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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.

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Bearbeiter; mir Italien wurde von einem Deutschen behandelt, von Professor
Werner Sombart, der das Land durch mehrjährigen Aufenthalt und ein¬
gehende Studien genau kennen gelernt hat. Indem von Übersetzung der in
englischer und französischer Sprache geschrielmen Beiträge Abstand genommen
wurde, konnten die beiden angezeigten Bünde noch vor Ablauf des vorigen
Jahres herausgegeben werden; ein letzter Band, der die Handelspolitik Eng¬
lands, Frankreichs, Spaniens und der Balkanstaatcn darstellen soll, wird noch
im laufenden Jahre erscheinen. Da es nicht möglich ist, die Hauptergebnisse
sämtlicher Abhandlungen in dem Nahmen eines Zeitschriftcnnufsatzes zusammen¬
zufassen, so wollen wir wenigstens die von dreien skizziren, und wir wählen
dazu die Vereinigten Staaten. Italien und Deutschland.

1

Die "üoiningroml ?o1lo/ ot' klls HiMvä Kwies ot' ^.uroriog, 1860--1890
haben Dr. Richmond Maso-Smith und Dr. Edwin N. A. Seligmcm, Pro¬
fessoren der Nationalökonomie im Columbia-College zu Newhork, dargestellt.
Die Abhandlung beginnt mit einem Rückblick auf die ältesten Zeiten Neueng¬
lands. Die Handels- und Kolonialpolitik aller europäischen Staaten, heißt es
hier, war so ziemlich dieselbe, und England "war in dieser Hinsicht nicht viel
liberaler als Spanien oder Holland." Das Mutterland Pflegte sich selbst das
Recht zum Handelsverkehr .mit seinen Kolonien ausschließlich vorzubehalten,
und Lord Sheffield drückte seine und seiner Landsleute Meinung in den
Worten aus: Der einzige Nutzen der englischen Kolonien besteht in dem
Monopol Englands auf ihren Konsum und auf den Transport ihrer Erzeug¬
nisse. Nach der Navigationsakte von 1651 dürfte der Warenumsatz zwischen
den Kolonien unter einander, sowie zwischen ihnen und dem Mutterlande nur
mit englischen Schiffen bewerkstelligt werden. Die Waren aber wurden in
enumsricköck Ave> non enuinLralöä ooilimoclitiös eingeteilt. Erstere durften nur
nach Großbritannien und nach andern englischen Kolonien ausgeführt werden.
Den übrigen, den nicht besonders bezeichneten Waren, wurde die Ausfuhr nach
beliebigen Ländern nicht beschränkt, mir durften sie auf keinen andern als
englischen Schiffen verschickt werden. Die Rohprodukten, die bei der Größe
und Fruchtbarkeit des dünn bevölkerten Landes ohnehin am nächsten lag, wurde
noch durch Ausfuhrvergütungen auf Indigo, Hanf, Flachs, Rohseide, Bauholz,
Faßtauben u. s. w. aufgemuntert, die keimende Industrie dagegen gewaltsam
darniedergehalten; aufs strengste wurde die Ausfuhr von Garn und Woll-
gewebeu, die Errichtung von Stahl- und Walzwerke:? verboten. So zwang
man die Neuenglandstaaten, reine Ackerbanstaaten zu bleiben. Sobald sie sich
frei gemacht hatten, öffneten sie ihre Häfen aller Welt, und schon während
des Kampfes um ihre Unabhängigkeit beeiferten sie sich, allerhand Industrien
ins Leben zu rufen. Die Zollerhebung blieb Sache der Einzelstaaten, und


Grenzbote" III 1892 44

Bearbeiter; mir Italien wurde von einem Deutschen behandelt, von Professor
Werner Sombart, der das Land durch mehrjährigen Aufenthalt und ein¬
gehende Studien genau kennen gelernt hat. Indem von Übersetzung der in
englischer und französischer Sprache geschrielmen Beiträge Abstand genommen
wurde, konnten die beiden angezeigten Bünde noch vor Ablauf des vorigen
Jahres herausgegeben werden; ein letzter Band, der die Handelspolitik Eng¬
lands, Frankreichs, Spaniens und der Balkanstaatcn darstellen soll, wird noch
im laufenden Jahre erscheinen. Da es nicht möglich ist, die Hauptergebnisse
sämtlicher Abhandlungen in dem Nahmen eines Zeitschriftcnnufsatzes zusammen¬
zufassen, so wollen wir wenigstens die von dreien skizziren, und wir wählen
dazu die Vereinigten Staaten. Italien und Deutschland.

