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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.

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Die Lage Deutschlands in Afrika

Gewerken träten, die sie in ihren guten Leistungen ersetzen könnten, denn weder
Polen noch Rußland hat einen Mittelstand; Russen würden much weder frei¬
willig einwandern, noch hier festzuhalten sein. Das einzige Element, das die
Juden schnell ersetzen könnte, wären die Deutschen, und gegen diese wurde sich
Rußland sträuben.

Bleibt es dabei, die Juden in ein Staatsghetto zu sperren, so wird, von
allein andern abgesehen, eine nach Millionen zählende Judenmasse in der
starren religiösen und nationalen Abgeschlossenheit, der nationalen und Kultur-
verkommeuheit, dem Fanatismus, der Gegensätzlichkeit zu den Völkern und
der Kultur Europas, die von jeher das Wesen der Judenfrnge nnsgemacht
haben, gewaltsam erhalten und bestärkt. Die Frage wird künstlich geschärft
werden und sich zuletzt doch wieder vor die andern Staaten Europas stellen.
Die heutige Politik der absoluten Nichteinmischung, des absoluten Fürsichseins
ist auch hier nicht haltbar. Die Großmacht Rothschild hat ja dieses politische
Prinzip auch schon gebrochen. Wird das russische Staatsghetto eingerichtet
und bewacht, so werden sich wohl oder übel andre Großmächte eines Tages
entschließen müssen, denselben Weg zu gehen, d. h. die Judenfrage international
zu erörtern und -- vielleicht eine Lösung zu finden.




Die Lage Deutschlands in Afrika

I N 1. Juni ist in Berlin der Kvlouialrat zusammengetreten, fast
genau ein Jahr nach Abschluß des vielbesprochenen dentsch-
englischen Abkommens. Da fühlen wir die Pflicht, zurück¬
zublicken, etwa wie ein Hausvater vor Jahresschluß seine Bücher
durchsieht, um sich darüber klar zu werden, wie Soll und Haben
zu einander stehen. Über das deutsch-englische Abkommen wollen wir den alten
Streit nicht wieder aufrühren: wenn much uicht deu vollen Preis, so doch
einen Teil des Preises haben wir gegen unsre klipp und klar gebotenen Zu-
geständnisse erhalten. Helgoland ist unser, und Englaud hält sich von unserm
genau festgestellten Interessenkreise in Afrika fern. Was noch aussteht, fällt
in das Gebiet der großen Politik und entzieht sich vorläufig aller Beurteilung;
nur das eine läßt sich schon jetzt sagen, daß die bisher zwischen uns und
England vorhandenen afrikanischen Konflikte hinweggerünmt sind. Es giebt
keinen Punkt, wo sich unsre Wege feindselig kreuzten, und es ist erwiesen, daß


Die Lage Deutschlands in Afrika

Gewerken träten, die sie in ihren guten Leistungen ersetzen könnten, denn weder
Polen noch Rußland hat einen Mittelstand; Russen würden much weder frei¬
willig einwandern, noch hier festzuhalten sein. Das einzige Element, das die
Juden schnell ersetzen könnte, wären die Deutschen, und gegen diese wurde sich
Rußland sträuben.

Bleibt es dabei, die Juden in ein Staatsghetto zu sperren, so wird, von
allein andern abgesehen, eine nach Millionen zählende Judenmasse in der
starren religiösen und nationalen Abgeschlossenheit, der nationalen und Kultur-
verkommeuheit, dem Fanatismus, der Gegensätzlichkeit zu den Völkern und
der Kultur Europas, die von jeher das Wesen der Judenfrnge nnsgemacht
haben, gewaltsam erhalten und bestärkt. Die Frage wird künstlich geschärft
werden und sich zuletzt doch wieder vor die andern Staaten Europas stellen.
Die heutige Politik der absoluten Nichteinmischung, des absoluten Fürsichseins
ist auch hier nicht haltbar. Die Großmacht Rothschild hat ja dieses politische
Prinzip auch schon gebrochen. Wird das russische Staatsghetto eingerichtet
und bewacht, so werden sich wohl oder übel andre Großmächte eines Tages
entschließen müssen, denselben Weg zu gehen, d. h. die Judenfrage international
zu erörtern und — vielleicht eine Lösung zu finden.




