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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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Albrecht von Roon
von Btto Kaemmel

cum irgend etwas beweist, daß die Heidenzeit Wilhelms des Ersten
und Bismarcks vorüber ist, so ist es die Fülle von persönlichen
Denkwürdigkeiten und Erinnerungen, die in den verschiedensten
Formen allmählich aus Licht tritt und wohl noch reichlicher zu
erwarten ist. In dieser Beziehung wird sich jene große Zeit
vielleicht einmal den beiden Perioden der deutscheu Geschichte an die Seite
stellen, die an solchen Aufzeichnungen ebenfalls besonders reich sind, dein Zeit¬
alter des Humanismus und der Reformation und unsrer großen Litteratur¬
periode im vorigen Jahrhundert. Wahrend aber bei den Männern des ersten
das wissenschaftlich-religiöse Interesse vorwiegt, in der zweiten das litterarisch¬
ästhetische, tragen die Zeitgenossen Wilhelms des Ersten überwiegend ein politisch-
militärisches Gepräge. Noch sind die eigentlichen Denkwürdigkeiten des größten
unter den großen Paladinen .Kaiser Wilhelms des Ersten zu erwarten, aber
längst ist eine Fülle von mündlichen Äußerungen und vou Briefen aus seiner
Feder bekannt, von seinen politischen Reden ganz abgesehen, und Moltkes Per¬
sönlichkeit tritt uns aus seinen gesammelten Schriften und seinen Briefen wie
ans einem klaren Spiegel entgegen. Neuerdings sind nun die Denkwürdig¬
keiten Novus in zwei starken, vortrefflich ausgestatteten Bänden") hinzu¬
gekommen, des Mannes, der unter diesen dreien am frühesten vom Schauplatze
abgetreten und in weitern Kreisen vielleicht am wenigsten gewürdigt worden
ist. Leider stammt nur der Anfang aus einer eigenhändigen Aufzeichnung des
Ministers, und diese giebt nur über die ersten Jugendjahre bis 1816 einen
kurzen Bericht ans den Erinnerungen einer viel spätern Zeit (1878). Den
Kern der "Denkwürdigkeiten" bilden zahlreiche Briefe Roons, die an seine Ge¬
mahlin, seinen treuen Freund, den Staatsrechtslehrer und Historiker Clemens



Denkwürdigkeiten aus dem Leben des Generalfeldmarschalls Kriegs¬
ministers Grafen von Roon. Sammlung von Briefen, Schriftstücken und Erinnerungen.
Zwei Bände (mit zwei Bildnissen von 1W5 und 1871 und einem Facsimile). Breslau,
E. Trewendt, 1892. Teile davon sind schon früher in der Deutschen Rundschau veröffent¬
licht worden.
Grenzboten IV 1892 27


Albrecht von Roon
von Btto Kaemmel

cum irgend etwas beweist, daß die Heidenzeit Wilhelms des Ersten
und Bismarcks vorüber ist, so ist es die Fülle von persönlichen
Denkwürdigkeiten und Erinnerungen, die in den verschiedensten
Formen allmählich aus Licht tritt und wohl noch reichlicher zu
erwarten ist. In dieser Beziehung wird sich jene große Zeit
vielleicht einmal den beiden Perioden der deutscheu Geschichte an die Seite
stellen, die an solchen Aufzeichnungen ebenfalls besonders reich sind, dein Zeit¬
alter des Humanismus und der Reformation und unsrer großen Litteratur¬
periode im vorigen Jahrhundert. Wahrend aber bei den Männern des ersten
das wissenschaftlich-religiöse Interesse vorwiegt, in der zweiten das litterarisch¬
ästhetische, tragen die Zeitgenossen Wilhelms des Ersten überwiegend ein politisch-
militärisches Gepräge. Noch sind die eigentlichen Denkwürdigkeiten des größten
unter den großen Paladinen .Kaiser Wilhelms des Ersten zu erwarten, aber
längst ist eine Fülle von mündlichen Äußerungen und vou Briefen aus seiner
Feder bekannt, von seinen politischen Reden ganz abgesehen, und Moltkes Per¬
sönlichkeit tritt uns aus seinen gesammelten Schriften und seinen Briefen wie
ans einem klaren Spiegel entgegen. Neuerdings sind nun die Denkwürdig¬
keiten Novus in zwei starken, vortrefflich ausgestatteten Bänden") hinzu¬
gekommen, des Mannes, der unter diesen dreien am frühesten vom Schauplatze
abgetreten und in weitern Kreisen vielleicht am wenigsten gewürdigt worden
ist. Leider stammt nur der Anfang aus einer eigenhändigen Aufzeichnung des
Ministers, und diese giebt nur über die ersten Jugendjahre bis 1816 einen
kurzen Bericht ans den Erinnerungen einer viel spätern Zeit (1878). Den
Kern der „Denkwürdigkeiten" bilden zahlreiche Briefe Roons, die an seine Ge¬
mahlin, seinen treuen Freund, den Staatsrechtslehrer und Historiker Clemens