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Die «üoiningroml ?o1lo/ ot' klls HiMvä Kwies ot' ^.uroriog, 1860—1890
haben Dr. Richmond Maso-Smith und Dr. Edwin N. A. Seligmcm, Pro¬
fessoren der Nationalökonomie im Columbia-College zu Newhork, dargestellt.
Die Abhandlung beginnt mit einem Rückblick auf die ältesten Zeiten Neueng¬
lands. Die Handels- und Kolonialpolitik aller europäischen Staaten, heißt es
hier, war so ziemlich dieselbe, und England „war in dieser Hinsicht nicht viel
liberaler als Spanien oder Holland." Das Mutterland Pflegte sich selbst das
Recht zum Handelsverkehr .mit seinen Kolonien ausschließlich vorzubehalten,
und Lord Sheffield drückte seine und seiner Landsleute Meinung in den
Worten aus: Der einzige Nutzen der englischen Kolonien besteht in dem
Monopol Englands auf ihren Konsum und auf den Transport ihrer Erzeug¬
nisse. Nach der Navigationsakte von 1651 dürfte der Warenumsatz zwischen
den Kolonien unter einander, sowie zwischen ihnen und dem Mutterlande nur
mit englischen Schiffen bewerkstelligt werden. Die Waren aber wurden in
enumsricköck Ave> non enuinLralöä ooilimoclitiös eingeteilt. Erstere durften nur
nach Großbritannien und nach andern englischen Kolonien ausgeführt werden.
Den übrigen, den nicht besonders bezeichneten Waren, wurde die Ausfuhr nach
beliebigen Ländern nicht beschränkt, mir durften sie auf keinen andern als
englischen Schiffen verschickt werden. Die Rohprodukten, die bei der Größe
und Fruchtbarkeit des dünn bevölkerten Landes ohnehin am nächsten lag, wurde
noch durch Ausfuhrvergütungen auf Indigo, Hanf, Flachs, Rohseide, Bauholz,
Faßtauben u. s. w. aufgemuntert, die keimende Industrie dagegen gewaltsam
darniedergehalten; aufs strengste wurde die Ausfuhr von Garn und Woll-
gewebeu, die Errichtung von Stahl- und Walzwerke:? verboten. So zwang
man die Neuenglandstaaten, reine Ackerbanstaaten zu bleiben. Sobald sie sich
frei gemacht hatten, öffneten sie ihre Häfen aller Welt, und schon während
des Kampfes um ihre Unabhängigkeit beeiferten sie sich, allerhand Industrien
ins Leben zu rufen. Die Zollerhebung blieb Sache der Einzelstaaten, und


Grenzbote» III 1892 44
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[0353] Bearbeiter; mir Italien wurde von einem Deutschen behandelt, von Professor Werner Sombart, der das Land durch mehrjährigen Aufenthalt und ein¬ gehende Studien genau kennen gelernt hat. Indem von Übersetzung der in englischer und französischer Sprache geschrielmen Beiträge Abstand genommen wurde, konnten die beiden angezeigten Bünde noch vor Ablauf des vorigen Jahres herausgegeben werden; ein letzter Band, der die Handelspolitik Eng¬ lands, Frankreichs, Spaniens und der Balkanstaatcn darstellen soll, wird noch im laufenden Jahre erscheinen. Da es nicht möglich ist, die Hauptergebnisse sämtlicher Abhandlungen in dem Nahmen eines Zeitschriftcnnufsatzes zusammen¬ zufassen, so wollen wir wenigstens die von dreien skizziren, und wir wählen dazu die Vereinigten Staaten. Italien und Deutschland. 1 Die «üoiningroml ?o1lo/ ot' klls HiMvä Kwies ot' ^.uroriog, 1860—1890 haben Dr. Richmond Maso-Smith und Dr. Edwin N. A. Seligmcm, Pro¬ fessoren der Nationalökonomie im Columbia-College zu Newhork, dargestellt. Die Abhandlung beginnt mit einem Rückblick auf die ältesten Zeiten Neueng¬ lands. Die Handels- und Kolonialpolitik aller europäischen Staaten, heißt es hier, war so ziemlich dieselbe, und England „war in dieser Hinsicht nicht viel liberaler als Spanien oder Holland." Das Mutterland Pflegte sich selbst das Recht zum Handelsverkehr .mit seinen Kolonien ausschließlich vorzubehalten, und Lord Sheffield drückte seine und seiner Landsleute Meinung in den Worten aus: Der einzige Nutzen der englischen Kolonien besteht in dem Monopol Englands auf ihren Konsum und auf den Transport ihrer Erzeug¬ nisse. Nach der Navigationsakte von 1651 dürfte der Warenumsatz zwischen den Kolonien unter einander, sowie zwischen ihnen und dem Mutterlande nur mit englischen Schiffen bewerkstelligt werden. Die Waren aber wurden in enumsricköck Ave> non enuinLralöä ooilimoclitiös eingeteilt. Erstere durften nur nach Großbritannien und nach andern englischen Kolonien ausgeführt werden. Den übrigen, den nicht besonders bezeichneten Waren, wurde die Ausfuhr nach beliebigen Ländern nicht beschränkt, mir durften sie auf keinen andern als englischen Schiffen verschickt werden. Die Rohprodukten, die bei der Größe und Fruchtbarkeit des dünn bevölkerten Landes ohnehin am nächsten lag, wurde noch durch Ausfuhrvergütungen auf Indigo, Hanf, Flachs, Rohseide, Bauholz, Faßtauben u. s. w. aufgemuntert, die keimende Industrie dagegen gewaltsam darniedergehalten; aufs strengste wurde die Ausfuhr von Garn und Woll- gewebeu, die Errichtung von Stahl- und Walzwerke:? verboten. So zwang man die Neuenglandstaaten, reine Ackerbanstaaten zu bleiben. Sobald sie sich frei gemacht hatten, öffneten sie ihre Häfen aller Welt, und schon während des Kampfes um ihre Unabhängigkeit beeiferten sie sich, allerhand Industrien ins Leben zu rufen. Die Zollerhebung blieb Sache der Einzelstaaten, und Grenzbote» III 1892 44

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_212475/353>, abgerufen am 02.05.2024.