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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.

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Ihres Römische Geschichte

l
e Nöunsche Geschichte von Wilhelm Jhre, deren Umfang vom
Verfasser zunächst nur auf drei Baude berechnet wurden war,
ist in den spätern Abschnitten von Vaud zu Band ausführlicher
geworden und hat lin vorigen Jahre mit dein achten Baude,
der die Aufrichtung der Alleinherrschaft durch Octavian schildert,
einen vorläufigen Abschluß erreicht. Die' acht Bände sind in ziemlich regel¬
müßiger Folge ausgegeben worden. Dem ersten Bande (von der Gründung
Roms bis zum ersten punischen Kriege. Leipzig, Wilhelm Engelmann,
1868) folgte 1870 der zweite Band, vom ersten punischen Kriege bis zum
Ende des zweite", 1872 der dritte Band, die äußere Geschichte bis zum Fall
von Numautia, 1876 der vierte Band, Verfassung und Volk auf dem Höhe¬
punkte der Republik, 1879 der fünfte Band, der Verfall der Republik, 1886
der sechste Band, der Kampf um die persönliche Herrschaft, und 18W der
siebente und achte Band, die Bürgerkriege bis zum Triumvirat und das
Triumvirat bis zum Kaisertum.

Jhues Werk wendet sich "in erster Linie" nicht an den Gelehrten, sondern
"an das ganze gebildete Publikum." Es stellt sich also gegen Mommsens
Römische Geschichte. Da diese in der Gunst der Leser einen Genossen nicht
verträgt, muß jede neuere, selbständige Darstellung der römischen Geschichte
ihr Gegner werden, besonders in den Abschnitten, wo bei Mommsen der
Geschichtschreiber vom Parteimnnn beeinflußt wird. Dieser Gegensatz zu
Mommsen giebt der Auffassung und Darstellung Ihres ihr Gepräge und
beherrscht, häufig unausgesprochen, aber dem Leser deutlich fühlbar, das ganze
achtbändige Werk. Bereits das Vorwort erkennt zwar an, daß sich Mommsens
Buch mit Recht "einer nnsgedehnten Popularität" erfreut, aber es erhebt
zugleich deu Vorwurf gegen ihn, daß er "oft in der gedrängtesten Weise nur
die Ergebnisse seiner wissenschaftlichen Untersuchungen giebt, ohne die Quellen
und die Beweisführung anzudeuten, aus welchen die Ergebnisse beruhen. Er
verlangt vom Leser einfach Zustimmung und giebt ihm nicht die Mittel an
die Hand, die Nichtigkeit der Schlüsse zu prüfen, oder auch mir (?) für sich
selbst eine anf Beweise gestützte Überzeugung zu gewinnen." Gegenüber dieser
BeHandlungsweise der römische" Geschichte will Jhre den Leser in den Stand




Ihres Römische Geschichte

l
e Nöunsche Geschichte von Wilhelm Jhre, deren Umfang vom
Verfasser zunächst nur auf drei Baude berechnet wurden war,
ist in den spätern Abschnitten von Vaud zu Band ausführlicher
geworden und hat lin vorigen Jahre mit dein achten Baude,
der die Aufrichtung der Alleinherrschaft durch Octavian schildert,
einen vorläufigen Abschluß erreicht. Die' acht Bände sind in ziemlich regel¬
müßiger Folge ausgegeben worden. Dem ersten Bande (von der Gründung
Roms bis zum ersten punischen Kriege. Leipzig, Wilhelm Engelmann,
1868) folgte 1870 der zweite Band, vom ersten punischen Kriege bis zum
Ende des zweite», 1872 der dritte Band, die äußere Geschichte bis zum Fall
von Numautia, 1876 der vierte Band, Verfassung und Volk auf dem Höhe¬
punkte der Republik, 1879 der fünfte Band, der Verfall der Republik, 1886
der sechste Band, der Kampf um die persönliche Herrschaft, und 18W der
siebente und achte Band, die Bürgerkriege bis zum Triumvirat und das
Triumvirat bis zum Kaisertum.

