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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

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Billige Wohnungen

ordnung die Lage der Arbeiter möglichst zu verbessern, so halten wir es doch
für eine noch viel schwerer wiegende Pflicht des Staates, mit allen zu Gebote
stehenden Mitteln der Ausbreitung der Sozialdemokratie entgegenzutreten. Es
ist ja möglich, daß diese Mittel doch nicht ausreichen und daß schließlich die
Welt dem sozialistischen Chaos verfällt. Dann hätte man aber doch wenigstens
seine Pflicht gethan. Daß man aber gelassen zusieht, wie dieses Chaos sich
wachsend vorbereitet, und daß mau nur auf die Macht pocht, die zur Zeit
dessen Hereinbruch hindert, das halten wir für keine glückliche Wahl.




Villige Wohnungen
O Traugott Trun? on

le Stadt Weimar erfreut sich liberall eines klangreichen Rufes,
und zwar nicht bloß weil sie als die einstige Wirkungsstätte
unsrer größten Dichter geehrt wird, sondern auch weil sie in
dem regierenden Landesherrn einen für alles Edle und Schöne
begeisterten Mäcen gefunden hat, dein es gelungen ist, seinem
geliebten Weimar eine führende Stelle ans dein Gebiete der Künste zu erringen.
Selten dagegen ist von Weimar auf sozialem Gebiete die Rede, und doch ge¬
bührt dein alten Musensitz auch in dieser Beziehung ein Ehrenplatz vor manchen
andern Städten. Ich will hier nicht reden von den mannichfachen, planmäßig
in einander eingreifenden und zum Segen weiter Kreise wirkenden Wohlthätig-
keitsanstalten, für die insbesondre die wegen ihrer opferfreudigen Barmherzigkeit
in allen Bevölkernngsklassen innig verehrte Großherzogin Sophie die wärmste
Teilnahme bekundet, sondern von einem Unternehmen neuesten Datums, durch
das für die Stadt Weimar die Lösung einer brennenden Zeitfrage erfolgreich
in Angriff genommen worden ist. Obwohl sich dieses Unternehmen, den Ver¬
hältnissei? einer mittlern Stadt angemessen, nur in engem Rahmen bewegt und
bewegen kann, so dürfte es doch für viele Städte in der Nähe und Ferne von
praktischem Interesse sein, zu erfahren, wie man eine schwierige und wichtige
Humanitätsaufgabe gelöst hat. Es ist von ganzem Herzen zu wünschen und
zu hoffen, daß das gegebene Beispiel anch anderwärts anregend wirken möge.

Die Vorstandsmitglieder des im Dienste freiwilliger Armenpflege stehenden
"Prüizessinnen Marie-Elisabeth-Vereins in Weimar," die seit einer Reihe von
Jahren eifrig und erfolgreich bemüht sind, in Fällen außerordentlicher Familien-


Billige Wohnungen

ordnung die Lage der Arbeiter möglichst zu verbessern, so halten wir es doch
für eine noch viel schwerer wiegende Pflicht des Staates, mit allen zu Gebote
stehenden Mitteln der Ausbreitung der Sozialdemokratie entgegenzutreten. Es
ist ja möglich, daß diese Mittel doch nicht ausreichen und daß schließlich die
Welt dem sozialistischen Chaos verfällt. Dann hätte man aber doch wenigstens
seine Pflicht gethan. Daß man aber gelassen zusieht, wie dieses Chaos sich
wachsend vorbereitet, und daß mau nur auf die Macht pocht, die zur Zeit
dessen Hereinbruch hindert, das halten wir für keine glückliche Wahl.




