Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite


T>lec Iesuitenpetitionen

" zwei Wählerversamiulungen, die vor kurzem im Köln und
Krefeld abgehalten worden sind, wurde "mit einhelliger Be¬
geisterung" eine Petition um den Reichstag angenommen, worin
dieser gebeten wird, Hand anzulegen, "in das Gesetz vom 4. Juli
t^72 außer Wirksamkeit zu setzen und die Jesuiten wieder ins
Land zu rufen. "Wir erklären uns, sagte der Abgeordnete Fuchs in Köln,
für solidarisch mit dein Jesuitenorden. Es wäre ein Verrat an der katholischen
Sache, wenn wir sie verleugne" wollten; wir sind alle Jesuiten, und nur leben
und sterbe" >"et ih"e" n"d lassen uns totschlagen für die Jesuiten." Die
Versammlung hatte für diese Worte "stürmischen Jubel," und die ultramon-
tanen Zeitungen sprachen die Hoffnung ans, daß sich bald keine Stadt in ganz
Deutschland finden werde, wo nicht eine Kundgebung im Sinne dieser Petition
veranstaltet werden würde; ja es wurde gedroht, daß man die Katholiken, die
die Petition nicht unterschreiben würden, abmale" werde, um sie dem katho¬
lischen Volke keimbar zu zeichnen. Inzwischen sind denn auch dem Beispiele
von Köln und Krefeld andre Städte gefolgt; Dortmund, Mülheim, Düsseldorf,
Elberfeld, Karlsrnye, Ulm haben römisch-katholische Versammlungen in ihren
Mauern gesehen, die alle den Ruf nach den Jesuiten lant und lärmend er¬
hoben habe". Wie man sieht, sind es auch gut protestantische Städte, woraus
der Uns erscholl, oder vielmehr, wohin der Eifer getragen wurde. Denn vom
einem Eifer zu sprechen ist erlaubt gegenüber solchen: Zelvtismns, wie er sich
in den angeführten Worten des Abgeordneten Fuchs kundgiebt. Der zelotische
Eifer ist überall traurig, denn er hat böse Folge". Er läßt, wie Friedrich der
Große sagt, die Menschlichkeit, die erste aller Tugenden, vergessen, und anstatt
eine Wahrheit ans ^.'icht zu bringen, führt er die Dogmen des Verfolgers el".


Grenzboten IV t8!)0 SO


T>lec Iesuitenpetitionen

» zwei Wählerversamiulungen, die vor kurzem im Köln und
Krefeld abgehalten worden sind, wurde „mit einhelliger Be¬
geisterung" eine Petition um den Reichstag angenommen, worin
dieser gebeten wird, Hand anzulegen, »in das Gesetz vom 4. Juli
t^72 außer Wirksamkeit zu setzen und die Jesuiten wieder ins
Land zu rufen. „Wir erklären uns, sagte der Abgeordnete Fuchs in Köln,
für solidarisch mit dein Jesuitenorden. Es wäre ein Verrat an der katholischen
Sache, wenn wir sie verleugne» wollten; wir sind alle Jesuiten, und nur leben
und sterbe» >»et ih»e» n»d lassen uns totschlagen für die Jesuiten." Die
Versammlung hatte für diese Worte „stürmischen Jubel," und die ultramon-
tanen Zeitungen sprachen die Hoffnung ans, daß sich bald keine Stadt in ganz
Deutschland finden werde, wo nicht eine Kundgebung im Sinne dieser Petition
veranstaltet werden würde; ja es wurde gedroht, daß man die Katholiken, die
die Petition nicht unterschreiben würden, abmale» werde, um sie dem katho¬
lischen Volke keimbar zu zeichnen. Inzwischen sind denn auch dem Beispiele
von Köln und Krefeld andre Städte gefolgt; Dortmund, Mülheim, Düsseldorf,
Elberfeld, Karlsrnye, Ulm haben römisch-katholische Versammlungen in ihren
Mauern gesehen, die alle den Ruf nach den Jesuiten lant und lärmend er¬
hoben habe». Wie man sieht, sind es auch gut protestantische Städte, woraus
der Uns erscholl, oder vielmehr, wohin der Eifer getragen wurde. Denn vom
einem Eifer zu sprechen ist erlaubt gegenüber solchen: Zelvtismns, wie er sich
in den angeführten Worten des Abgeordneten Fuchs kundgiebt. Der zelotische
Eifer ist überall traurig, denn er hat böse Folge». Er läßt, wie Friedrich der
Große sagt, die Menschlichkeit, die erste aller Tugenden, vergessen, und anstatt
eine Wahrheit ans ^.'icht zu bringen, führt er die Dogmen des Verfolgers el».


