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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr.

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Zur Geschichte der napoleonischen Kriege

eben bewiesen wurden ist, daß man den Gaul nicht am Schwänze aufzäumen
kann, wird dieses Steckenpferd der neuesten Pädagogik immer wieder vor¬
geritten werden. Weit konservativer als Preußen sind die deutschen Mittel-
staateu Baiern, Württemberg und Sachsen in ihren Umgestaltuugsplänen ver¬
fahren. Das soll man ihnen nicht als Partikularismus auslege", der hat
hierbei ganz wo anders geherrscht. Sie wissen vielmehr, daß sie ein kostbares
Erbe deutscher Kultur zu hüten haben. Es zeigt sich hier aber wieder, daß
die Vielheit der Unterrichtsverwaltnngen in Deutschland ein Segen ist, denn
die Bildung zentralisireu hieße sie vergewaltigen.




Zur Geschichte der napoleonischen Kriege

s giebt in der Weltgeschichte nnr wenig Abschnitte, die eine
solche Fülle bedeutender Menschen ausweisen, wie die Zeit der
napoleonischen Kriege. Der Sturm der französischen Revolution
hatte nicht nur in den gemeinen Kreaturen alle rohen Leiden¬
schaften, Zerstörungswut, Raubgier und Grausamkeit entfesselt,
sondern auch die edel" Gemüter bis zum Grunde aufgewühlt und in ihnen die
erhabensten Empfindungen der Vaterlandsliebe, des Heldenmuth und der
Aufopferung wachgerufen. Urwüchsige Gestalten entstehen nur auf frischem
Boden, und der war durch die politischen und kriegerischen Ereignisse nach
der großen Staatsumwülzuug überall vorhanden oder durch rücksichtslose Ge¬
walt geschaffen worden.

Mau mag mit Taine über Napoleon den Stab brechen und ihn nach
Geist, Charakter und Seelenleben als ein Ungeheuer bezeichnen, man mag die
Triebfedern sür alle seine staatsmännischen Schöpfungen und militärischen
Großthaten in krankhafter Eitelkeit und in erbarmungslose," Egoismus suchen,
man "eng ihn für einen argwöhnischen und deshalb gehässigen Emporkömmling,
sür einen bloßen oWoisr do tvrtuim halten, die Thatsache kann niemand
leugnen, daß Napoleon zwanzig Jahre lang ganz Enropn in sklavischer Furcht,
aber auch in maßloser Begeisterung gehalten, daß er die alten schwerfälligen
Stnatsmaschinen zu einer beschleunigten Gangart angetrieben hat, daß er die
Völker bis zu den untersten Schichten ans ihre": Dämmerleben aufgeschreckt
"ut zur Anspannung aller geistigen und moralischen Kräfte gezwungen hat.
Er war ein Unglück für Frankreich, aber, sagen die Franzosen: it g, elle 1a
Morro xenÄÄnt vinxt ans; vels, ohne eure, yv" xsvckkmt viuZt aiunsös, it g.
thun June, 1'Aus av ve ponxlo "zu exsltant vllo" >ni Jo ooniAgv, >u Kork",
^ ksprit cle saoriüov.


Grenzbowi I 1892 :Z8
Zur Geschichte der napoleonischen Kriege

eben bewiesen wurden ist, daß man den Gaul nicht am Schwänze aufzäumen
kann, wird dieses Steckenpferd der neuesten Pädagogik immer wieder vor¬
geritten werden. Weit konservativer als Preußen sind die deutschen Mittel-
staateu Baiern, Württemberg und Sachsen in ihren Umgestaltuugsplänen ver¬
fahren. Das soll man ihnen nicht als Partikularismus auslege», der hat
hierbei ganz wo anders geherrscht. Sie wissen vielmehr, daß sie ein kostbares
Erbe deutscher Kultur zu hüten haben. Es zeigt sich hier aber wieder, daß
die Vielheit der Unterrichtsverwaltnngen in Deutschland ein Segen ist, denn
die Bildung zentralisireu hieße sie vergewaltigen.




Zur Geschichte der napoleonischen Kriege

s giebt in der Weltgeschichte nnr wenig Abschnitte, die eine
solche Fülle bedeutender Menschen ausweisen, wie die Zeit der
napoleonischen Kriege. Der Sturm der französischen Revolution
hatte nicht nur in den gemeinen Kreaturen alle rohen Leiden¬
schaften, Zerstörungswut, Raubgier und Grausamkeit entfesselt,
sondern auch die edel» Gemüter bis zum Grunde aufgewühlt und in ihnen die
erhabensten Empfindungen der Vaterlandsliebe, des Heldenmuth und der
Aufopferung wachgerufen. Urwüchsige Gestalten entstehen nur auf frischem
Boden, und der war durch die politischen und kriegerischen Ereignisse nach
der großen Staatsumwülzuug überall vorhanden oder durch rücksichtslose Ge¬
walt geschaffen worden.