Villige Wohnungen
O Traugott Trun? on

le Stadt Weimar erfreut sich liberall eines klangreichen Rufes,
und zwar nicht bloß weil sie als die einstige Wirkungsstätte
unsrer größten Dichter geehrt wird, sondern auch weil sie in
dem regierenden Landesherrn einen für alles Edle und Schöne
begeisterten Mäcen gefunden hat, dein es gelungen ist, seinem
geliebten Weimar eine führende Stelle ans dein Gebiete der Künste zu erringen.
Selten dagegen ist von Weimar auf sozialem Gebiete die Rede, und doch ge¬
bührt dein alten Musensitz auch in dieser Beziehung ein Ehrenplatz vor manchen
andern Städten. Ich will hier nicht reden von den mannichfachen, planmäßig
in einander eingreifenden und zum Segen weiter Kreise wirkenden Wohlthätig-
keitsanstalten, für die insbesondre die wegen ihrer opferfreudigen Barmherzigkeit
in allen Bevölkernngsklassen innig verehrte Großherzogin Sophie die wärmste
Teilnahme bekundet, sondern von einem Unternehmen neuesten Datums, durch
das für die Stadt Weimar die Lösung einer brennenden Zeitfrage erfolgreich
in Angriff genommen worden ist. Obwohl sich dieses Unternehmen, den Ver¬
hältnissei? einer mittlern Stadt angemessen, nur in engem Rahmen bewegt und
bewegen kann, so dürfte es doch für viele Städte in der Nähe und Ferne von
praktischem Interesse sein, zu erfahren, wie man eine schwierige und wichtige
Humanitätsaufgabe gelöst hat. Es ist von ganzem Herzen zu wünschen und
zu hoffen, daß das gegebene Beispiel anch anderwärts anregend wirken möge.

Die Vorstandsmitglieder des im Dienste freiwilliger Armenpflege stehenden
„Prüizessinnen Marie-Elisabeth-Vereins in Weimar," die seit einer Reihe von
Jahren eifrig und erfolgreich bemüht sind, in Fällen außerordentlicher Familien-


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[0060] Billige Wohnungen ordnung die Lage der Arbeiter möglichst zu verbessern, so halten wir es doch für eine noch viel schwerer wiegende Pflicht des Staates, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln der Ausbreitung der Sozialdemokratie entgegenzutreten. Es ist ja möglich, daß diese Mittel doch nicht ausreichen und daß schließlich die Welt dem sozialistischen Chaos verfällt. Dann hätte man aber doch wenigstens seine Pflicht gethan. Daß man aber gelassen zusieht, wie dieses Chaos sich wachsend vorbereitet, und daß mau nur auf die Macht pocht, die zur Zeit dessen Hereinbruch hindert, das halten wir für keine glückliche Wahl. Villige Wohnungen O Traugott Trun? on le Stadt Weimar erfreut sich liberall eines klangreichen Rufes, und zwar nicht bloß weil sie als die einstige Wirkungsstätte unsrer größten Dichter geehrt wird, sondern auch weil sie in dem regierenden Landesherrn einen für alles Edle und Schöne begeisterten Mäcen gefunden hat, dein es gelungen ist, seinem geliebten Weimar eine führende Stelle ans dein Gebiete der Künste zu erringen. Selten dagegen ist von Weimar auf sozialem Gebiete die Rede, und doch ge¬ bührt dein alten Musensitz auch in dieser Beziehung ein Ehrenplatz vor manchen andern Städten. Ich will hier nicht reden von den mannichfachen, planmäßig in einander eingreifenden und zum Segen weiter Kreise wirkenden Wohlthätig- keitsanstalten, für die insbesondre die wegen ihrer opferfreudigen Barmherzigkeit in allen Bevölkernngsklassen innig verehrte Großherzogin Sophie die wärmste Teilnahme bekundet, sondern von einem Unternehmen neuesten Datums, durch das für die Stadt Weimar die Lösung einer brennenden Zeitfrage erfolgreich in Angriff genommen worden ist. Obwohl sich dieses Unternehmen, den Ver¬ hältnissei? einer mittlern Stadt angemessen, nur in engem Rahmen bewegt und bewegen kann, so dürfte es doch für viele Städte in der Nähe und Ferne von praktischem Interesse sein, zu erfahren, wie man eine schwierige und wichtige Humanitätsaufgabe gelöst hat. Es ist von ganzem Herzen zu wünschen und zu hoffen, daß das gegebene Beispiel anch anderwärts anregend wirken möge. Die Vorstandsmitglieder des im Dienste freiwilliger Armenpflege stehenden „Prüizessinnen Marie-Elisabeth-Vereins in Weimar," die seit einer Reihe von Jahren eifrig und erfolgreich bemüht sind, in Fällen außerordentlicher Familien-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/60>, abgerufen am 28.04.2024.