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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.

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Litteratur

> 709), bei Matthius von Erberg, GroszeS llniversaldietiouarium 3, 74" (Niirnberg,
1710), Vencroni-CcisteM. Kaiscrlickes Sprach- und Wörterbuch 3, 170 (Frankfurt,
1714); ferner wird vatterländisch bloß durch -rman" V-^riao wiedergegcbcir
in Dcntzlers ela.öl" SMmgnivol-itimr 293 (fünfte Auflage, Basel. 170t>) und in
dem noch unter dein Namen des im sechzehnten Jahrhundert lebenden Johann
Frisius veröffentlichten viotionariuin bMiixus 2. 252 (Ziirich, 1719). Hiernach
hat Campe leine Veranlassung, die Verwendung des Wortes vaterländisch als
Ersatz für das Fremdwort patriotisch sich zuzuschreiben.


<2
Sprachfortschrittc.

Geld und neue Bücher wurden in frühern Zeilen aus¬
gegeben; jetzt wird Geld nur noch verausgabt (ein schönes Wort: ver-ans--
gabt!), und Bücher gelangen (!) nur noch zur Ausgabe. In den letzten Tagen
kündigte aber eine Berliner Verlagsbuchhandlung an, daß am 26. Mai bei ihr das
und das Buch zur Ver(!)ansgabung gelangen würde. Das ist nun ganz be¬
sonders schön gesagt, denn hier verbindet sich das verausgaben, zum Substantiv
umgestaltet, mit dem gelangen zu einer wahrhaft großartigen Gesamtwirkung. Wie
wäre es, wenn die V'erlagshandlung das nächstemal anch das gelangen wieder
zum Substantiv erhöbe und, mit Hilfe eines der jetzt so beliebten Zeitwörter er¬
folgen und stattfinden, ankündigte: die Zurveransgabungsgelangnng des
Buches findet am 2ti. Juni statt? Auf diesem Wege ließe sich noch unendlich
viel Neues und Schönes schaffen. Nur Mut!




Litteratur
Evangelisch-soziale Zeitfrngen, herausgegeben mit Unterstützung des evangelisch-sozialen
Kongresses von Professor Otto Baumgnrte'n in Jena. Leipzig, Fr. W, Grnnow, 1891

Die neu erschienenen Hefte schließen sich den ersten sechsen, die in Ur. 10
besprochen wurden, würdig um. Heft?: Die Aufgaben der Kirche gegenüber
dem Arbeiterstande von Professor Dr. Theodor Freiherr von der Goltz, ent¬
wickelt die rechte Art der sozialen Wirksamkeit der evangelischen Kirche aus ihrem
Wesen und warnt vor der Einbildung, die Kirche habe von Gott die Sendung
empfangen, durch unmittelbares Eingreifen in die Sozialpolitik die Svzialreforin
in die rechte Bahn zu leiten. Heft 8 und 9 enthalten eine streng wissenschaftliche
Arbeit von or. Karl Oldenburg: Die Ziele der deutschen Sozialdemokratie.
Diese ganz objektive auf gründlicher Kenntnis der Litteratur und Geschichte des
Sozialismus beruhende Darstellung ist allen warm zu empfehlen, die sich über den
Gegenstand unterrichten wollen, aber keine Zeit zum Studium umfangreicher Werke
haben. Solcher Unterricht ist gar sehr nötig, denn trotz allem endlosen Geschwätz
und Geschreib über Sozinlismns und Sozialdemokratie fehlt es an nichts mehr als
an Sachkenntnis. Durch Sachkenntnis und überdies durch edle Wärme zeichnet
sich auch Heft 1.0 aus: Die soziale Not der ländlichen Arbeiter und ihre


Litteratur

> 709), bei Matthius von Erberg, GroszeS llniversaldietiouarium 3, 74» (Niirnberg,
1710), Vencroni-CcisteM. Kaiscrlickes Sprach- und Wörterbuch 3, 170 (Frankfurt,
1714); ferner wird vatterländisch bloß durch -rman« V-^riao wiedergegcbcir
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dem noch unter dein Namen des im sechzehnten Jahrhundert lebenden Johann
Frisius veröffentlichten viotionariuin bMiixus 2. 252 (Ziirich, 1719). Hiernach
hat Campe leine Veranlassung, die Verwendung des Wortes vaterländisch als
Ersatz für das Fremdwort patriotisch sich zuzuschreiben.


<2
Sprachfortschrittc.

Geld und neue Bücher wurden in frühern Zeilen aus¬
gegeben; jetzt wird Geld nur noch verausgabt (ein schönes Wort: ver-ans--
gabt!), und Bücher gelangen (!) nur noch zur Ausgabe. In den letzten Tagen
kündigte aber eine Berliner Verlagsbuchhandlung an, daß am 26. Mai bei ihr das
und das Buch zur Ver(!)ansgabung gelangen würde. Das ist nun ganz be¬
sonders schön gesagt, denn hier verbindet sich das verausgaben, zum Substantiv
umgestaltet, mit dem gelangen zu einer wahrhaft großartigen Gesamtwirkung. Wie
wäre es, wenn die V'erlagshandlung das nächstemal anch das gelangen wieder
zum Substantiv erhöbe und, mit Hilfe eines der jetzt so beliebten Zeitwörter er¬
folgen und stattfinden, ankündigte: die Zurveransgabungsgelangnng des
Buches findet am 2ti. Juni statt? Auf diesem Wege ließe sich noch unendlich
viel Neues und Schönes schaffen. Nur Mut!