Mau mag mit Taine über Napoleon den Stab brechen und ihn nach
Geist, Charakter und Seelenleben als ein Ungeheuer bezeichnen, man mag die
Triebfedern sür alle seine staatsmännischen Schöpfungen und militärischen
Großthaten in krankhafter Eitelkeit und in erbarmungslose,» Egoismus suchen,
man »eng ihn für einen argwöhnischen und deshalb gehässigen Emporkömmling,
sür einen bloßen oWoisr do tvrtuim halten, die Thatsache kann niemand
leugnen, daß Napoleon zwanzig Jahre lang ganz Enropn in sklavischer Furcht,
aber auch in maßloser Begeisterung gehalten, daß er die alten schwerfälligen
Stnatsmaschinen zu einer beschleunigten Gangart angetrieben hat, daß er die
Völker bis zu den untersten Schichten ans ihre»: Dämmerleben aufgeschreckt
»ut zur Anspannung aller geistigen und moralischen Kräfte gezwungen hat.
Er war ein Unglück für Frankreich, aber, sagen die Franzosen: it g, elle 1a
Morro xenÄÄnt vinxt ans; vels, ohne eure, yv« xsvckkmt viuZt aiunsös, it g.
thun June, 1'Aus av ve ponxlo «zu exsltant vllo« >ni Jo ooniAgv, >u Kork«,
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Grenzbowi I 1892 :Z8
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[0305] Zur Geschichte der napoleonischen Kriege eben bewiesen wurden ist, daß man den Gaul nicht am Schwänze aufzäumen kann, wird dieses Steckenpferd der neuesten Pädagogik immer wieder vor¬ geritten werden. Weit konservativer als Preußen sind die deutschen Mittel- staateu Baiern, Württemberg und Sachsen in ihren Umgestaltuugsplänen ver¬ fahren. Das soll man ihnen nicht als Partikularismus auslege», der hat hierbei ganz wo anders geherrscht. Sie wissen vielmehr, daß sie ein kostbares Erbe deutscher Kultur zu hüten haben. Es zeigt sich hier aber wieder, daß die Vielheit der Unterrichtsverwaltnngen in Deutschland ein Segen ist, denn die Bildung zentralisireu hieße sie vergewaltigen. Zur Geschichte der napoleonischen Kriege s giebt in der Weltgeschichte nnr wenig Abschnitte, die eine solche Fülle bedeutender Menschen ausweisen, wie die Zeit der napoleonischen Kriege. Der Sturm der französischen Revolution hatte nicht nur in den gemeinen Kreaturen alle rohen Leiden¬ schaften, Zerstörungswut, Raubgier und Grausamkeit entfesselt, sondern auch die edel» Gemüter bis zum Grunde aufgewühlt und in ihnen die erhabensten Empfindungen der Vaterlandsliebe, des Heldenmuth und der Aufopferung wachgerufen. Urwüchsige Gestalten entstehen nur auf frischem Boden, und der war durch die politischen und kriegerischen Ereignisse nach der großen Staatsumwülzuug überall vorhanden oder durch rücksichtslose Ge¬ walt geschaffen worden. Mau mag mit Taine über Napoleon den Stab brechen und ihn nach Geist, Charakter und Seelenleben als ein Ungeheuer bezeichnen, man mag die Triebfedern sür alle seine staatsmännischen Schöpfungen und militärischen Großthaten in krankhafter Eitelkeit und in erbarmungslose,» Egoismus suchen, man »eng ihn für einen argwöhnischen und deshalb gehässigen Emporkömmling, sür einen bloßen oWoisr do tvrtuim halten, die Thatsache kann niemand leugnen, daß Napoleon zwanzig Jahre lang ganz Enropn in sklavischer Furcht, aber auch in maßloser Begeisterung gehalten, daß er die alten schwerfälligen Stnatsmaschinen zu einer beschleunigten Gangart angetrieben hat, daß er die Völker bis zu den untersten Schichten ans ihre»: Dämmerleben aufgeschreckt »ut zur Anspannung aller geistigen und moralischen Kräfte gezwungen hat. Er war ein Unglück für Frankreich, aber, sagen die Franzosen: it g, elle 1a Morro xenÄÄnt vinxt ans; vels, ohne eure, yv« xsvckkmt viuZt aiunsös, it g. thun June, 1'Aus av ve ponxlo «zu exsltant vllo« >ni Jo ooniAgv, >u Kork«, ^ ksprit cle saoriüov. Grenzbowi I 1892 :Z8

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_211167/305>, abgerufen am 06.05.2024.