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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.

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N?as kann die Schule zur Lharakterl'ilduug thun?

seinem Todesjahre krachte der Ban, den er aufgeführt hatte, in allen Fugen!
Dies war das Werk des größten Mannes, "den bis dahin Rom erzeugt hatte."

Am mißgünstigsten urteilt Jhre über Cüsars Werk. Doch würden wir
uus noch mehr in Einzelheiten verlieren, wenn wir dem Verfasser auch hierhin
folgen wollten. Mommsen ist in der Bewunderung des großen Mannes zu
weit gegangen; Jhre widerspricht dem an manchen Stellen richtig, aber das
Bild, das er von Cäsars Thätigkeit entwirft, ist ohne Liebe aufgefaßt und in
den Umrissen wie in der Ausführung fehlerhaft. Anstatt noch weitere Mängel
hervorzuheben, wollen wir zum Schluß lieber nochmals auf einen Vorzug Jhues
hinweisen, nämlich auf die klare, durchaus auf den Quellen beruhende Er¬
zählung der Ereignisse. Zwar können wir auch hier nicht ohne jede Ein¬
schränkung loben. Die Darstellung ist ohne Schwung, sie packt den Leser
nicht, sie läßt ihn kalt. Auch die Schreibweise Ihres hat, wie wohl schon die
ausgeschriebnen Stellen beweisen, nichts anziehendes; sie ist trocken, nicht arm
an Fehlern, reichlich mit Fremdwörtern durchsetzt, zuweilen gekünstelt, oft
trivial. Daher wird auch Ihres Buch wohl kaum in weitern Volkskreisen
eine Verbreitung gleich dem Mommsens erhalten. Dies wird überdies durch
den Umfang und den Preis des Werkes erschwert. Dennoch muß man Ihres
Schilderung der Kämpfe, unter denen sich die Umwandlung der römischen
Republik in die Monarchie vollzogen hat, zu dem besten rechnen, was man
dem gebildeten Leser für diese" Zeitraum empfehlen kann. In den Bibliotheken
unsrer höhern Schulen sollte das Buch daher nicht fehlen.




U)as kann die schule zur Charakterbildung thun?

WZKS
M
MMn einer preußischen Provinz findet dieses Jahr die übliche
Dircktorenkvnferenz statt. Die Fragen, die dabei verhandelt
werden sollen, sind schon vor anderthalb Jahren den Lehrer¬
kollegien mitgeteilt und von diesen beraten worden. Das Er¬
gebnis dieser Beratungen ist den Referenten übermittelt worden,
und das Prvvinzialschulkvlleginm ist auch schon im Besitz der Gesamtberichte.
Da wird plötzlich sämtlichen Anstalten noch eine neue Frage vorgelegt, sie sollen
sich darüber äußern, was die Schule thun könne, um den Charakter zu bilden!
Es liegt auf der Hand, wodurch sich das Proviuzialschnlkvllegium hat be¬
stimmen lassen, nachträglich diese Frage zu stellen, es ist die Rede des Kaisers


N?as kann die Schule zur Lharakterl'ilduug thun?

seinem Todesjahre krachte der Ban, den er aufgeführt hatte, in allen Fugen!
Dies war das Werk des größten Mannes, „den bis dahin Rom erzeugt hatte."

Am mißgünstigsten urteilt Jhre über Cüsars Werk. Doch würden wir
uus noch mehr in Einzelheiten verlieren, wenn wir dem Verfasser auch hierhin
folgen wollten. Mommsen ist in der Bewunderung des großen Mannes zu
weit gegangen; Jhre widerspricht dem an manchen Stellen richtig, aber das
Bild, das er von Cäsars Thätigkeit entwirft, ist ohne Liebe aufgefaßt und in
den Umrissen wie in der Ausführung fehlerhaft. Anstatt noch weitere Mängel
hervorzuheben, wollen wir zum Schluß lieber nochmals auf einen Vorzug Jhues
hinweisen, nämlich auf die klare, durchaus auf den Quellen beruhende Er¬
zählung der Ereignisse. Zwar können wir auch hier nicht ohne jede Ein¬
schränkung loben. Die Darstellung ist ohne Schwung, sie packt den Leser
nicht, sie läßt ihn kalt. Auch die Schreibweise Ihres hat, wie wohl schon die
ausgeschriebnen Stellen beweisen, nichts anziehendes; sie ist trocken, nicht arm
an Fehlern, reichlich mit Fremdwörtern durchsetzt, zuweilen gekünstelt, oft
trivial. Daher wird auch Ihres Buch wohl kaum in weitern Volkskreisen
eine Verbreitung gleich dem Mommsens erhalten. Dies wird überdies durch
den Umfang und den Preis des Werkes erschwert. Dennoch muß man Ihres
Schilderung der Kämpfe, unter denen sich die Umwandlung der römischen
Republik in die Monarchie vollzogen hat, zu dem besten rechnen, was man
dem gebildeten Leser für diese» Zeitraum empfehlen kann. In den Bibliotheken
unsrer höhern Schulen sollte das Buch daher nicht fehlen.




U)as kann die schule zur Charakterbildung thun?

WZKS
M
MMn einer preußischen Provinz findet dieses Jahr die übliche
Dircktorenkvnferenz statt. Die Fragen, die dabei verhandelt
werden sollen, sind schon vor anderthalb Jahren den Lehrer¬
kollegien mitgeteilt und von diesen beraten worden. Das Er¬
gebnis dieser Beratungen ist den Referenten übermittelt worden,
und das Prvvinzialschulkvlleginm ist auch schon im Besitz der Gesamtberichte.
Da wird plötzlich sämtlichen Anstalten noch eine neue Frage vorgelegt, sie sollen
sich darüber äußern, was die Schule thun könne, um den Charakter zu bilden!
Es liegt auf der Hand, wodurch sich das Proviuzialschnlkvllegium hat be¬
stimmen lassen, nachträglich diese Frage zu stellen, es ist die Rede des Kaisers


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866/474>, abgerufen am 04.05.2024.