Jhues Werk wendet sich „in erster Linie" nicht an den Gelehrten, sondern
„an das ganze gebildete Publikum." Es stellt sich also gegen Mommsens
Römische Geschichte. Da diese in der Gunst der Leser einen Genossen nicht
verträgt, muß jede neuere, selbständige Darstellung der römischen Geschichte
ihr Gegner werden, besonders in den Abschnitten, wo bei Mommsen der
Geschichtschreiber vom Parteimnnn beeinflußt wird. Dieser Gegensatz zu
Mommsen giebt der Auffassung und Darstellung Ihres ihr Gepräge und
beherrscht, häufig unausgesprochen, aber dem Leser deutlich fühlbar, das ganze
achtbändige Werk. Bereits das Vorwort erkennt zwar an, daß sich Mommsens
Buch mit Recht „einer nnsgedehnten Popularität" erfreut, aber es erhebt
zugleich deu Vorwurf gegen ihn, daß er „oft in der gedrängtesten Weise nur
die Ergebnisse seiner wissenschaftlichen Untersuchungen giebt, ohne die Quellen
und die Beweisführung anzudeuten, aus welchen die Ergebnisse beruhen. Er
verlangt vom Leser einfach Zustimmung und giebt ihm nicht die Mittel an
die Hand, die Nichtigkeit der Schlüsse zu prüfen, oder auch mir (?) für sich
selbst eine anf Beweise gestützte Überzeugung zu gewinnen." Gegenüber dieser
BeHandlungsweise der römische« Geschichte will Jhre den Leser in den Stand


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[0466] [Abbildung] Ihres Römische Geschichte l e Nöunsche Geschichte von Wilhelm Jhre, deren Umfang vom Verfasser zunächst nur auf drei Baude berechnet wurden war, ist in den spätern Abschnitten von Vaud zu Band ausführlicher geworden und hat lin vorigen Jahre mit dein achten Baude, der die Aufrichtung der Alleinherrschaft durch Octavian schildert, einen vorläufigen Abschluß erreicht. Die' acht Bände sind in ziemlich regel¬ müßiger Folge ausgegeben worden. Dem ersten Bande (von der Gründung Roms bis zum ersten punischen Kriege. Leipzig, Wilhelm Engelmann, 1868) folgte 1870 der zweite Band, vom ersten punischen Kriege bis zum Ende des zweite», 1872 der dritte Band, die äußere Geschichte bis zum Fall von Numautia, 1876 der vierte Band, Verfassung und Volk auf dem Höhe¬ punkte der Republik, 1879 der fünfte Band, der Verfall der Republik, 1886 der sechste Band, der Kampf um die persönliche Herrschaft, und 18W der siebente und achte Band, die Bürgerkriege bis zum Triumvirat und das Triumvirat bis zum Kaisertum. Jhues Werk wendet sich „in erster Linie" nicht an den Gelehrten, sondern „an das ganze gebildete Publikum." Es stellt sich also gegen Mommsens Römische Geschichte. Da diese in der Gunst der Leser einen Genossen nicht verträgt, muß jede neuere, selbständige Darstellung der römischen Geschichte ihr Gegner werden, besonders in den Abschnitten, wo bei Mommsen der Geschichtschreiber vom Parteimnnn beeinflußt wird. Dieser Gegensatz zu Mommsen giebt der Auffassung und Darstellung Ihres ihr Gepräge und beherrscht, häufig unausgesprochen, aber dem Leser deutlich fühlbar, das ganze achtbändige Werk. Bereits das Vorwort erkennt zwar an, daß sich Mommsens Buch mit Recht „einer nnsgedehnten Popularität" erfreut, aber es erhebt zugleich deu Vorwurf gegen ihn, daß er „oft in der gedrängtesten Weise nur die Ergebnisse seiner wissenschaftlichen Untersuchungen giebt, ohne die Quellen und die Beweisführung anzudeuten, aus welchen die Ergebnisse beruhen. Er verlangt vom Leser einfach Zustimmung und giebt ihm nicht die Mittel an die Hand, die Nichtigkeit der Schlüsse zu prüfen, oder auch mir (?) für sich selbst eine anf Beweise gestützte Überzeugung zu gewinnen." Gegenüber dieser BeHandlungsweise der römische« Geschichte will Jhre den Leser in den Stand

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866/466>, abgerufen am 04.05.2024.