Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr.Lügen Richters sozialdemokratische Zukunftsbilder ÜI Voller Lebendigkeit vor uns, so sicher wie nur Abbilder der Wirklichkeit Moritz Necker Eugen Richters sozialdemokratische Zukunftsbilder enden dem "Mitgliede des Reichstags" Eugen Richter durch Lügen Richters sozialdemokratische Zukunftsbilder ÜI Voller Lebendigkeit vor uns, so sicher wie nur Abbilder der Wirklichkeit Moritz Necker Eugen Richters sozialdemokratische Zukunftsbilder enden dem „Mitgliede des Reichstags" Eugen Richter durch <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0144" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/211312"/> <fw type="header" place="top"> Lügen Richters sozialdemokratische Zukunftsbilder</fw><lb/> <p xml:id="ID_423" prev="#ID_422"> ÜI Voller Lebendigkeit vor uns, so sicher wie nur Abbilder der Wirklichkeit<lb/> stehen können. Doch ist seine Fähigkeit zu individucilisiren beschränkt; es ist<lb/> ihm mehr um die spannende Erzählung, als um die Charaktergestaltung zu<lb/> thun. Die letztere hat er einmal angestrebt und allerdings ein prächtiges<lb/> Stück geleistet, mit der Humoreske „Moses." Der jüdischen Gesellschaft<lb/> gegenüber nimmt Sommer den Standpunkt des wohlwollenden Humoristen ein.<lb/> Er lacht über diese Menschen, die den Wert des Lebens und der Menschen<lb/> nur nach dein Gelde schätzen, aber er schlägt selten mit der Peitsche des Sa¬<lb/> tirikers drein; dafür ist er zu liebenswürdig. In einer der schönsten<lb/> Erzählungen „Schadchen Levy" schildert er einen Juden, der gar nicht jüdisch<lb/> ist, 'eine selbstlose, ideale Künstlernatur im Kontrast mit der Umgebung von<lb/> Geldmenschen, und mau muß an die Wahrheit seiner Zeichnung glaube».<lb/> Die Elsüsser Bauern und zumal die Elsässerinnen schildert er als einen hei¬<lb/> tern Menschenschlag, und es verdient alle Achtung, zu sehen, wie geschickt er<lb/> wenige Motive vielfach zu wenden und alten ein neues Gesicht zu geben weiß.<lb/> Kurz: mau gewinnt diesen Erzähler aufrichtig lieb wegen seiner Geradheit<lb/> und Naivität; mau freut sich zu beobachten, wie er von einer Erzählung zur<lb/> andern mehr Herrschaft über die Form gewinnt, und uur eins findet man<lb/> zu tadeln: die Nachlässigkeit des sprachlichen Gewandes, worin sich diese Ge¬<lb/> schichten darbieten. Es trägt allerdings zum Lokalkolorit viel bei, wenn<lb/> Sommers Elsässer ein mit französischen Brocken untermischtes Deutsch sprechen;<lb/> besonders heiter wirkt es in den drei Judengeschichten. Allein auch seine eigne<lb/> Sprache weist zu viel Fremdwörter auf, auch viele Flüchtigkeiten und Druck¬<lb/> fehler, und es wäre verdienstlicher gewesen, wenn der ehrenwerte Herausgeber<lb/> diese Mängel sorgfältig getilgt hätte, anstatt in der Einleitung allznhohes<lb/> Lob ans den Dichter zu häufen.</p><lb/> <note type="byline"> Moritz Necker</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Eugen Richters sozialdemokratische Zukunftsbilder</head><lb/> <p xml:id="ID_424" next="#ID_425"> enden dem „Mitgliede des Reichstags" Eugen Richter durch<lb/> Entfernung des alten Reichskanzlers der Hauptgegenstand seiner<lb/> Angriffe entzogen ist, wirft er sich mit Wucht auf die Sozial¬<lb/> demokratie. Er hat es in ihrer Bekämpfung auch schou so weit<lb/> gebracht, daß seine Schriften „Die Irrlehren der Sozialdemokratie"<lb/> und „sozialdemokratische Zukunftsbilder" Hunderttausende von Lesern finden,<lb/> und daß zu seinem bisherigen Ruhme, ein Bismarcktvter zu sein, auch noch</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0144]
Lügen Richters sozialdemokratische Zukunftsbilder
ÜI Voller Lebendigkeit vor uns, so sicher wie nur Abbilder der Wirklichkeit
stehen können. Doch ist seine Fähigkeit zu individucilisiren beschränkt; es ist
ihm mehr um die spannende Erzählung, als um die Charaktergestaltung zu
thun. Die letztere hat er einmal angestrebt und allerdings ein prächtiges
Stück geleistet, mit der Humoreske „Moses." Der jüdischen Gesellschaft
gegenüber nimmt Sommer den Standpunkt des wohlwollenden Humoristen ein.
Er lacht über diese Menschen, die den Wert des Lebens und der Menschen
nur nach dein Gelde schätzen, aber er schlägt selten mit der Peitsche des Sa¬
tirikers drein; dafür ist er zu liebenswürdig. In einer der schönsten
Erzählungen „Schadchen Levy" schildert er einen Juden, der gar nicht jüdisch
ist, 'eine selbstlose, ideale Künstlernatur im Kontrast mit der Umgebung von
Geldmenschen, und mau muß an die Wahrheit seiner Zeichnung glaube».
Die Elsüsser Bauern und zumal die Elsässerinnen schildert er als einen hei¬
tern Menschenschlag, und es verdient alle Achtung, zu sehen, wie geschickt er
wenige Motive vielfach zu wenden und alten ein neues Gesicht zu geben weiß.
Kurz: mau gewinnt diesen Erzähler aufrichtig lieb wegen seiner Geradheit
und Naivität; mau freut sich zu beobachten, wie er von einer Erzählung zur
andern mehr Herrschaft über die Form gewinnt, und uur eins findet man
zu tadeln: die Nachlässigkeit des sprachlichen Gewandes, worin sich diese Ge¬
schichten darbieten. Es trägt allerdings zum Lokalkolorit viel bei, wenn
Sommers Elsässer ein mit französischen Brocken untermischtes Deutsch sprechen;
besonders heiter wirkt es in den drei Judengeschichten. Allein auch seine eigne
Sprache weist zu viel Fremdwörter auf, auch viele Flüchtigkeiten und Druck¬
fehler, und es wäre verdienstlicher gewesen, wenn der ehrenwerte Herausgeber
diese Mängel sorgfältig getilgt hätte, anstatt in der Einleitung allznhohes
Lob ans den Dichter zu häufen.
Moritz Necker
Eugen Richters sozialdemokratische Zukunftsbilder
enden dem „Mitgliede des Reichstags" Eugen Richter durch
Entfernung des alten Reichskanzlers der Hauptgegenstand seiner
Angriffe entzogen ist, wirft er sich mit Wucht auf die Sozial¬
demokratie. Er hat es in ihrer Bekämpfung auch schou so weit
gebracht, daß seine Schriften „Die Irrlehren der Sozialdemokratie"
und „sozialdemokratische Zukunftsbilder" Hunderttausende von Lesern finden,
und daß zu seinem bisherigen Ruhme, ein Bismarcktvter zu sein, auch noch
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