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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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der mündlichen Ausdrucksweise leiten lassen." Ja aber drückt sich denn irgend
ein Mensch mündlich so aus? Und wenn ers in der Übereilung einmal thäte,
würde er sich nicht sofort selbst korrigiren? -- Übrigens heißt der Satz: Schreibe,
wie dn richtig sprichst, und außerdem bezieht er sich doch uicht auf logische Fehler
-- die hat man selbstverständlich zu vermeiden --, sondern auf geschraubte Wörter
und Wendungen, wie sie der papierne Stil erzeugt, die mündliche Sprache aber
verabscheut. Wären die Ausführungen des Herausgebers der Täglichen Rundschau
-- er will sie gegen eine ganze Akademie von Wüstenammern verteidigen -- richtig,
so Wäre es ein leichtes, jede beliebige Kathederblüte zu rechtfertigen. Mau weiß
ja, was der Redner ,,sagen will," der ,,Kern der Sache" ist verständlich, und
damit ist bewiesen, daß auch die Fliegenden Blätter und der Briefkasten des Klad¬
deradatsch hundert- und tausendmal "Sprachpedanterie" geübt haben. Li tÄ-
vuiskW -- -- --


Rabbinerethik.

Der Same, den Dr. Caro in seinem in Heft 36 und 37 der
Grenzboten abgedruckten Aufsatze "Die Judenfrage eine ethische Frage" auszustreuen
versuchte, fällt auf verschiednen Boden. Ganz steinicht ist er offenbar bei dem Reichs¬
ratsabgeordneten Dr. Bloch, dem frühern Rabbiner von Floridsdorf. Dieser Rabbi
giebt seine "Oesterreichische Wochenschrift," ein "Zentrnlorgan für die gesamten In¬
teressen des Judentums" (Ur. 39), dazu her, durch Verbreitung gemeiner Ver¬
leumdungen den Charakter Dr. Caros zu verdächtige" und seinen Freimut zu
schänden zu machen, und der "Gemeindebote" der Berliner "Allgemeine" Zeitung des
Judentums" (Ur. 40, Verlag von Rudolf Mosse) dient den Interessen des Juden¬
tums damit, daß er die duftende Räbbinerblüte seknndirend abdrückt. Was zeigt
das? Doch nur, daß das Judentum zum Teil noch nicht reif ist, Ethik und Ge¬
meinheit auseinanderzuhalten; daher schreibt sich ja eben der Antisemitismus.







Mr die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig
Perlag von Fr, Wilh. Grunow in Leipzig - Druck von Carl Marquart in Leipzig

der mündlichen Ausdrucksweise leiten lassen." Ja aber drückt sich denn irgend
ein Mensch mündlich so aus? Und wenn ers in der Übereilung einmal thäte,
würde er sich nicht sofort selbst korrigiren? — Übrigens heißt der Satz: Schreibe,
wie dn richtig sprichst, und außerdem bezieht er sich doch uicht auf logische Fehler
— die hat man selbstverständlich zu vermeiden —, sondern auf geschraubte Wörter
und Wendungen, wie sie der papierne Stil erzeugt, die mündliche Sprache aber
verabscheut. Wären die Ausführungen des Herausgebers der Täglichen Rundschau
— er will sie gegen eine ganze Akademie von Wüstenammern verteidigen — richtig,
so Wäre es ein leichtes, jede beliebige Kathederblüte zu rechtfertigen. Mau weiß
ja, was der Redner ,,sagen will," der ,,Kern der Sache" ist verständlich, und
damit ist bewiesen, daß auch die Fliegenden Blätter und der Briefkasten des Klad¬
deradatsch hundert- und tausendmal „Sprachpedanterie" geübt haben. Li tÄ-
vuiskW — — —


Rabbinerethik.

Der Same, den Dr. Caro in seinem in Heft 36 und 37 der
Grenzboten abgedruckten Aufsatze „Die Judenfrage eine ethische Frage" auszustreuen
versuchte, fällt auf verschiednen Boden. Ganz steinicht ist er offenbar bei dem Reichs¬
ratsabgeordneten Dr. Bloch, dem frühern Rabbiner von Floridsdorf. Dieser Rabbi
giebt seine „Oesterreichische Wochenschrift," ein „Zentrnlorgan für die gesamten In¬
teressen des Judentums" (Ur. 39), dazu her, durch Verbreitung gemeiner Ver¬
leumdungen den Charakter Dr. Caros zu verdächtige» und seinen Freimut zu
schänden zu machen, und der „Gemeindebote" der Berliner „Allgemeine» Zeitung des
Judentums" (Ur. 40, Verlag von Rudolf Mosse) dient den Interessen des Juden¬
tums damit, daß er die duftende Räbbinerblüte seknndirend abdrückt. Was zeigt
das? Doch nur, daß das Judentum zum Teil noch nicht reif ist, Ethik und Ge¬
meinheit auseinanderzuhalten; daher schreibt sich ja eben der Antisemitismus.







Mr die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig
Perlag von Fr, Wilh. Grunow in Leipzig - Druck von Carl Marquart in Leipzig
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[0152] der mündlichen Ausdrucksweise leiten lassen." Ja aber drückt sich denn irgend ein Mensch mündlich so aus? Und wenn ers in der Übereilung einmal thäte, würde er sich nicht sofort selbst korrigiren? — Übrigens heißt der Satz: Schreibe, wie dn richtig sprichst, und außerdem bezieht er sich doch uicht auf logische Fehler — die hat man selbstverständlich zu vermeiden —, sondern auf geschraubte Wörter und Wendungen, wie sie der papierne Stil erzeugt, die mündliche Sprache aber verabscheut. Wären die Ausführungen des Herausgebers der Täglichen Rundschau — er will sie gegen eine ganze Akademie von Wüstenammern verteidigen — richtig, so Wäre es ein leichtes, jede beliebige Kathederblüte zu rechtfertigen. Mau weiß ja, was der Redner ,,sagen will," der ,,Kern der Sache" ist verständlich, und damit ist bewiesen, daß auch die Fliegenden Blätter und der Briefkasten des Klad¬ deradatsch hundert- und tausendmal „Sprachpedanterie" geübt haben. Li tÄ- vuiskW — — — Rabbinerethik. Der Same, den Dr. Caro in seinem in Heft 36 und 37 der Grenzboten abgedruckten Aufsatze „Die Judenfrage eine ethische Frage" auszustreuen versuchte, fällt auf verschiednen Boden. Ganz steinicht ist er offenbar bei dem Reichs¬ ratsabgeordneten Dr. Bloch, dem frühern Rabbiner von Floridsdorf. Dieser Rabbi giebt seine „Oesterreichische Wochenschrift," ein „Zentrnlorgan für die gesamten In¬ teressen des Judentums" (Ur. 39), dazu her, durch Verbreitung gemeiner Ver¬ leumdungen den Charakter Dr. Caros zu verdächtige» und seinen Freimut zu schänden zu machen, und der „Gemeindebote" der Berliner „Allgemeine» Zeitung des Judentums" (Ur. 40, Verlag von Rudolf Mosse) dient den Interessen des Juden¬ tums damit, daß er die duftende Räbbinerblüte seknndirend abdrückt. Was zeigt das? Doch nur, daß das Judentum zum Teil noch nicht reif ist, Ethik und Ge¬ meinheit auseinanderzuhalten; daher schreibt sich ja eben der Antisemitismus. Mr die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig Perlag von Fr, Wilh. Grunow in Leipzig - Druck von Carl Marquart in Leipzig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/152>, abgerufen am 27.04.2024.