Denkwürdigkeiten aus dem Leben des Generalfeldmarschalls Kriegs¬
ministers Grafen von Roon. Sammlung von Briefen, Schriftstücken und Erinnerungen.
Zwei Bände (mit zwei Bildnissen von 1W5 und 1871 und einem Facsimile). Breslau,
E. Trewendt, 1892. Teile davon sind schon früher in der Deutschen Rundschau veröffent¬
licht worden.
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[0217] [Abbildung] Albrecht von Roon von Btto Kaemmel cum irgend etwas beweist, daß die Heidenzeit Wilhelms des Ersten und Bismarcks vorüber ist, so ist es die Fülle von persönlichen Denkwürdigkeiten und Erinnerungen, die in den verschiedensten Formen allmählich aus Licht tritt und wohl noch reichlicher zu erwarten ist. In dieser Beziehung wird sich jene große Zeit vielleicht einmal den beiden Perioden der deutscheu Geschichte an die Seite stellen, die an solchen Aufzeichnungen ebenfalls besonders reich sind, dein Zeit¬ alter des Humanismus und der Reformation und unsrer großen Litteratur¬ periode im vorigen Jahrhundert. Wahrend aber bei den Männern des ersten das wissenschaftlich-religiöse Interesse vorwiegt, in der zweiten das litterarisch¬ ästhetische, tragen die Zeitgenossen Wilhelms des Ersten überwiegend ein politisch- militärisches Gepräge. Noch sind die eigentlichen Denkwürdigkeiten des größten unter den großen Paladinen .Kaiser Wilhelms des Ersten zu erwarten, aber längst ist eine Fülle von mündlichen Äußerungen und vou Briefen aus seiner Feder bekannt, von seinen politischen Reden ganz abgesehen, und Moltkes Per¬ sönlichkeit tritt uns aus seinen gesammelten Schriften und seinen Briefen wie ans einem klaren Spiegel entgegen. Neuerdings sind nun die Denkwürdig¬ keiten Novus in zwei starken, vortrefflich ausgestatteten Bänden") hinzu¬ gekommen, des Mannes, der unter diesen dreien am frühesten vom Schauplatze abgetreten und in weitern Kreisen vielleicht am wenigsten gewürdigt worden ist. Leider stammt nur der Anfang aus einer eigenhändigen Aufzeichnung des Ministers, und diese giebt nur über die ersten Jugendjahre bis 1816 einen kurzen Bericht ans den Erinnerungen einer viel spätern Zeit (1878). Den Kern der „Denkwürdigkeiten" bilden zahlreiche Briefe Roons, die an seine Ge¬ mahlin, seinen treuen Freund, den Staatsrechtslehrer und Historiker Clemens Denkwürdigkeiten aus dem Leben des Generalfeldmarschalls Kriegs¬ ministers Grafen von Roon. Sammlung von Briefen, Schriftstücken und Erinnerungen. Zwei Bände (mit zwei Bildnissen von 1W5 und 1871 und einem Facsimile). Breslau, E. Trewendt, 1892. Teile davon sind schon früher in der Deutschen Rundschau veröffent¬ licht worden. Grenzboten IV 1892 27

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/217>, abgerufen am 27.04.2024.