Litteratur
Evangelisch-soziale Zeitfrngen, herausgegeben mit Unterstützung des evangelisch-sozialen
Kongresses von Professor Otto Baumgnrte'n in Jena. Leipzig, Fr. W, Grnnow, 1891

Die neu erschienenen Hefte schließen sich den ersten sechsen, die in Ur. 10
besprochen wurden, würdig um. Heft?: Die Aufgaben der Kirche gegenüber
dem Arbeiterstande von Professor Dr. Theodor Freiherr von der Goltz, ent¬
wickelt die rechte Art der sozialen Wirksamkeit der evangelischen Kirche aus ihrem
Wesen und warnt vor der Einbildung, die Kirche habe von Gott die Sendung
empfangen, durch unmittelbares Eingreifen in die Sozialpolitik die Svzialreforin
in die rechte Bahn zu leiten. Heft 8 und 9 enthalten eine streng wissenschaftliche
Arbeit von or. Karl Oldenburg: Die Ziele der deutschen Sozialdemokratie.
Diese ganz objektive auf gründlicher Kenntnis der Litteratur und Geschichte des
Sozialismus beruhende Darstellung ist allen warm zu empfehlen, die sich über den
Gegenstand unterrichten wollen, aber keine Zeit zum Studium umfangreicher Werke
haben. Solcher Unterricht ist gar sehr nötig, denn trotz allem endlosen Geschwätz
und Geschreib über Sozinlismns und Sozialdemokratie fehlt es an nichts mehr als
an Sachkenntnis. Durch Sachkenntnis und überdies durch edle Wärme zeichnet
sich auch Heft 1.0 aus: Die soziale Not der ländlichen Arbeiter und ihre


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[0497] Litteratur > 709), bei Matthius von Erberg, GroszeS llniversaldietiouarium 3, 74» (Niirnberg, 1710), Vencroni-CcisteM. Kaiscrlickes Sprach- und Wörterbuch 3, 170 (Frankfurt, 1714); ferner wird vatterländisch bloß durch -rman« V-^riao wiedergegcbcir in Dcntzlers ela.öl« SMmgnivol-itimr 293 (fünfte Auflage, Basel. 170t>) und in dem noch unter dein Namen des im sechzehnten Jahrhundert lebenden Johann Frisius veröffentlichten viotionariuin bMiixus 2. 252 (Ziirich, 1719). Hiernach hat Campe leine Veranlassung, die Verwendung des Wortes vaterländisch als Ersatz für das Fremdwort patriotisch sich zuzuschreiben. <2 Sprachfortschrittc. Geld und neue Bücher wurden in frühern Zeilen aus¬ gegeben; jetzt wird Geld nur noch verausgabt (ein schönes Wort: ver-ans-- gabt!), und Bücher gelangen (!) nur noch zur Ausgabe. In den letzten Tagen kündigte aber eine Berliner Verlagsbuchhandlung an, daß am 26. Mai bei ihr das und das Buch zur Ver(!)ansgabung gelangen würde. Das ist nun ganz be¬ sonders schön gesagt, denn hier verbindet sich das verausgaben, zum Substantiv umgestaltet, mit dem gelangen zu einer wahrhaft großartigen Gesamtwirkung. Wie wäre es, wenn die V'erlagshandlung das nächstemal anch das gelangen wieder zum Substantiv erhöbe und, mit Hilfe eines der jetzt so beliebten Zeitwörter er¬ folgen und stattfinden, ankündigte: die Zurveransgabungsgelangnng des Buches findet am 2ti. Juni statt? Auf diesem Wege ließe sich noch unendlich viel Neues und Schönes schaffen. Nur Mut! Litteratur Evangelisch-soziale Zeitfrngen, herausgegeben mit Unterstützung des evangelisch-sozialen Kongresses von Professor Otto Baumgnrte'n in Jena. Leipzig, Fr. W, Grnnow, 1891 Die neu erschienenen Hefte schließen sich den ersten sechsen, die in Ur. 10 besprochen wurden, würdig um. Heft?: Die Aufgaben der Kirche gegenüber dem Arbeiterstande von Professor Dr. Theodor Freiherr von der Goltz, ent¬ wickelt die rechte Art der sozialen Wirksamkeit der evangelischen Kirche aus ihrem Wesen und warnt vor der Einbildung, die Kirche habe von Gott die Sendung empfangen, durch unmittelbares Eingreifen in die Sozialpolitik die Svzialreforin in die rechte Bahn zu leiten. Heft 8 und 9 enthalten eine streng wissenschaftliche Arbeit von or. Karl Oldenburg: Die Ziele der deutschen Sozialdemokratie. Diese ganz objektive auf gründlicher Kenntnis der Litteratur und Geschichte des Sozialismus beruhende Darstellung ist allen warm zu empfehlen, die sich über den Gegenstand unterrichten wollen, aber keine Zeit zum Studium umfangreicher Werke haben. Solcher Unterricht ist gar sehr nötig, denn trotz allem endlosen Geschwätz und Geschreib über Sozinlismns und Sozialdemokratie fehlt es an nichts mehr als an Sachkenntnis. Durch Sachkenntnis und überdies durch edle Wärme zeichnet sich auch Heft 1.0 aus: Die soziale Not der ländlichen Arbeiter und ihre

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866/497>, abgerufen am 04.05.2024.