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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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Weder Kommunismus noch Kapitalismus
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cum alle die Monographien über Landwirtschaft und Gewerbe
in Deutschland, die einzelne Zeiten, Gegenden und Produktions¬
zweige behandeln, zusammengestellt würden, so Hütten wir in
einem solchen Sammelwerke wahrscheinlich eine ziemlich voll-
stündige Geschichte der deutschen Arbeit oder, um genauer aus¬
zudrücken, was Nur meinen, der deutscheu Produktion. Die Engländer besitzen
ein Werk, das sich zwar in der Vollständigkeit mit dieser deutschen Wirtschafts¬
bibliothek nicht messen kann, aber dafür die Entwicklung und die Verände-
rungen der englischen Produktion übersichtlich im Zusammenhange und in
einem Gusse darstellt: Ax Livirtririvs ol' >Vor!< uncl l'Inz Ili^loro ot
b!i!g'Il"l> iMbvm'. Up .1Ä.HNZ8 'I'boroicI U.og'<zr", N. ?. Auch Wolf hat na¬
türlich dieses Werk benutzt, und er berichtet über einen kleinen Teil seiner
Ergebnisse: über die von Rogers ermittelte Auf- und Abwärtsbewegung der
Arbeitslöhne; aber die Hauptsache teilt er uicht mit: die von Rogers mit
größter Ausführlichkeit dargelegten Ursachen dieser Veränderungen. Schon
der falsche Name, mit dem er das Werk einführt, als eine Geschichte des
englischen Arbeiters, während es doch eine Geschichte der Arbeit ist, raubt den
dürftigen Angaben, die er daraus entnimmt, allen Wert. Denn dieser falsche
Name erweckt wieder die verkehrte Vorstellung, als ob das Wort "Arbeiter"
den unwandelbaren, für alle Zeiten feststehenden Begriff bezeichnete, den des
besitzlosen Lohnarbeiters, wie wir ihn heute vor uns sehen, und als ob die
Produktion zu allen Zeiten in der Weise vor sich gegangen wäre, daß ein
kapitalistischer Unternehmer den Grund und Boden, die Werkzeuge und die
Leitung, eine Herde von besitzlosen Arbeitern aber die Arbeit lieferte. Es ist
aber gerade das Verdienst des englischen Gelehrten, klar gemacht zu haben,
wie grundverschieden die im Mittelalter an der Produktion beteiligte!: Berufs¬
stände und Klassen von unsern heutige" waren. Das haben auch Marx und
Engels bemerkt und hervorgehoben. Und gerade aus dein Umstände, daß die
Gliederung und Schichtung der Gesellschaft seit dem sechzehnten Jahrhundert
eine grundstürzende Umwandlung erlitten hat, ziehen sie die Folgerung, daß




Weder Kommunismus noch Kapitalismus
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cum alle die Monographien über Landwirtschaft und Gewerbe
in Deutschland, die einzelne Zeiten, Gegenden und Produktions¬
zweige behandeln, zusammengestellt würden, so Hütten wir in
einem solchen Sammelwerke wahrscheinlich eine ziemlich voll-
stündige Geschichte der deutschen Arbeit oder, um genauer aus¬
zudrücken, was Nur meinen, der deutscheu Produktion. Die Engländer besitzen
ein Werk, das sich zwar in der Vollständigkeit mit dieser deutschen Wirtschafts¬
bibliothek nicht messen kann, aber dafür die Entwicklung und die Verände-
rungen der englischen Produktion übersichtlich im Zusammenhange und in
einem Gusse darstellt: Ax Livirtririvs ol' >Vor!< uncl l'Inz Ili^loro ot
b!i!g'Il»l> iMbvm'. Up .1Ä.HNZ8 'I'boroicI U.og'<zr», N. ?. Auch Wolf hat na¬
türlich dieses Werk benutzt, und er berichtet über einen kleinen Teil seiner
Ergebnisse: über die von Rogers ermittelte Auf- und Abwärtsbewegung der
Arbeitslöhne; aber die Hauptsache teilt er uicht mit: die von Rogers mit
größter Ausführlichkeit dargelegten Ursachen dieser Veränderungen. Schon
der falsche Name, mit dem er das Werk einführt, als eine Geschichte des
englischen Arbeiters, während es doch eine Geschichte der Arbeit ist, raubt den
dürftigen Angaben, die er daraus entnimmt, allen Wert. Denn dieser falsche
Name erweckt wieder die verkehrte Vorstellung, als ob das Wort „Arbeiter"
den unwandelbaren, für alle Zeiten feststehenden Begriff bezeichnete, den des
besitzlosen Lohnarbeiters, wie wir ihn heute vor uns sehen, und als ob die
Produktion zu allen Zeiten in der Weise vor sich gegangen wäre, daß ein
kapitalistischer Unternehmer den Grund und Boden, die Werkzeuge und die
Leitung, eine Herde von besitzlosen Arbeitern aber die Arbeit lieferte. Es ist
aber gerade das Verdienst des englischen Gelehrten, klar gemacht zu haben,
wie grundverschieden die im Mittelalter an der Produktion beteiligte!: Berufs¬
stände und Klassen von unsern heutige« waren. Das haben auch Marx und
Engels bemerkt und hervorgehoben. Und gerade aus dein Umstände, daß die
Gliederung und Schichtung der Gesellschaft seit dem sechzehnten Jahrhundert
eine grundstürzende Umwandlung erlitten hat, ziehen sie die Folgerung, daß


