvrgen ritt er von Kragebjerg fort, nachdem er Abschied von Frau und
Kind genommen hatte, wie es sich für einen mannhaften Ritter geziemt, der ins
Feld geht, meldete sich bei seinein alten Regiment und fiel während einer
Rervguoszirnug südlich von Danevirke.




Maßgebliches und Unmaßgebliches
Deutschland in englischen Anschauungen.

Wenn in jüngster Zeit bei
Gelegenheit des deutsch-englischen Abkommens über Afrika von vielen Seiten der
größte Wert ans Englands Freundschaft gelegt wordeu ist, so muß es für uns
wichtig sein, die heute jenseits des Kanals über deutsche Verhältnisse herrschende
Stimmung kennen zu lernen. Diese geht nun Wohl am deutlichsten ans einem
soeben veröffentlichten Artikel der (Znartorl^ Ksvlov, einer der angesehensten eng¬
lischen Monatsschriften, hervor; freilich ist das Ergebnis ganz anders, als die, die


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Hiermit endigt eigentlich die Geschichte vo» Otus Blau und l'ax-t nsttms,
aber der Vollständigkeit wegen will ich doch noch etwas hinzufügen.

Zwei Monate nach der hier erzählten Begebenheit war ich zur Hochzeit
in Östbäck, und nächstes Jahr stand ich auf Krngebjerg Gevatter bei einem
Sohn, der in der Taufe den Namen Heimer Nedsted Blan empfing; ich schlug
vor, daß der Junge gleichzeitig 'I'i'n^>. heißen sollte, aber davon wollte der
Vater doch nichts wissen. Im ganzen hatte es den Anschein, als ob sich das
Interesse für 'Irupg, bedeutend abgekühlt hätte. Dennoch freute es ihn natürlich,
davon zu hören, als der fossile Samen der Hornnnß nach einigen Jahre in ein
paar Sümpfen der Insel Laaland gefunden wurde, und da die Pflanze wirklich
später in einigen südschwedischen Seen wachsend vorkam, so bestärkte ihn dies
in der Hoffnung, daß er auch uoch einen Olufsen finden würde, der eigentlich
ein Blau war und von dem sein Urgroßvater abstammte.

Otus Blau war ein glücklicher Mann — nur zu glücklich, sagte er selbst,
als ich ihn das letztemal besuchte. Er vergötterte seine Frau, die ihn ihrer¬
seits als Entgelt dafür im Großen wie im Kleinen bewunderte, und er war
unendlich stolz auf seinen Stammhalter. Ich habe Edda gefunden, sagte er,
und einem Sohne das Leben gegeben — nun habe ich eigentlich nichts mehr
zu thun, wie mir scheint!

Aber eine Mission hatte er doch noch. Der Krieg brach aus. Blan hatte
nie zu denen gehört, die große Worte über Vaterland und Patriotismus machen,
und das that er auch jetzt nicht; aber ich bin überzeugt, daß er sich als eine
Art Vasall betrachtete, dessen Pflicht es sei, sich unter die Fahne zu stellen,
wenn der Lehnsherr waffeutüchtige Mannschaft aufbietet. An einem kalten
Wintermvrgen ritt er von Kragebjerg fort, nachdem er Abschied von Frau und
Kind genommen hatte, wie es sich für einen mannhaften Ritter geziemt, der ins
Feld geht, meldete sich bei seinein alten Regiment und fiel während einer
Rervguoszirnug südlich von Danevirke.




Maßgebliches und Unmaßgebliches
Deutschland in englischen Anschauungen.

Wenn in jüngster Zeit bei
Gelegenheit des deutsch-englischen Abkommens über Afrika von vielen Seiten der
größte Wert ans Englands Freundschaft gelegt wordeu ist, so muß es für uns
wichtig sein, die heute jenseits des Kanals über deutsche Verhältnisse herrschende
Stimmung kennen zu lernen. Diese geht nun Wohl am deutlichsten ans einem
soeben veröffentlichten Artikel der (Znartorl^ Ksvlov, einer der angesehensten eng¬
lischen Monatsschriften, hervor; freilich ist das Ergebnis ganz anders, als die, die


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[0384] Maßgebliches und Unmaßgebliches Hiermit endigt eigentlich die Geschichte vo» Otus Blau und l'ax-t nsttms, aber der Vollständigkeit wegen will ich doch noch etwas hinzufügen. Zwei Monate nach der hier erzählten Begebenheit war ich zur Hochzeit in Östbäck, und nächstes Jahr stand ich auf Krngebjerg Gevatter bei einem Sohn, der in der Taufe den Namen Heimer Nedsted Blan empfing; ich schlug vor, daß der Junge gleichzeitig 'I'i'n^>. heißen sollte, aber davon wollte der Vater doch nichts wissen. Im ganzen hatte es den Anschein, als ob sich das Interesse für 'Irupg, bedeutend abgekühlt hätte. Dennoch freute es ihn natürlich, davon zu hören, als der fossile Samen der Hornnnß nach einigen Jahre in ein paar Sümpfen der Insel Laaland gefunden wurde, und da die Pflanze wirklich später in einigen südschwedischen Seen wachsend vorkam, so bestärkte ihn dies in der Hoffnung, daß er auch uoch einen Olufsen finden würde, der eigentlich ein Blau war und von dem sein Urgroßvater abstammte. Otus Blau war ein glücklicher Mann — nur zu glücklich, sagte er selbst, als ich ihn das letztemal besuchte. Er vergötterte seine Frau, die ihn ihrer¬ seits als Entgelt dafür im Großen wie im Kleinen bewunderte, und er war unendlich stolz auf seinen Stammhalter. Ich habe Edda gefunden, sagte er, und einem Sohne das Leben gegeben — nun habe ich eigentlich nichts mehr zu thun, wie mir scheint! Aber eine Mission hatte er doch noch. Der Krieg brach aus. Blan hatte nie zu denen gehört, die große Worte über Vaterland und Patriotismus machen, und das that er auch jetzt nicht; aber ich bin überzeugt, daß er sich als eine Art Vasall betrachtete, dessen Pflicht es sei, sich unter die Fahne zu stellen, wenn der Lehnsherr waffeutüchtige Mannschaft aufbietet. An einem kalten Wintermvrgen ritt er von Kragebjerg fort, nachdem er Abschied von Frau und Kind genommen hatte, wie es sich für einen mannhaften Ritter geziemt, der ins Feld geht, meldete sich bei seinein alten Regiment und fiel während einer Rervguoszirnug südlich von Danevirke. Maßgebliches und Unmaßgebliches Deutschland in englischen Anschauungen. Wenn in jüngster Zeit bei Gelegenheit des deutsch-englischen Abkommens über Afrika von vielen Seiten der größte Wert ans Englands Freundschaft gelegt wordeu ist, so muß es für uns wichtig sein, die heute jenseits des Kanals über deutsche Verhältnisse herrschende Stimmung kennen zu lernen. Diese geht nun Wohl am deutlichsten ans einem soeben veröffentlichten Artikel der (Znartorl^ Ksvlov, einer der angesehensten eng¬ lischen Monatsschriften, hervor; freilich ist das Ergebnis ganz anders, als die, die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207936/384>, abgerufen am 27.04.2024.