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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

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Woher, wohin?

in Mann wie Schmoller braucht die Zusammenfassung seiner
in verschiednen Zeitschriften zerstreuten Abhandlungen zu einem
Buche nicht durch besondre Umstände zu rechtfertigen. Doch
wird jedermann das Gewicht der Erwägung anerkennen, die ihn
bestimmte, das deutsche Volk gerade jetzt mit dem vorliegenden
Bande (Zur Sozial- und Gewerbepolitik der Gegenwart. Reden und
Aufsätze von Gustav Schmoller. Leipzig, Duncker und Humblot, 1890)
zu beschenken. "Die Erfahrung mit dem Büchlein, das ich vor zwei Jahren
"Zur Litteraturgeschichte der Staats- und Sozialwissenschaften" veröffentlichte
-- sagt er in der Vorrede --, hatte mir gezeigt, wie die jüngere Generation
eigentlich nur durch solche Zusammenfassung einen Autor, der gewöhnt ist,
mancherlei zerstreut da- und dorthin zu schreiben, kennen lernt, wie die Wirkung
gewisser Gedankenreihen auf weitere Kreise dadurch ganz erheblich gesteigert
werden kann. Und auf letzteres kommt es mir hier hauptsächlich an. Was
ich von 1872 bis 1890 in den vorliegenden Arbeiten niedergelegt, hat seinen
Wert nicht in meiner Persönlichkeit, sondern, wie ich hoffe, darin, daß sie eine
Anzahl Gedanken und Ziele einheitlich zusammenfassen, welche als das Ergebnis
unsrer historischen deutscheu Staatseutwickluug überhaupt und ebenso als eine
notwendige Folge der Art gelten dürfen, wie die Geisteswissenschaften, speziell
die Staatswissenschaften, sich bei uns ausgebildet und auf das praktische Leben
zurück gewirkt haben. Es sind Gedanken, welche in steigendem Maße seit fünf¬
undzwanzig Jahren sich Einfluß und Anerkennung errungen haben, von einem
erheblichen Kreise deutscher Nationalökonomen, Politiker und Staatsmänner
heute bereits geteilt werden. Und im jetzigen Moment, da wir am Abschluß
einer gewissen Epoche unsrer Sozialpolitik stehen, ist es wohl der Mühe wert,


Grenzboten IV 1890 1


Woher, wohin?

in Mann wie Schmoller braucht die Zusammenfassung seiner
in verschiednen Zeitschriften zerstreuten Abhandlungen zu einem
Buche nicht durch besondre Umstände zu rechtfertigen. Doch
wird jedermann das Gewicht der Erwägung anerkennen, die ihn
bestimmte, das deutsche Volk gerade jetzt mit dem vorliegenden
Bande (Zur Sozial- und Gewerbepolitik der Gegenwart. Reden und
Aufsätze von Gustav Schmoller. Leipzig, Duncker und Humblot, 1890)
zu beschenken. „Die Erfahrung mit dem Büchlein, das ich vor zwei Jahren
»Zur Litteraturgeschichte der Staats- und Sozialwissenschaften« veröffentlichte
— sagt er in der Vorrede —, hatte mir gezeigt, wie die jüngere Generation
eigentlich nur durch solche Zusammenfassung einen Autor, der gewöhnt ist,
mancherlei zerstreut da- und dorthin zu schreiben, kennen lernt, wie die Wirkung
gewisser Gedankenreihen auf weitere Kreise dadurch ganz erheblich gesteigert
werden kann. Und auf letzteres kommt es mir hier hauptsächlich an. Was
ich von 1872 bis 1890 in den vorliegenden Arbeiten niedergelegt, hat seinen
Wert nicht in meiner Persönlichkeit, sondern, wie ich hoffe, darin, daß sie eine
Anzahl Gedanken und Ziele einheitlich zusammenfassen, welche als das Ergebnis
unsrer historischen deutscheu Staatseutwickluug überhaupt und ebenso als eine
notwendige Folge der Art gelten dürfen, wie die Geisteswissenschaften, speziell
die Staatswissenschaften, sich bei uns ausgebildet und auf das praktische Leben
zurück gewirkt haben. Es sind Gedanken, welche in steigendem Maße seit fünf¬
undzwanzig Jahren sich Einfluß und Anerkennung errungen haben, von einem
erheblichen Kreise deutscher Nationalökonomen, Politiker und Staatsmänner
heute bereits geteilt werden. Und im jetzigen Moment, da wir am Abschluß
einer gewissen Epoche unsrer Sozialpolitik stehen, ist es wohl der Mühe wert,


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[0009] [Abbildung] Woher, wohin? in Mann wie Schmoller braucht die Zusammenfassung seiner in verschiednen Zeitschriften zerstreuten Abhandlungen zu einem Buche nicht durch besondre Umstände zu rechtfertigen. Doch wird jedermann das Gewicht der Erwägung anerkennen, die ihn bestimmte, das deutsche Volk gerade jetzt mit dem vorliegenden Bande (Zur Sozial- und Gewerbepolitik der Gegenwart. Reden und Aufsätze von Gustav Schmoller. Leipzig, Duncker und Humblot, 1890) zu beschenken. „Die Erfahrung mit dem Büchlein, das ich vor zwei Jahren »Zur Litteraturgeschichte der Staats- und Sozialwissenschaften« veröffentlichte — sagt er in der Vorrede —, hatte mir gezeigt, wie die jüngere Generation eigentlich nur durch solche Zusammenfassung einen Autor, der gewöhnt ist, mancherlei zerstreut da- und dorthin zu schreiben, kennen lernt, wie die Wirkung gewisser Gedankenreihen auf weitere Kreise dadurch ganz erheblich gesteigert werden kann. Und auf letzteres kommt es mir hier hauptsächlich an. Was ich von 1872 bis 1890 in den vorliegenden Arbeiten niedergelegt, hat seinen Wert nicht in meiner Persönlichkeit, sondern, wie ich hoffe, darin, daß sie eine Anzahl Gedanken und Ziele einheitlich zusammenfassen, welche als das Ergebnis unsrer historischen deutscheu Staatseutwickluug überhaupt und ebenso als eine notwendige Folge der Art gelten dürfen, wie die Geisteswissenschaften, speziell die Staatswissenschaften, sich bei uns ausgebildet und auf das praktische Leben zurück gewirkt haben. Es sind Gedanken, welche in steigendem Maße seit fünf¬ undzwanzig Jahren sich Einfluß und Anerkennung errungen haben, von einem erheblichen Kreise deutscher Nationalökonomen, Politiker und Staatsmänner heute bereits geteilt werden. Und im jetzigen Moment, da wir am Abschluß einer gewissen Epoche unsrer Sozialpolitik stehen, ist es wohl der Mühe wert, Grenzboten IV 1890 1

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/9>, abgerufen am 28.04.2024.