Grenzboten IV t8!)0 SO
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0401" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/208980"/>
            <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341851_208578/figures/grenzboten_341851_208578_208980_000.jpg"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> T&gt;lec Iesuitenpetitionen</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1173" next="#ID_1174"> » zwei Wählerversamiulungen, die vor kurzem im Köln und<lb/>
Krefeld abgehalten worden sind, wurde &#x201E;mit einhelliger Be¬<lb/>
geisterung" eine Petition um den Reichstag angenommen, worin<lb/>
dieser gebeten wird, Hand anzulegen, »in das Gesetz vom 4. Juli<lb/>
t^72 außer Wirksamkeit zu setzen und die Jesuiten wieder ins<lb/>
Land zu rufen. &#x201E;Wir erklären uns, sagte der Abgeordnete Fuchs in Köln,<lb/>
für solidarisch mit dein Jesuitenorden. Es wäre ein Verrat an der katholischen<lb/>
Sache, wenn wir sie verleugne» wollten; wir sind alle Jesuiten, und nur leben<lb/>
und sterbe» &gt;»et ih»e» n»d lassen uns totschlagen für die Jesuiten." Die<lb/>
Versammlung hatte für diese Worte &#x201E;stürmischen Jubel," und die ultramon-<lb/>
tanen Zeitungen sprachen die Hoffnung ans, daß sich bald keine Stadt in ganz<lb/>
Deutschland finden werde, wo nicht eine Kundgebung im Sinne dieser Petition<lb/>
veranstaltet werden würde; ja es wurde gedroht, daß man die Katholiken, die<lb/>
die Petition nicht unterschreiben würden, abmale» werde, um sie dem katho¬<lb/>
lischen Volke keimbar zu zeichnen. Inzwischen sind denn auch dem Beispiele<lb/>
von Köln und Krefeld andre Städte gefolgt; Dortmund, Mülheim, Düsseldorf,<lb/>
Elberfeld, Karlsrnye, Ulm haben römisch-katholische Versammlungen in ihren<lb/>
Mauern gesehen, die alle den Ruf nach den Jesuiten lant und lärmend er¬<lb/>
hoben habe». Wie man sieht, sind es auch gut protestantische Städte, woraus<lb/>
der Uns erscholl, oder vielmehr, wohin der Eifer getragen wurde. Denn vom<lb/>
einem Eifer zu sprechen ist erlaubt gegenüber solchen: Zelvtismns, wie er sich<lb/>
in den angeführten Worten des Abgeordneten Fuchs kundgiebt. Der zelotische<lb/>
Eifer ist überall traurig, denn er hat böse Folge». Er läßt, wie Friedrich der<lb/>
Große sagt, die Menschlichkeit, die erste aller Tugenden, vergessen, und anstatt<lb/>
eine Wahrheit ans ^.'icht zu bringen, führt er die Dogmen des Verfolgers el».</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten IV t8!)0 SO</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0401] [Abbildung] T>lec Iesuitenpetitionen » zwei Wählerversamiulungen, die vor kurzem im Köln und Krefeld abgehalten worden sind, wurde „mit einhelliger Be¬ geisterung" eine Petition um den Reichstag angenommen, worin dieser gebeten wird, Hand anzulegen, »in das Gesetz vom 4. Juli t^72 außer Wirksamkeit zu setzen und die Jesuiten wieder ins Land zu rufen. „Wir erklären uns, sagte der Abgeordnete Fuchs in Köln, für solidarisch mit dein Jesuitenorden. Es wäre ein Verrat an der katholischen Sache, wenn wir sie verleugne» wollten; wir sind alle Jesuiten, und nur leben und sterbe» >»et ih»e» n»d lassen uns totschlagen für die Jesuiten." Die Versammlung hatte für diese Worte „stürmischen Jubel," und die ultramon- tanen Zeitungen sprachen die Hoffnung ans, daß sich bald keine Stadt in ganz Deutschland finden werde, wo nicht eine Kundgebung im Sinne dieser Petition veranstaltet werden würde; ja es wurde gedroht, daß man die Katholiken, die die Petition nicht unterschreiben würden, abmale» werde, um sie dem katho¬ lischen Volke keimbar zu zeichnen. Inzwischen sind denn auch dem Beispiele von Köln und Krefeld andre Städte gefolgt; Dortmund, Mülheim, Düsseldorf, Elberfeld, Karlsrnye, Ulm haben römisch-katholische Versammlungen in ihren Mauern gesehen, die alle den Ruf nach den Jesuiten lant und lärmend er¬ hoben habe». Wie man sieht, sind es auch gut protestantische Städte, woraus der Uns erscholl, oder vielmehr, wohin der Eifer getragen wurde. Denn vom einem Eifer zu sprechen ist erlaubt gegenüber solchen: Zelvtismns, wie er sich in den angeführten Worten des Abgeordneten Fuchs kundgiebt. Der zelotische Eifer ist überall traurig, denn er hat böse Folge». Er läßt, wie Friedrich der Große sagt, die Menschlichkeit, die erste aller Tugenden, vergessen, und anstatt eine Wahrheit ans ^.'icht zu bringen, führt er die Dogmen des Verfolgers el». Grenzboten IV t8!)0 SO

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/401
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/401>, abgerufen am 27.04.2024.