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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.

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Unsre Bureaukraten
Von einem Biireankraten

l
e vom Bureau aus herrschenden, die Gewaltigen der Schreibstube,
die vom grünen Tisch herab regierenden, oder wie man sonst
Bürennkraten übersetzen oder umschreiben will, haben sich niemals
besondern Wohlwollens zu erfreuen gehabt. Vielleicht giebt
man zu, daß sie als getreue Diener eines aufgeklärten, seiner
Zeit voraneilender Herrschers einst Gutes gewirkt haben. Heute verstehen wir
das selber besser. Dagegen ist man gern bereit, jeden Mißstand des öffent¬
lichen Lebens den Bureaukraten in die Schuhe zu schieben, und mancher käme
in Verlegenheit, wenn er diese bequemen Sündenböcke nicht immer zur Hand hätte.
Dabei bedeutet Bureaukraten stets soviel wie Juristen. Entfernt die Juristen
aus den leitenden Stellen in den Oberbehörden, setzt Sachverständige, Volks¬
wirte. Techniker, Schulfachmänuer u. s. w. an ihren Platz, und es wird mit
einem Schlage besser werden! Als wenn z. B. in der Schulsrcige, die wohl
als Muster eines gründlich verfahrenen Karrens gelten kann, die Schnlfach-
münner, auch Schulbüreaukraten genannt, nicht schon recht lange und namentlich
seit der Zeit der Regulative ziemlich unter sich gewesen wären. Und hat denn
unter deu vielen erlösenden Worten, die von großen und kleinen Schnl-
antoritäten, das Schauspiel des vLllum, mruüuru voudra, onrrres bietend,
jetzt gesprochen wurden sind, auch nur eines die wirkliche Lösung bringen
wollen? So sind erst kürzlich im preußischen Herrenhause die Wassertechniker
in einer Weise des Bürokratismus beschuldigt worden, daß sie uns viel¬
geschmähten juristischen Bureaukraten vom Fach aufrichtig leid thun konnten.

Nun ist eins gewiß. Eine so allgemeine Abneigung gegen die Bureau-
kraten kaun nicht ohne alle Schuld der dnvvu betroffenen entstanden sein.


GrmzbMii II 1891 l.l


Unsre Bureaukraten
Von einem Biireankraten

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e vom Bureau aus herrschenden, die Gewaltigen der Schreibstube,
die vom grünen Tisch herab regierenden, oder wie man sonst
Bürennkraten übersetzen oder umschreiben will, haben sich niemals
besondern Wohlwollens zu erfreuen gehabt. Vielleicht giebt
man zu, daß sie als getreue Diener eines aufgeklärten, seiner
Zeit voraneilender Herrschers einst Gutes gewirkt haben. Heute verstehen wir
das selber besser. Dagegen ist man gern bereit, jeden Mißstand des öffent¬
lichen Lebens den Bureaukraten in die Schuhe zu schieben, und mancher käme
in Verlegenheit, wenn er diese bequemen Sündenböcke nicht immer zur Hand hätte.
Dabei bedeutet Bureaukraten stets soviel wie Juristen. Entfernt die Juristen
aus den leitenden Stellen in den Oberbehörden, setzt Sachverständige, Volks¬
wirte. Techniker, Schulfachmänuer u. s. w. an ihren Platz, und es wird mit
einem Schlage besser werden! Als wenn z. B. in der Schulsrcige, die wohl
als Muster eines gründlich verfahrenen Karrens gelten kann, die Schnlfach-
münner, auch Schulbüreaukraten genannt, nicht schon recht lange und namentlich
seit der Zeit der Regulative ziemlich unter sich gewesen wären. Und hat denn
unter deu vielen erlösenden Worten, die von großen und kleinen Schnl-
antoritäten, das Schauspiel des vLllum, mruüuru voudra, onrrres bietend,
jetzt gesprochen wurden sind, auch nur eines die wirkliche Lösung bringen
wollen? So sind erst kürzlich im preußischen Herrenhause die Wassertechniker
in einer Weise des Bürokratismus beschuldigt worden, daß sie uns viel¬
geschmähten juristischen Bureaukraten vom Fach aufrichtig leid thun konnten.

Nun ist eins gewiß. Eine so allgemeine Abneigung gegen die Bureau-
kraten kaun nicht ohne alle Schuld der dnvvu betroffenen entstanden sein.


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[0405] [Abbildung] Unsre Bureaukraten Von einem Biireankraten l e vom Bureau aus herrschenden, die Gewaltigen der Schreibstube, die vom grünen Tisch herab regierenden, oder wie man sonst Bürennkraten übersetzen oder umschreiben will, haben sich niemals besondern Wohlwollens zu erfreuen gehabt. Vielleicht giebt man zu, daß sie als getreue Diener eines aufgeklärten, seiner Zeit voraneilender Herrschers einst Gutes gewirkt haben. Heute verstehen wir das selber besser. Dagegen ist man gern bereit, jeden Mißstand des öffent¬ lichen Lebens den Bureaukraten in die Schuhe zu schieben, und mancher käme in Verlegenheit, wenn er diese bequemen Sündenböcke nicht immer zur Hand hätte. Dabei bedeutet Bureaukraten stets soviel wie Juristen. Entfernt die Juristen aus den leitenden Stellen in den Oberbehörden, setzt Sachverständige, Volks¬ wirte. Techniker, Schulfachmänuer u. s. w. an ihren Platz, und es wird mit einem Schlage besser werden! Als wenn z. B. in der Schulsrcige, die wohl als Muster eines gründlich verfahrenen Karrens gelten kann, die Schnlfach- münner, auch Schulbüreaukraten genannt, nicht schon recht lange und namentlich seit der Zeit der Regulative ziemlich unter sich gewesen wären. Und hat denn unter deu vielen erlösenden Worten, die von großen und kleinen Schnl- antoritäten, das Schauspiel des vLllum, mruüuru voudra, onrrres bietend, jetzt gesprochen wurden sind, auch nur eines die wirkliche Lösung bringen wollen? So sind erst kürzlich im preußischen Herrenhause die Wassertechniker in einer Weise des Bürokratismus beschuldigt worden, daß sie uns viel¬ geschmähten juristischen Bureaukraten vom Fach aufrichtig leid thun konnten. Nun ist eins gewiß. Eine so allgemeine Abneigung gegen die Bureau- kraten kaun nicht ohne alle Schuld der dnvvu betroffenen entstanden sein. GrmzbMii II 1891 l.l

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866/405>, abgerufen am 03.05.2024.