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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr.

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Umgestaltungen in der Gisenbahnverwaltung

cum kürzlich an dieser Stelle (Heft 8) die Leistungen der preu¬
ßischen Staatseisenbahnen eine anerkennende und sachgemäße
Würdigung erfahren haben, so darf daraus doch nicht gefolgert
werden, daß die Einrichtungen dieser großen und wichtige" Ver¬
kehrsanstalt nicht noch wesentlicher Verbesserungen fähig und
bedürftig wären. Erst neuerdings (in der Reichstagssitzung vom 10. Februar
dieses Jahres) hat es der preußische Minister der öffentlichen Arbeiten (in
seiner Eigenschaft als Chef des Reichsamts für die Verwaltung der Reichs-
eiseubahnen) ausgesprochen, daß die Ausbildung der höhern Beamten der
Staatseisenbahnverwaltung "in mancher Beziehung Lücken aufweist, und daß
zur Zeit Erwägungen schweben, wie diese Lücken in zweckmäßiger Weise zu
beseitigen seien."

Wie bekannt, werden in Preußen und andern deutschen Staaten seit dem
Entstehen der Eisenbahnen, wo dies ein durch die Umstände gebotener Not¬
behelf sein mochte, die höhern Eisenbahnbeamten für den eigentlichen Ver¬
waltungsdienst den Juristen und für den Betriebsdienst den Bautechnikern
entnommen, die die für ihr Fach vorgeschriebne Staatsprüfung abgelegt haben.
Für beide ist bisher eine "Ausbildung" üblich, die innerhalb der dafür bestimmten
kurzen Frist von einem Jahre auch nicht annähernd ihren Zweck erfüllen, sondern
bestenfalls zu einer dürftigen Umschau auf den hier in Frage kommenden weiten
Gebieten des Wissens und Könnens führen kann. Das hänfig recht kümmerliche
Ergebnis dieser dürftigen Umschau im Laufe ihrer spätern Thätigkeit, die bei
den Assessoren sehr bald mit einer gewissen Selbständigkeit verbunden ist, all¬
mählich zu ergänzen, bleibt dem mehr oder weniger guten Willen der Einzelnen
überlassen. Wenn hierbei berücksichtigt wird, daß der Assessor in die Eisenbahn¬
verwaltung nichts weiter mitbringt, als eine im günstigen Falle "umfassende"
Kenntnis der bestehenden Rechtsnormen und ihrer Handhabung, verbunden
mit der daraus entspringenden formalen Geschäftsgcwandheit, so ist für den,
dem die Eiscnbahnverwaltung, ihr Wesen und ihre Aufgaben nicht ganz fremd
sind, auf den ersten Blick erkennbar, daß dies nicht viel ist. Der enge Zu-




Umgestaltungen in der Gisenbahnverwaltung

cum kürzlich an dieser Stelle (Heft 8) die Leistungen der preu¬
ßischen Staatseisenbahnen eine anerkennende und sachgemäße
Würdigung erfahren haben, so darf daraus doch nicht gefolgert
werden, daß die Einrichtungen dieser großen und wichtige» Ver¬
kehrsanstalt nicht noch wesentlicher Verbesserungen fähig und
bedürftig wären. Erst neuerdings (in der Reichstagssitzung vom 10. Februar
dieses Jahres) hat es der preußische Minister der öffentlichen Arbeiten (in
seiner Eigenschaft als Chef des Reichsamts für die Verwaltung der Reichs-
eiseubahnen) ausgesprochen, daß die Ausbildung der höhern Beamten der
Staatseisenbahnverwaltung „in mancher Beziehung Lücken aufweist, und daß
zur Zeit Erwägungen schweben, wie diese Lücken in zweckmäßiger Weise zu
beseitigen seien."

