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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

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Julius ötinde

die Aufwendungen, die durch den Aufenthalt der Kinder im Pflegehause ver¬
anlaßt sind, die Kosten für die im Pflegehanse wohnenden Ammen und für
das Wickelzeng. Alles übrige gehört zu den äußern Auslagen. Die Haupt¬
summe aller Kohle" tragen wieder die Bezirke. Sie erhalten nach gesetzlicher
Vorschrift vom Staate einen Zuschuß, der einem Fünftel der innern Auslagen
gleichkommt. Außerdem haben auch hier die Gemeinden einen Beitrag zu
leisten, der alljährlich vom Bezirkstage festgestellt wird, aber den fünften Teil
der äußern Auslagen nicht überschreiten darf.

Neben diesen obligatorischen Ausgaben gewähren die Bezirke vielfach an
Witwen, Witwer, eheverlasfene Frauen zeitweise Unterstützungen, die haupt¬
sächlich das Verlassen der Kinder durch den einen Elternteil verhüten sollen.
An diesen Unterstützungen beteiligen sich die Gemeinden gar nicht. Endlich
darf nicht unerwähnt bleiben, daß nach einem Gesetze vom 18. Juli 1890 auch
für die geistig oder leiblich verwahrlosten Kinder die öffentliche Fürsorge in¬
sofern eintritt, als sie unter gewissen Voraussetzungen ihren Eltern entzogen
und in eine Erziehungsanstalt untergebracht werden können.

Die beiden Fälle der obligatorischen Armenpflege sind die Lichtseiten des
gesamten elsaß-lothringischen Nnterstützungswesens. Auch die fakultative Au-
staltspslege leistet da, wo sie eintritt, Hervorragendes, sie leidet aber an dem
natürlichen Mangel, der mit jeder fakultativen Leistung verknüpft ist, der
Ungleichmäßigkeit, die sich aus der Gesetzgebung und der Verschiedenartigkeit
der Mittel ergiebt, die den einzelnen Anstalten zur Verfügung stehen. Diese
Mängel machen sich in verstärktem Maße bei der offenen Armenpflege fühlbar,
deren Reformbedürftig^ wohl allgemein anerkannt wird. Da sich eine etwaige
Reform aber in der Richtung des gemeinen deutschen Rechtes wird bewegen
müssen, so muß mit Recht in Elsaß-Lothringen abgewartet werden, bis die
gegen das deutsche Unterstützungswohnsitzgesetz gerichteten Reformbestrebungen
zu einer Neuregelung des Unterstützungswesens im Reiche führen.




Julius 5>linde

den neues Buch aus der Feder des volkstümlichen Schilderers
Hamburger und Berliner Kleinbürgerlebens, ein Buch das seine
Bestimmung, gelesen und gekauft zu werden, erfüllen wird, wen"
I auch nicht in demselben Maße wie die weitverbreiteten Buchholz-
iigeschichten des Verfassers, ist Pienchens Brautfahrt, eine
Geschichte mit wenig Handlung und viel Beiwerk (Berlin, Verlag von
Freund und Jeckel, 1891). Ein Absatz, wie ihn die Bnchhvlzgeschichten im/ " ^


Grenzboten IV tM" 65
Julius ötinde

die Aufwendungen, die durch den Aufenthalt der Kinder im Pflegehause ver¬
anlaßt sind, die Kosten für die im Pflegehanse wohnenden Ammen und für
das Wickelzeng. Alles übrige gehört zu den äußern Auslagen. Die Haupt¬
summe aller Kohle» tragen wieder die Bezirke. Sie erhalten nach gesetzlicher
Vorschrift vom Staate einen Zuschuß, der einem Fünftel der innern Auslagen
gleichkommt. Außerdem haben auch hier die Gemeinden einen Beitrag zu
leisten, der alljährlich vom Bezirkstage festgestellt wird, aber den fünften Teil
der äußern Auslagen nicht überschreiten darf.

Neben diesen obligatorischen Ausgaben gewähren die Bezirke vielfach an
Witwen, Witwer, eheverlasfene Frauen zeitweise Unterstützungen, die haupt¬
sächlich das Verlassen der Kinder durch den einen Elternteil verhüten sollen.
An diesen Unterstützungen beteiligen sich die Gemeinden gar nicht. Endlich
darf nicht unerwähnt bleiben, daß nach einem Gesetze vom 18. Juli 1890 auch
für die geistig oder leiblich verwahrlosten Kinder die öffentliche Fürsorge in¬
sofern eintritt, als sie unter gewissen Voraussetzungen ihren Eltern entzogen
und in eine Erziehungsanstalt untergebracht werden können.

