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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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Unsre Marine und ihre Pflichten im Frieden

s gab einmal eine Zeit, da war unsre junge Marine das
Lieblingskind des neuen Reichs, und es war eine Freude, zu
sehen, wie alles, was dem jüngsten und stolzesten Kinde Deutsch-
lands bei seinein riesenschnellen Wachstum zur Ausrüstung nötig
war, ihm gern und sogar mit einem gewissen Behagen bewilligt
wurde. Diese Bereitwilligkeit hatte ihre Wurzel in dem angenehmen Gefühl
der Genugthuung, daß Deutschland endlich den Zeiten des Jammers und der
Schmach entrückt sei, wo zwei dänische Fregatten die ganze Ostseeküste deutschen
Landes blockiren konnten und wo ein Warnungsschuß aus einem alten englischen
Geschütz auf Helgoland die aussegelnde "deutsche Flotte" zurückscheuchen konnte,
die unter der schwarzrotgvldnen Flagge fuhr, vou der Lord Palmerston im
Parlament sagte, Schiffe unter uicht anerkannter Flagge würden als See¬
räuber behandelt werden.

Und nicht bloß im Zulande freute man sich der Verwirklichung einer
Hoffnung: erst recht im Auslande, wo Deutsche-wohnen an fremder Küste. Als
eine Schmach war es ihnen erschienen, wenn einmal Tage der Bedrängnis
kamen und sie um deu Schutz der Fremden, am meisten um den Schutz der
Engländer bitten mußten, die sie dann wohl mitleidig oder spöttisch lächelnd
mit den Kanonen ihrer Kriegsschiffe deckten.

Gott Lob, diese Zeiten sind vorüber! hat mancher draußen gesagt, wenn
über ihm die Kriegsflagge des neuen deutschen Reichs im fremden Hafen von
der Gaffel rauschte; wir siud jetzt uicht mehr auf die Barmherzigkeit uns im
Grunde feindlich gesinnter Leute augewiesen. Und freudig dankbar blicken sie
aus zu der weißen Flagge mit dem schwarzen Kreuz.

Die Forderungen für die Marine sind auch in der letzten Zeit von Jahr


Grenzboten IV 18"L M


Unsre Marine und ihre Pflichten im Frieden

s gab einmal eine Zeit, da war unsre junge Marine das
Lieblingskind des neuen Reichs, und es war eine Freude, zu
sehen, wie alles, was dem jüngsten und stolzesten Kinde Deutsch-
lands bei seinein riesenschnellen Wachstum zur Ausrüstung nötig
war, ihm gern und sogar mit einem gewissen Behagen bewilligt
wurde. Diese Bereitwilligkeit hatte ihre Wurzel in dem angenehmen Gefühl
der Genugthuung, daß Deutschland endlich den Zeiten des Jammers und der
Schmach entrückt sei, wo zwei dänische Fregatten die ganze Ostseeküste deutschen
Landes blockiren konnten und wo ein Warnungsschuß aus einem alten englischen
Geschütz auf Helgoland die aussegelnde „deutsche Flotte" zurückscheuchen konnte,
die unter der schwarzrotgvldnen Flagge fuhr, vou der Lord Palmerston im
Parlament sagte, Schiffe unter uicht anerkannter Flagge würden als See¬
räuber behandelt werden.

Und nicht bloß im Zulande freute man sich der Verwirklichung einer
Hoffnung: erst recht im Auslande, wo Deutsche-wohnen an fremder Küste. Als
eine Schmach war es ihnen erschienen, wenn einmal Tage der Bedrängnis
kamen und sie um deu Schutz der Fremden, am meisten um den Schutz der
Engländer bitten mußten, die sie dann wohl mitleidig oder spöttisch lächelnd
mit den Kanonen ihrer Kriegsschiffe deckten.

Gott Lob, diese Zeiten sind vorüber! hat mancher draußen gesagt, wenn
über ihm die Kriegsflagge des neuen deutschen Reichs im fremden Hafen von
der Gaffel rauschte; wir siud jetzt uicht mehr auf die Barmherzigkeit uns im
Grunde feindlich gesinnter Leute augewiesen. Und freudig dankbar blicken sie
aus zu der weißen Flagge mit dem schwarzen Kreuz.

Die Forderungen für die Marine sind auch in der letzten Zeit von Jahr


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[0249] [Abbildung] Unsre Marine und ihre Pflichten im Frieden s gab einmal eine Zeit, da war unsre junge Marine das Lieblingskind des neuen Reichs, und es war eine Freude, zu sehen, wie alles, was dem jüngsten und stolzesten Kinde Deutsch- lands bei seinein riesenschnellen Wachstum zur Ausrüstung nötig war, ihm gern und sogar mit einem gewissen Behagen bewilligt wurde. Diese Bereitwilligkeit hatte ihre Wurzel in dem angenehmen Gefühl der Genugthuung, daß Deutschland endlich den Zeiten des Jammers und der Schmach entrückt sei, wo zwei dänische Fregatten die ganze Ostseeküste deutschen Landes blockiren konnten und wo ein Warnungsschuß aus einem alten englischen Geschütz auf Helgoland die aussegelnde „deutsche Flotte" zurückscheuchen konnte, die unter der schwarzrotgvldnen Flagge fuhr, vou der Lord Palmerston im Parlament sagte, Schiffe unter uicht anerkannter Flagge würden als See¬ räuber behandelt werden. Und nicht bloß im Zulande freute man sich der Verwirklichung einer Hoffnung: erst recht im Auslande, wo Deutsche-wohnen an fremder Küste. Als eine Schmach war es ihnen erschienen, wenn einmal Tage der Bedrängnis kamen und sie um deu Schutz der Fremden, am meisten um den Schutz der Engländer bitten mußten, die sie dann wohl mitleidig oder spöttisch lächelnd mit den Kanonen ihrer Kriegsschiffe deckten. Gott Lob, diese Zeiten sind vorüber! hat mancher draußen gesagt, wenn über ihm die Kriegsflagge des neuen deutschen Reichs im fremden Hafen von der Gaffel rauschte; wir siud jetzt uicht mehr auf die Barmherzigkeit uns im Grunde feindlich gesinnter Leute augewiesen. Und freudig dankbar blicken sie aus zu der weißen Flagge mit dem schwarzen Kreuz. Die Forderungen für die Marine sind auch in der letzten Zeit von Jahr Grenzboten IV 18«L M

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/249>, abgerufen am 27.04.2024.