Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.Quitt i In dem neuen Roman Quitt") verläßt der Erzähler -- und das ist Quitt. Roumn von Theodor Fontäne. Berlin, Wilhelm Hertz (Besstrschc
Buchhandlung), 1891. Quitt i In dem neuen Roman Quitt") verläßt der Erzähler — und das ist Quitt. Roumn von Theodor Fontäne. Berlin, Wilhelm Hertz (Besstrschc
Buchhandlung), 1891. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0628" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/210495"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341853_209866/figures/grenzboten_341853_209866_210495_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Quitt</head><lb/> <p xml:id="ID_1756"> i<lb/> n neuer Roman von Theodor Fontäne hat unter allen Um¬<lb/> ständen Anspruch ans Beachtung und erweckt bei gebildeten Lesern<lb/> ein günstiges Vorurteil. Wir haben in einer Reihe von Be¬<lb/> sprechungen über Fontanes „Ceeile," „Irrungen-Wirrungen" und<lb/> „Stine" wiederholt auseinandergesetzt, warum die jüngsten<lb/> Apostel der Unnatur, die sich Naturalisten nennen, Fontane als einen der<lb/> ihren in Anspruch nehmen, und aus welchen Gründen uns dieser Anspruch<lb/> vollkommen hinfällig erscheint. Ein so eigentümlicher und selbständiger Schrift¬<lb/> steller wie Fontäne will mit seinem eignen Maßstabe gemessen sein, jeder<lb/> andre ist für ihn zu lang oder zu kurz, und der Maßstab jener Wahrheits¬<lb/> darsteller, bei denen die Wahrheit erst mit dem Schmutz anfängt, ist vollends<lb/> zu grob und zu klobig für den feinen Seelenkenncr und scharfen Weltbeobachter.<lb/> Aber wen» wir auch die selbständige Natur und die innere Berechtigung<lb/> Fontanes, seiue besondern Wege zu gehen, rückhaltlos anerkennen, so brauchen<lb/> uns doch diese Wege nicht an jeder Stelle zu gefallen, ja es kann uns die<lb/> Besorgnis beschleichen, daß er auf einem oder dem andern Seitenpfade dem<lb/> letzten Ziel aller poetischen Darstellung, der poetischen Wirkung, eher ferner<lb/> als näher rücke.</p><lb/> <p xml:id="ID_1757" next="#ID_1758"> In dem neuen Roman Quitt") verläßt der Erzähler — und das ist<lb/> immerhin ein Gewinn, weil es ihn vor der in der Dichtung unleidlichen<lb/> Spezialität bewahrt, die bekanntlich etwas ganz andres ist, als die Erkenntnis<lb/> der Schranken des eignen Vermögens — den Boden der Reichshauptstadt<lb/> und führt den Leser in der ersten Hälfte und auch wieder am Schlüsse des<lb/> Buches in ein paar Dörfer am Fuße des Riesengebirges, die allerdings episodisch<lb/> von Berliner Sommergästen belebt werden. Die andre Hälfte spielt gar auf<lb/> amerikanischem Boden, in und bei der Mennvnitenniederlassung Nogat-Ehre,<lb/> im Jndianergebiet, südlich von Kansas. Der Held der Geschichte ist ein junger<lb/> schlesischer Stellmacher Lehnert (Lienhart) Menz, der unter den Gvrlitzer<lb/> Jägern gedient und sich im Kriege von 1870 ausgezeichnet hat, derart, daß</p><lb/> <note xml:id="FID_73" place="foot"> Quitt. Roumn von Theodor Fontäne. Berlin, Wilhelm Hertz (Besstrschc<lb/> Buchhandlung), 1891.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0628]
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Quitt
i
n neuer Roman von Theodor Fontäne hat unter allen Um¬
ständen Anspruch ans Beachtung und erweckt bei gebildeten Lesern
ein günstiges Vorurteil. Wir haben in einer Reihe von Be¬
sprechungen über Fontanes „Ceeile," „Irrungen-Wirrungen" und
„Stine" wiederholt auseinandergesetzt, warum die jüngsten
Apostel der Unnatur, die sich Naturalisten nennen, Fontane als einen der
ihren in Anspruch nehmen, und aus welchen Gründen uns dieser Anspruch
vollkommen hinfällig erscheint. Ein so eigentümlicher und selbständiger Schrift¬
steller wie Fontäne will mit seinem eignen Maßstabe gemessen sein, jeder
andre ist für ihn zu lang oder zu kurz, und der Maßstab jener Wahrheits¬
darsteller, bei denen die Wahrheit erst mit dem Schmutz anfängt, ist vollends
zu grob und zu klobig für den feinen Seelenkenncr und scharfen Weltbeobachter.
Aber wen» wir auch die selbständige Natur und die innere Berechtigung
Fontanes, seiue besondern Wege zu gehen, rückhaltlos anerkennen, so brauchen
uns doch diese Wege nicht an jeder Stelle zu gefallen, ja es kann uns die
Besorgnis beschleichen, daß er auf einem oder dem andern Seitenpfade dem
letzten Ziel aller poetischen Darstellung, der poetischen Wirkung, eher ferner
als näher rücke.
In dem neuen Roman Quitt") verläßt der Erzähler — und das ist
immerhin ein Gewinn, weil es ihn vor der in der Dichtung unleidlichen
Spezialität bewahrt, die bekanntlich etwas ganz andres ist, als die Erkenntnis
der Schranken des eignen Vermögens — den Boden der Reichshauptstadt
und führt den Leser in der ersten Hälfte und auch wieder am Schlüsse des
Buches in ein paar Dörfer am Fuße des Riesengebirges, die allerdings episodisch
von Berliner Sommergästen belebt werden. Die andre Hälfte spielt gar auf
amerikanischem Boden, in und bei der Mennvnitenniederlassung Nogat-Ehre,
im Jndianergebiet, südlich von Kansas. Der Held der Geschichte ist ein junger
schlesischer Stellmacher Lehnert (Lienhart) Menz, der unter den Gvrlitzer
Jägern gedient und sich im Kriege von 1870 ausgezeichnet hat, derart, daß
Quitt. Roumn von Theodor Fontäne. Berlin, Wilhelm Hertz (Besstrschc
Buchhandlung), 1891.
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