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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Fliegen in die Hände kriegte, wenn sie mich nahe kam. Und sie war nich mal
stolz. Wie sie von mein Theebrett ein Glas Limmernade nahm, sagt sie
ordentlich "danke" auf deutsch und stage die Augeus ganz freundlich zu mich
aus, wo doch sonstens die Frauzoscns für uns Vedientens kein gutes Wort
hatten. Ich freute mir denn auch nich wenig: erstens weil die Prinzessin mir
aukuckte, und denn, weil sie ganz andre Angen hatt als die kleine Komteß.
Keine swarze; nein, dunkelblau waren sie, und durch die Büumens schien ge¬
rade die Sonne auf ihr weißes Gesicht. Ich mußte an das Bild von dein
Engel denken, das in Eutin in die Sloßkapelle hängt.

Mein Junker durfte warhciftigen Gott mit die Prinzessin snncken! Piähr
sein jungen Herzog kriegt ihn bei die Schulter und sagt sein Namen. Da
giebt das Fräulein ihn die Hand, lacht ein büschen, wobei ich seh, daß sie ein
süßen kleinen Mund hat, und denn spricht sie ganz lange mit mein Herrn.
Er wird bald blaß, bald rot, und ob er doch französch parliren kann, so fängt
er an zu stottern und kann nich weiter. Da fängt die Prinzessin an mit ihn
deutsch zu sprechen -- ganz langsam und deutlich, und ich kaun verstehen,
was sie sagt. Daß sie noch ein büschen in Holstein bleiben und mit den
Herzog zusammen sein will, wenn man bloß Napolium da nix von merkt, da
er doch so böse auf ihren Vräntgnm is, und daß sie hofft, er wird es nich
zu wissen kriegen, daß der junge Herr nu auch hier is.

Mein Junker legt denn die Hand aufs Herz und stottert, daß ihr Vräntgam
sicher sein soll vor allen Feinden, wenigstens was er dazu thun kaun. Er
sah ein büschen aufgeregt aus, svdciß ich mir wunderte; die Prinzessin merkte
abers natürlicherweise nich das geringste und war sehr gnädig mit ihn. So
war sie freundlich mit alle holsteinischen Herrens und Damens und bat alle,
sie sollten doch nich verraten, daß sie in Plön wär mit ihren Verlobten. Und
alle haben gesagt, sie wollten Gut und Ehre für ihr hingeben, was ein jeder
auch meinte. Denn wer konnte das Fräulein sehen und ihr nich gleich lieb
haben?

(Schluß folgt)




Maßgebliches und Unmaßgebliches
Der außerordentliche schwedische Reichstag.

In diesen Tagen ist in
Stockholm der außerordentliche Reichstag durch König Oskar feierlich geschlossen
worden, der zur Beratung eines neuen Wehrgesetzes eingerufen war und dies
Wehr-(oder Abwehr-) Gesetz endlich angenommen und zustande gebracht hat. Ein

Grenzboten IV 1892 M>

Maßgebliches und Unmaßgebliches

Fliegen in die Hände kriegte, wenn sie mich nahe kam. Und sie war nich mal
stolz. Wie sie von mein Theebrett ein Glas Limmernade nahm, sagt sie
ordentlich „danke" auf deutsch und stage die Augeus ganz freundlich zu mich
aus, wo doch sonstens die Frauzoscns für uns Vedientens kein gutes Wort
hatten. Ich freute mir denn auch nich wenig: erstens weil die Prinzessin mir
aukuckte, und denn, weil sie ganz andre Angen hatt als die kleine Komteß.
Keine swarze; nein, dunkelblau waren sie, und durch die Büumens schien ge¬
rade die Sonne auf ihr weißes Gesicht. Ich mußte an das Bild von dein
Engel denken, das in Eutin in die Sloßkapelle hängt.

Mein Junker durfte warhciftigen Gott mit die Prinzessin snncken! Piähr
sein jungen Herzog kriegt ihn bei die Schulter und sagt sein Namen. Da
giebt das Fräulein ihn die Hand, lacht ein büschen, wobei ich seh, daß sie ein
süßen kleinen Mund hat, und denn spricht sie ganz lange mit mein Herrn.
Er wird bald blaß, bald rot, und ob er doch französch parliren kann, so fängt
er an zu stottern und kann nich weiter. Da fängt die Prinzessin an mit ihn
deutsch zu sprechen — ganz langsam und deutlich, und ich kaun verstehen,
was sie sagt. Daß sie noch ein büschen in Holstein bleiben und mit den
Herzog zusammen sein will, wenn man bloß Napolium da nix von merkt, da
er doch so böse auf ihren Vräntgnm is, und daß sie hofft, er wird es nich
zu wissen kriegen, daß der junge Herr nu auch hier is.

