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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr.

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Litteratur

Auffassung zu Falle kommeu muß. Der alte Name von Klausen ist nämlich posa,
vlusna, vlussnn,,*) und ein Einwohner dieses Ortes konnte nnr als vlÄsoimoiv.,
nicht als Olgssnasro bezeichnet N'erden. So miisseu >vir denn leider zu dem durch¬
bohrenden Gefühle unsrer Untvissenheit zurückkehren und uns damit trösten, daß
uns noch mancher andre gefeierte Minnesänger seine Heimat nicht verrät, daß es
uns z. B. noch nicht gelungen ist, den klassischen Vertreter der höfischen Er-
zählungskunst, Hartmann von Ane, mit Sicherheit einer bestimmten Landschaft zu¬
zuweisen.

Ein Hauptgrund für diese Ratlosigkeit liegt in dem Umstände, daß so viele
unsrer mittelalterlichen Dichter unstete fahrende Gesellen gewesen sind. Ans ihren
Wanderungen haben sie heimische Eigentümlichkeiten abgelegt und oft dafür fremde
nugeuvmmeu. So hat Wolfram von Eschenbach, von dem wir allerdings trotzdem
wissen, daß er bei Ausbund zu Hause war, auf der Wartburg thüringische Be¬
sonderheiten angenommen, und Hans von Bühel, ein Alemanne ans der Nähe von
Rastatt, hat in den Diensten des Erzbischofs von Köln gelernt, fränkische Laute
und Formen einzumischen. Wenn daher Domanig noch einige sprachliche Eigen-
tllinlichkeiten Wnlthers anführt, die angeblich speziell tirolisch sind und gleichfalls
für seine Herkunft aus Tirol zeugen sollen, so kann auch diesen natürlich nicht die
geringste Beweiskraft beigelegt werden.


V. Behaghel


Litteratur
Ans der Negierinigsthätigkeit Friedrichs des Große". Bon Rud. Stndclmnun.
Mit eine": Bildnis Friedrichs'des Großen nach einer Zeichnung von Gottfried Schadow.
Halle a. d. S., O. Hendel, 1890

Eine wichtige Quelle für die Geschichte der Verwaltung Friedrichs sind die
Kabinetsordres und die kurzen schriftlichen Randbemerkungen, die sogenannten
Marginnl-Resolutionen, mit denen der .König die ihm zur Prüfung und Unterschrift
vorgelegten Schriftstücke versah. Schon Preuß hat im zweiten Bande seines
"Urknndenbuches zur Lebensgeschichte Friedrichs des Großen" (18K3) eine Auswahl
von mehr als hundert solchen Verfügungen des Königs gegeben, und einige der
derbsten und witzigsten sind allgemein bekannt. Doch fehlte bisher eine ausführliche
Zusammenstellung und Verarbeitung des reichen Stoffes. Etwas Abschließendes
bietet nun zwar auch Stadelmmm nicht. Sein Buch ist ein Nebenertrag seiner
Arbeiten für die "Publikationen aus deu königl. preuß. Staatsarchiven"; es enthält,
wie der Verfasser selbst bemerkt, überwiegend Fragmente, einzelne Beiträge zur
Charakteristik des Königs und zu der Kenntnis seines Wirkens. Aber trotz
mancher Wicken und Mängel bildet das Buch eine wertvolle Zugabe zu jeder



Ich bin .Herrn Professor von Wieser in Innsbruck für hierauf bezügliche Mitteilungen
zu Danke verpflichtet.
Litteratur

Auffassung zu Falle kommeu muß. Der alte Name von Klausen ist nämlich posa,
vlusna, vlussnn,,*) und ein Einwohner dieses Ortes konnte nnr als vlÄsoimoiv.,
nicht als Olgssnasro bezeichnet N'erden. So miisseu >vir denn leider zu dem durch¬
bohrenden Gefühle unsrer Untvissenheit zurückkehren und uns damit trösten, daß
uns noch mancher andre gefeierte Minnesänger seine Heimat nicht verrät, daß es
uns z. B. noch nicht gelungen ist, den klassischen Vertreter der höfischen Er-
zählungskunst, Hartmann von Ane, mit Sicherheit einer bestimmten Landschaft zu¬
zuweisen.

Ein Hauptgrund für diese Ratlosigkeit liegt in dem Umstände, daß so viele
unsrer mittelalterlichen Dichter unstete fahrende Gesellen gewesen sind. Ans ihren
Wanderungen haben sie heimische Eigentümlichkeiten abgelegt und oft dafür fremde
nugeuvmmeu. So hat Wolfram von Eschenbach, von dem wir allerdings trotzdem
wissen, daß er bei Ausbund zu Hause war, auf der Wartburg thüringische Be¬
sonderheiten angenommen, und Hans von Bühel, ein Alemanne ans der Nähe von
Rastatt, hat in den Diensten des Erzbischofs von Köln gelernt, fränkische Laute
und Formen einzumischen. Wenn daher Domanig noch einige sprachliche Eigen-
tllinlichkeiten Wnlthers anführt, die angeblich speziell tirolisch sind und gleichfalls
für seine Herkunft aus Tirol zeugen sollen, so kann auch diesen natürlich nicht die
geringste Beweiskraft beigelegt werden.


V. Behaghel


Litteratur
Ans der Negierinigsthätigkeit Friedrichs des Große». Bon Rud. Stndclmnun.
Mit eine»: Bildnis Friedrichs'des Großen nach einer Zeichnung von Gottfried Schadow.
Halle a. d. S., O. Hendel, 1890

Eine wichtige Quelle für die Geschichte der Verwaltung Friedrichs sind die
Kabinetsordres und die kurzen schriftlichen Randbemerkungen, die sogenannten
Marginnl-Resolutionen, mit denen der .König die ihm zur Prüfung und Unterschrift
vorgelegten Schriftstücke versah. Schon Preuß hat im zweiten Bande seines
„Urknndenbuches zur Lebensgeschichte Friedrichs des Großen" (18K3) eine Auswahl
von mehr als hundert solchen Verfügungen des Königs gegeben, und einige der
derbsten und witzigsten sind allgemein bekannt. Doch fehlte bisher eine ausführliche
Zusammenstellung und Verarbeitung des reichen Stoffes. Etwas Abschließendes
bietet nun zwar auch Stadelmmm nicht. Sein Buch ist ein Nebenertrag seiner
Arbeiten für die „Publikationen aus deu königl. preuß. Staatsarchiven"; es enthält,
wie der Verfasser selbst bemerkt, überwiegend Fragmente, einzelne Beiträge zur
Charakteristik des Königs und zu der Kenntnis seines Wirkens. Aber trotz
mancher Wicken und Mängel bildet das Buch eine wertvolle Zugabe zu jeder



Ich bin .Herrn Professor von Wieser in Innsbruck für hierauf bezügliche Mitteilungen
zu Danke verpflichtet.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207936/53>, abgerufen am 28.04.2024.