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[0522] [Abbildung] Weder Kommunismus noch Kapitalismus 4 cum alle die Monographien über Landwirtschaft und Gewerbe in Deutschland, die einzelne Zeiten, Gegenden und Produktions¬ zweige behandeln, zusammengestellt würden, so Hütten wir in einem solchen Sammelwerke wahrscheinlich eine ziemlich voll- stündige Geschichte der deutschen Arbeit oder, um genauer aus¬ zudrücken, was Nur meinen, der deutscheu Produktion. Die Engländer besitzen ein Werk, das sich zwar in der Vollständigkeit mit dieser deutschen Wirtschafts¬ bibliothek nicht messen kann, aber dafür die Entwicklung und die Verände- rungen der englischen Produktion übersichtlich im Zusammenhange und in einem Gusse darstellt: Ax Livirtririvs ol' >Vor!< uncl l'Inz Ili^loro ot b!i!g'Il»l> iMbvm'. Up .1Ä.HNZ8 'I'boroicI U.og'<zr», N. ?. Auch Wolf hat na¬ türlich dieses Werk benutzt, und er berichtet über einen kleinen Teil seiner Ergebnisse: über die von Rogers ermittelte Auf- und Abwärtsbewegung der Arbeitslöhne; aber die Hauptsache teilt er uicht mit: die von Rogers mit größter Ausführlichkeit dargelegten Ursachen dieser Veränderungen. Schon der falsche Name, mit dem er das Werk einführt, als eine Geschichte des englischen Arbeiters, während es doch eine Geschichte der Arbeit ist, raubt den dürftigen Angaben, die er daraus entnimmt, allen Wert. Denn dieser falsche Name erweckt wieder die verkehrte Vorstellung, als ob das Wort „Arbeiter" den unwandelbaren, für alle Zeiten feststehenden Begriff bezeichnete, den des besitzlosen Lohnarbeiters, wie wir ihn heute vor uns sehen, und als ob die Produktion zu allen Zeiten in der Weise vor sich gegangen wäre, daß ein kapitalistischer Unternehmer den Grund und Boden, die Werkzeuge und die Leitung, eine Herde von besitzlosen Arbeitern aber die Arbeit lieferte. Es ist aber gerade das Verdienst des englischen Gelehrten, klar gemacht zu haben, wie grundverschieden die im Mittelalter an der Produktion beteiligte!: Berufs¬ stände und Klassen von unsern heutige« waren. Das haben auch Marx und Engels bemerkt und hervorgehoben. Und gerade aus dein Umstände, daß die Gliederung und Schichtung der Gesellschaft seit dem sechzehnten Jahrhundert eine grundstürzende Umwandlung erlitten hat, ziehen sie die Folgerung, daß

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/522>, abgerufen am 27.04.2024.