Die Lage Deutschlands in Afrika

I N 1. Juni ist in Berlin der Kvlouialrat zusammengetreten, fast
genau ein Jahr nach Abschluß des vielbesprochenen dentsch-
englischen Abkommens. Da fühlen wir die Pflicht, zurück¬
zublicken, etwa wie ein Hausvater vor Jahresschluß seine Bücher
durchsieht, um sich darüber klar zu werden, wie Soll und Haben
zu einander stehen. Über das deutsch-englische Abkommen wollen wir den alten
Streit nicht wieder aufrühren: wenn much uicht deu vollen Preis, so doch
einen Teil des Preises haben wir gegen unsre klipp und klar gebotenen Zu-
geständnisse erhalten. Helgoland ist unser, und Englaud hält sich von unserm
genau festgestellten Interessenkreise in Afrika fern. Was noch aussteht, fällt
in das Gebiet der großen Politik und entzieht sich vorläufig aller Beurteilung;
nur das eine läßt sich schon jetzt sagen, daß die bisher zwischen uns und
England vorhandenen afrikanischen Konflikte hinweggerünmt sind. Es giebt
keinen Punkt, wo sich unsre Wege feindselig kreuzten, und es ist erwiesen, daß


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[0458] Die Lage Deutschlands in Afrika Gewerken träten, die sie in ihren guten Leistungen ersetzen könnten, denn weder Polen noch Rußland hat einen Mittelstand; Russen würden much weder frei¬ willig einwandern, noch hier festzuhalten sein. Das einzige Element, das die Juden schnell ersetzen könnte, wären die Deutschen, und gegen diese wurde sich Rußland sträuben. Bleibt es dabei, die Juden in ein Staatsghetto zu sperren, so wird, von allein andern abgesehen, eine nach Millionen zählende Judenmasse in der starren religiösen und nationalen Abgeschlossenheit, der nationalen und Kultur- verkommeuheit, dem Fanatismus, der Gegensätzlichkeit zu den Völkern und der Kultur Europas, die von jeher das Wesen der Judenfrnge nnsgemacht haben, gewaltsam erhalten und bestärkt. Die Frage wird künstlich geschärft werden und sich zuletzt doch wieder vor die andern Staaten Europas stellen. Die heutige Politik der absoluten Nichteinmischung, des absoluten Fürsichseins ist auch hier nicht haltbar. Die Großmacht Rothschild hat ja dieses politische Prinzip auch schon gebrochen. Wird das russische Staatsghetto eingerichtet und bewacht, so werden sich wohl oder übel andre Großmächte eines Tages entschließen müssen, denselben Weg zu gehen, d. h. die Judenfrage international zu erörtern und — vielleicht eine Lösung zu finden. Die Lage Deutschlands in Afrika I N 1. Juni ist in Berlin der Kvlouialrat zusammengetreten, fast genau ein Jahr nach Abschluß des vielbesprochenen dentsch- englischen Abkommens. Da fühlen wir die Pflicht, zurück¬ zublicken, etwa wie ein Hausvater vor Jahresschluß seine Bücher durchsieht, um sich darüber klar zu werden, wie Soll und Haben zu einander stehen. Über das deutsch-englische Abkommen wollen wir den alten Streit nicht wieder aufrühren: wenn much uicht deu vollen Preis, so doch einen Teil des Preises haben wir gegen unsre klipp und klar gebotenen Zu- geständnisse erhalten. Helgoland ist unser, und Englaud hält sich von unserm genau festgestellten Interessenkreise in Afrika fern. Was noch aussteht, fällt in das Gebiet der großen Politik und entzieht sich vorläufig aller Beurteilung; nur das eine läßt sich schon jetzt sagen, daß die bisher zwischen uns und England vorhandenen afrikanischen Konflikte hinweggerünmt sind. Es giebt keinen Punkt, wo sich unsre Wege feindselig kreuzten, und es ist erwiesen, daß

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866/458>, abgerufen am 03.05.2024.