Wie bekannt, werden in Preußen und andern deutschen Staaten seit dem
Entstehen der Eisenbahnen, wo dies ein durch die Umstände gebotener Not¬
behelf sein mochte, die höhern Eisenbahnbeamten für den eigentlichen Ver¬
waltungsdienst den Juristen und für den Betriebsdienst den Bautechnikern
entnommen, die die für ihr Fach vorgeschriebne Staatsprüfung abgelegt haben.
Für beide ist bisher eine „Ausbildung" üblich, die innerhalb der dafür bestimmten
kurzen Frist von einem Jahre auch nicht annähernd ihren Zweck erfüllen, sondern
bestenfalls zu einer dürftigen Umschau auf den hier in Frage kommenden weiten
Gebieten des Wissens und Könnens führen kann. Das hänfig recht kümmerliche
Ergebnis dieser dürftigen Umschau im Laufe ihrer spätern Thätigkeit, die bei
den Assessoren sehr bald mit einer gewissen Selbständigkeit verbunden ist, all¬
mählich zu ergänzen, bleibt dem mehr oder weniger guten Willen der Einzelnen
überlassen. Wenn hierbei berücksichtigt wird, daß der Assessor in die Eisenbahn¬
verwaltung nichts weiter mitbringt, als eine im günstigen Falle „umfassende"
Kenntnis der bestehenden Rechtsnormen und ihrer Handhabung, verbunden
mit der daraus entspringenden formalen Geschäftsgcwandheit, so ist für den,
dem die Eiscnbahnverwaltung, ihr Wesen und ihre Aufgaben nicht ganz fremd
sind, auf den ersten Blick erkennbar, daß dies nicht viel ist. Der enge Zu-


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[0484] [Abbildung] Umgestaltungen in der Gisenbahnverwaltung cum kürzlich an dieser Stelle (Heft 8) die Leistungen der preu¬ ßischen Staatseisenbahnen eine anerkennende und sachgemäße Würdigung erfahren haben, so darf daraus doch nicht gefolgert werden, daß die Einrichtungen dieser großen und wichtige» Ver¬ kehrsanstalt nicht noch wesentlicher Verbesserungen fähig und bedürftig wären. Erst neuerdings (in der Reichstagssitzung vom 10. Februar dieses Jahres) hat es der preußische Minister der öffentlichen Arbeiten (in seiner Eigenschaft als Chef des Reichsamts für die Verwaltung der Reichs- eiseubahnen) ausgesprochen, daß die Ausbildung der höhern Beamten der Staatseisenbahnverwaltung „in mancher Beziehung Lücken aufweist, und daß zur Zeit Erwägungen schweben, wie diese Lücken in zweckmäßiger Weise zu beseitigen seien." Wie bekannt, werden in Preußen und andern deutschen Staaten seit dem Entstehen der Eisenbahnen, wo dies ein durch die Umstände gebotener Not¬ behelf sein mochte, die höhern Eisenbahnbeamten für den eigentlichen Ver¬ waltungsdienst den Juristen und für den Betriebsdienst den Bautechnikern entnommen, die die für ihr Fach vorgeschriebne Staatsprüfung abgelegt haben. Für beide ist bisher eine „Ausbildung" üblich, die innerhalb der dafür bestimmten kurzen Frist von einem Jahre auch nicht annähernd ihren Zweck erfüllen, sondern bestenfalls zu einer dürftigen Umschau auf den hier in Frage kommenden weiten Gebieten des Wissens und Könnens führen kann. Das hänfig recht kümmerliche Ergebnis dieser dürftigen Umschau im Laufe ihrer spätern Thätigkeit, die bei den Assessoren sehr bald mit einer gewissen Selbständigkeit verbunden ist, all¬ mählich zu ergänzen, bleibt dem mehr oder weniger guten Willen der Einzelnen überlassen. Wenn hierbei berücksichtigt wird, daß der Assessor in die Eisenbahn¬ verwaltung nichts weiter mitbringt, als eine im günstigen Falle „umfassende" Kenntnis der bestehenden Rechtsnormen und ihrer Handhabung, verbunden mit der daraus entspringenden formalen Geschäftsgcwandheit, so ist für den, dem die Eiscnbahnverwaltung, ihr Wesen und ihre Aufgaben nicht ganz fremd sind, auf den ersten Blick erkennbar, daß dies nicht viel ist. Der enge Zu-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_211167/484>, abgerufen am 07.05.2024.