Die beiden Fälle der obligatorischen Armenpflege sind die Lichtseiten des
gesamten elsaß-lothringischen Nnterstützungswesens. Auch die fakultative Au-
staltspslege leistet da, wo sie eintritt, Hervorragendes, sie leidet aber an dem
natürlichen Mangel, der mit jeder fakultativen Leistung verknüpft ist, der
Ungleichmäßigkeit, die sich aus der Gesetzgebung und der Verschiedenartigkeit
der Mittel ergiebt, die den einzelnen Anstalten zur Verfügung stehen. Diese
Mängel machen sich in verstärktem Maße bei der offenen Armenpflege fühlbar,
deren Reformbedürftig^ wohl allgemein anerkannt wird. Da sich eine etwaige
Reform aber in der Richtung des gemeinen deutschen Rechtes wird bewegen
müssen, so muß mit Recht in Elsaß-Lothringen abgewartet werden, bis die
gegen das deutsche Unterstützungswohnsitzgesetz gerichteten Reformbestrebungen
zu einer Neuregelung des Unterstützungswesens im Reiche führen.




Julius 5>linde

den neues Buch aus der Feder des volkstümlichen Schilderers
Hamburger und Berliner Kleinbürgerlebens, ein Buch das seine
Bestimmung, gelesen und gekauft zu werden, erfüllen wird, wen»
I auch nicht in demselben Maße wie die weitverbreiteten Buchholz-
iigeschichten des Verfassers, ist Pienchens Brautfahrt, eine
Geschichte mit wenig Handlung und viel Beiwerk (Berlin, Verlag von
Freund und Jeckel, 1891). Ein Absatz, wie ihn die Bnchhvlzgeschichten im/ » ^


Grenzboten IV tM» 65
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[0521] Julius ötinde die Aufwendungen, die durch den Aufenthalt der Kinder im Pflegehause ver¬ anlaßt sind, die Kosten für die im Pflegehanse wohnenden Ammen und für das Wickelzeng. Alles übrige gehört zu den äußern Auslagen. Die Haupt¬ summe aller Kohle» tragen wieder die Bezirke. Sie erhalten nach gesetzlicher Vorschrift vom Staate einen Zuschuß, der einem Fünftel der innern Auslagen gleichkommt. Außerdem haben auch hier die Gemeinden einen Beitrag zu leisten, der alljährlich vom Bezirkstage festgestellt wird, aber den fünften Teil der äußern Auslagen nicht überschreiten darf. Neben diesen obligatorischen Ausgaben gewähren die Bezirke vielfach an Witwen, Witwer, eheverlasfene Frauen zeitweise Unterstützungen, die haupt¬ sächlich das Verlassen der Kinder durch den einen Elternteil verhüten sollen. An diesen Unterstützungen beteiligen sich die Gemeinden gar nicht. Endlich darf nicht unerwähnt bleiben, daß nach einem Gesetze vom 18. Juli 1890 auch für die geistig oder leiblich verwahrlosten Kinder die öffentliche Fürsorge in¬ sofern eintritt, als sie unter gewissen Voraussetzungen ihren Eltern entzogen und in eine Erziehungsanstalt untergebracht werden können. Die beiden Fälle der obligatorischen Armenpflege sind die Lichtseiten des gesamten elsaß-lothringischen Nnterstützungswesens. Auch die fakultative Au- staltspslege leistet da, wo sie eintritt, Hervorragendes, sie leidet aber an dem natürlichen Mangel, der mit jeder fakultativen Leistung verknüpft ist, der Ungleichmäßigkeit, die sich aus der Gesetzgebung und der Verschiedenartigkeit der Mittel ergiebt, die den einzelnen Anstalten zur Verfügung stehen. Diese Mängel machen sich in verstärktem Maße bei der offenen Armenpflege fühlbar, deren Reformbedürftig^ wohl allgemein anerkannt wird. Da sich eine etwaige Reform aber in der Richtung des gemeinen deutschen Rechtes wird bewegen müssen, so muß mit Recht in Elsaß-Lothringen abgewartet werden, bis die gegen das deutsche Unterstützungswohnsitzgesetz gerichteten Reformbestrebungen zu einer Neuregelung des Unterstützungswesens im Reiche führen. Julius 5>linde den neues Buch aus der Feder des volkstümlichen Schilderers Hamburger und Berliner Kleinbürgerlebens, ein Buch das seine Bestimmung, gelesen und gekauft zu werden, erfüllen wird, wen» I auch nicht in demselben Maße wie die weitverbreiteten Buchholz- iigeschichten des Verfassers, ist Pienchens Brautfahrt, eine Geschichte mit wenig Handlung und viel Beiwerk (Berlin, Verlag von Freund und Jeckel, 1891). Ein Absatz, wie ihn die Bnchhvlzgeschichten im/ » ^ Grenzboten IV tM» 65

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/521>, abgerufen am 27.04.2024.