Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr.Die Bekämpfung der Socialdemokratie vom psycho¬ logischen Standpunkt Von R. v. Schnbi> re - Soldorii iSchluß" an muß aber bei der allgemeinen Bildung überhaupt zwei Seiten Was die politische Bildung anlangt, so kann sie zum Teil in die allgemeine Grenzboten I 1892 8
Die Bekämpfung der Socialdemokratie vom psycho¬ logischen Standpunkt Von R. v. Schnbi> re - Soldorii iSchluß» an muß aber bei der allgemeinen Bildung überhaupt zwei Seiten Was die politische Bildung anlangt, so kann sie zum Teil in die allgemeine Grenzboten I 1892 8
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[Abbildung]
Die Bekämpfung der Socialdemokratie vom psycho¬
logischen Standpunkt
Von R. v. Schnbi> re - Soldorii iSchluß»
an muß aber bei der allgemeinen Bildung überhaupt zwei Seiten
unterscheiden. Die eine betrifft den Verstand, die andre das Ge¬
müt. Man verlangt von einem nahrhaft gebildeten Menschen,
! daß er nicht nnr ein bestimmtes Wissen, sondern auch eine gewisse
Empfindung in sittlicher und ästhetischer Beziehung besitze. Der
Geschmack offenbart sich besonders in den Beschäftigungen, die der Erholung
gewidmet sind. In den Vergnügungen vor allem unterscheidet sich der gebildete
von dem rohen Menschen. Die ästhetische Seite der Bildung darf nicht unter¬
schätzt werden, sie ist aus deu Charakter von großem Einfluß, weil Ästhetik und
Moral in engem Zusammenhange stehen. Auch liegt ein großer Unterschied
darin, ob die Zeit der Erholung rohem sinnlichem Genuß oder der Freude am
Schonen gewidmet wird. Eine Erholung der erstell Art ist meist nur eine
Scheinerhvlung, die über den Zustand der Ermüdung hinwegtäuscht, ohne ihn
zu heben, was vor allem beim Trunke der Fall ist; in einer Erholung der
zweiten Art dagegen, die im Gennsz des Schönen besteht, ruht der Wille und
das Begehren ans, mau ruht in der Betrachtung des Schönen geistig und
körperlich, und zugleich wird die Snmmlnng neuer Kräfte befördert durch die
Heiterkeit und Freudigkeit der Stimmung, die eine solche Betrachtung erweckt.
Der Staat sollte sich daher den Vergnügungen seiner Mitbürger gegenüber
nicht gleichgiltig verhalten, er sollte dafür sorgen, daß auch die armen Stände
des ästhetischen Genusses uicht ganz entbehrten; er würde dadurch auch ihren
Charakter bilden helfen, weil ästhetische Bildung die Roheit des Gefühls ab»
schleift, wodurch allerdings der sittliche Charakter noch nicht vollendet erscheint.
Der Staat würde aber auch dadurch die ärmern Klasse,: der Bevölkerung von
schädlichen Vergnügungen abhalten: was bleibt dem ästhetisch und sittlich unge¬
bildeten zur Erholung übrig als der Schnaps?
Was die politische Bildung anlangt, so kann sie zum Teil in die allgemeine
Grenzboten I 1892 8
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