Mein Junker legt denn die Hand aufs Herz und stottert, daß ihr Vräntgam
sicher sein soll vor allen Feinden, wenigstens was er dazu thun kaun. Er
sah ein büschen aufgeregt aus, svdciß ich mir wunderte; die Prinzessin merkte
abers natürlicherweise nich das geringste und war sehr gnädig mit ihn. So
war sie freundlich mit alle holsteinischen Herrens und Damens und bat alle,
sie sollten doch nich verraten, daß sie in Plön wär mit ihren Verlobten. Und
alle haben gesagt, sie wollten Gut und Ehre für ihr hingeben, was ein jeder
auch meinte. Denn wer konnte das Fräulein sehen und ihr nich gleich lieb
haben?

(Schluß folgt)




Maßgebliches und Unmaßgebliches
Der außerordentliche schwedische Reichstag.

In diesen Tagen ist in
Stockholm der außerordentliche Reichstag durch König Oskar feierlich geschlossen
worden, der zur Beratung eines neuen Wehrgesetzes eingerufen war und dies
Wehr-(oder Abwehr-) Gesetz endlich angenommen und zustande gebracht hat. Ein

Grenzboten IV 1892 M>

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[0553] Maßgebliches und Unmaßgebliches Grenzboten IV 1892 M> Fliegen in die Hände kriegte, wenn sie mich nahe kam. Und sie war nich mal stolz. Wie sie von mein Theebrett ein Glas Limmernade nahm, sagt sie ordentlich „danke" auf deutsch und stage die Augeus ganz freundlich zu mich aus, wo doch sonstens die Frauzoscns für uns Vedientens kein gutes Wort hatten. Ich freute mir denn auch nich wenig: erstens weil die Prinzessin mir aukuckte, und denn, weil sie ganz andre Angen hatt als die kleine Komteß. Keine swarze; nein, dunkelblau waren sie, und durch die Büumens schien ge¬ rade die Sonne auf ihr weißes Gesicht. Ich mußte an das Bild von dein Engel denken, das in Eutin in die Sloßkapelle hängt. Mein Junker durfte warhciftigen Gott mit die Prinzessin snncken! Piähr sein jungen Herzog kriegt ihn bei die Schulter und sagt sein Namen. Da giebt das Fräulein ihn die Hand, lacht ein büschen, wobei ich seh, daß sie ein süßen kleinen Mund hat, und denn spricht sie ganz lange mit mein Herrn. Er wird bald blaß, bald rot, und ob er doch französch parliren kann, so fängt er an zu stottern und kann nich weiter. Da fängt die Prinzessin an mit ihn deutsch zu sprechen — ganz langsam und deutlich, und ich kaun verstehen, was sie sagt. Daß sie noch ein büschen in Holstein bleiben und mit den Herzog zusammen sein will, wenn man bloß Napolium da nix von merkt, da er doch so böse auf ihren Vräntgnm is, und daß sie hofft, er wird es nich zu wissen kriegen, daß der junge Herr nu auch hier is. Mein Junker legt denn die Hand aufs Herz und stottert, daß ihr Vräntgam sicher sein soll vor allen Feinden, wenigstens was er dazu thun kaun. Er sah ein büschen aufgeregt aus, svdciß ich mir wunderte; die Prinzessin merkte abers natürlicherweise nich das geringste und war sehr gnädig mit ihn. So war sie freundlich mit alle holsteinischen Herrens und Damens und bat alle, sie sollten doch nich verraten, daß sie in Plön wär mit ihren Verlobten. Und alle haben gesagt, sie wollten Gut und Ehre für ihr hingeben, was ein jeder auch meinte. Denn wer konnte das Fräulein sehen und ihr nich gleich lieb haben? (Schluß folgt) Maßgebliches und Unmaßgebliches Der außerordentliche schwedische Reichstag. In diesen Tagen ist in Stockholm der außerordentliche Reichstag durch König Oskar feierlich geschlossen worden, der zur Beratung eines neuen Wehrgesetzes eingerufen war und dies Wehr-(oder Abwehr-) Gesetz endlich angenommen und zustande gebracht hat. Ein

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/553>, abgerufen am 27.04.2024.