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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr.

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Lothar Archer

der Überzeugung und der Gedanken. Vor allem gilt diese Forderung von
der Volksvertretung, denn nur wer widerstehen kann, der kann auch stützen.
Gewiß setzt die Verbindung einer starken Krone und eiuer starken Volks¬
vertretung weises Maßhalten von beiden Seiten voraus, und ein Vertrauen
auf die Gesinnung des andern Teils, das sorgfältig gepflegt und auch nicht
einmal durch herausfordernde Worte erschüttert werden darf. Aber nur
unter diesen Bedingungen wird das politische Leben unsers Volks gesund und
vor den schweren Erschütterungen des französischen bewahrt bleiben.




Lothar Bucher
M. Gittermann Line Erwiderung von


! u Schorers Familienblatt stand kürzlich über Lothar Bücher ein
Aufsatz, der so unwahre und verkehrte Angaben aus dem Leben
des Verstorbnen enthalt, wie es kaum glaublich ist. Das Wort
vo nrorwis "it ni"! t>vio hat ja in der Politik längst seine
Giltigkeit verloren, und man kaun es den politischen Gegnern
Buchers nicht verübeln, wenn sie in ihren Nekrologen von ihrem Standpunkt
aus mancherlei zu tadeln hatten. Aber auch seine schlimmsten Feinde mußten doch
die über jeden Vorwarf erhabne Lauterkeit seines Charakters anerkennen. Um^
so peinlicher muß es daher berühren, wenn unter dein Deckmantel der Freund
schaft von unbekannter Seite ein Zerrbild des Toten entworfen wird, das
nicht entfernt mit dem leuchtenden Bilde übereinstimmt, wie es alle wirklichen
Freunde Buchers im Herzen tragen. In einer kleinen Zeitung las ich unter
den Gestorbnen des vergangnen Jahres auch: "Lothar Bucher, der Freund
des Fürsten Bismnrck." Die großen Massen haben wohl von der hohen
Stellung und der politischen Bedeutung Buchers nicht viel gewußt, aber
jedermann kannte ihn als "den Freund des Fürsten Bismnrck." Dieses schöne
Verhältnis zwischen dein alte" Kanzler und seinem Rat wird nun in dem an¬
geführten Artikel in der häßlichsten Weise verunstaltet.

Ich habe seit Jahren dem Verstorbnen nahe gestanden und glaube gerade
über die letzten Jahre seines Lebens besonders gut unterrichtet zu sein. Daher
darf ich mir wohl eme Berichtigitng jener fragwürdigen Mitteilungen erlaiiben.

Buchers Bedeutuug wird ja von dem ungenannten Verfasser nicht unter¬
schätzt; aber muß nicht sein ganzes Bild getrübt werden, wenn der Verstorbne
bei allen guten Eigenschaften als ein Manu hingestellt wird, der eifersüchtig
seinen Einfluß beim Fürsten Bismarck zu wahren gesucht und jeden Besucher


Lothar Archer

der Überzeugung und der Gedanken. Vor allem gilt diese Forderung von
der Volksvertretung, denn nur wer widerstehen kann, der kann auch stützen.
Gewiß setzt die Verbindung einer starken Krone und eiuer starken Volks¬
vertretung weises Maßhalten von beiden Seiten voraus, und ein Vertrauen
auf die Gesinnung des andern Teils, das sorgfältig gepflegt und auch nicht
einmal durch herausfordernde Worte erschüttert werden darf. Aber nur
unter diesen Bedingungen wird das politische Leben unsers Volks gesund und
vor den schweren Erschütterungen des französischen bewahrt bleiben.




Lothar Bucher
M. Gittermann Line Erwiderung von


! u Schorers Familienblatt stand kürzlich über Lothar Bücher ein
Aufsatz, der so unwahre und verkehrte Angaben aus dem Leben
des Verstorbnen enthalt, wie es kaum glaublich ist. Das Wort
vo nrorwis »it ni«! t>vio hat ja in der Politik längst seine
Giltigkeit verloren, und man kaun es den politischen Gegnern
Buchers nicht verübeln, wenn sie in ihren Nekrologen von ihrem Standpunkt
aus mancherlei zu tadeln hatten. Aber auch seine schlimmsten Feinde mußten doch
die über jeden Vorwarf erhabne Lauterkeit seines Charakters anerkennen. Um^
so peinlicher muß es daher berühren, wenn unter dein Deckmantel der Freund
schaft von unbekannter Seite ein Zerrbild des Toten entworfen wird, das
nicht entfernt mit dem leuchtenden Bilde übereinstimmt, wie es alle wirklichen
Freunde Buchers im Herzen tragen. In einer kleinen Zeitung las ich unter
den Gestorbnen des vergangnen Jahres auch: „Lothar Bucher, der Freund
des Fürsten Bismnrck." Die großen Massen haben wohl von der hohen
Stellung und der politischen Bedeutung Buchers nicht viel gewußt, aber
jedermann kannte ihn als „den Freund des Fürsten Bismnrck." Dieses schöne
Verhältnis zwischen dein alte» Kanzler und seinem Rat wird nun in dem an¬
geführten Artikel in der häßlichsten Weise verunstaltet.

Ich habe seit Jahren dem Verstorbnen nahe gestanden und glaube gerade
über die letzten Jahre seines Lebens besonders gut unterrichtet zu sein. Daher
darf ich mir wohl eme Berichtigitng jener fragwürdigen Mitteilungen erlaiiben.

Buchers Bedeutuug wird ja von dem ungenannten Verfasser nicht unter¬
schätzt; aber muß nicht sein ganzes Bild getrübt werden, wenn der Verstorbne
bei allen guten Eigenschaften als ein Manu hingestellt wird, der eifersüchtig
seinen Einfluß beim Fürsten Bismarck zu wahren gesucht und jeden Besucher


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[0186] Lothar Archer der Überzeugung und der Gedanken. Vor allem gilt diese Forderung von der Volksvertretung, denn nur wer widerstehen kann, der kann auch stützen. Gewiß setzt die Verbindung einer starken Krone und eiuer starken Volks¬ vertretung weises Maßhalten von beiden Seiten voraus, und ein Vertrauen auf die Gesinnung des andern Teils, das sorgfältig gepflegt und auch nicht einmal durch herausfordernde Worte erschüttert werden darf. Aber nur unter diesen Bedingungen wird das politische Leben unsers Volks gesund und vor den schweren Erschütterungen des französischen bewahrt bleiben. Lothar Bucher M. Gittermann Line Erwiderung von ! u Schorers Familienblatt stand kürzlich über Lothar Bücher ein Aufsatz, der so unwahre und verkehrte Angaben aus dem Leben des Verstorbnen enthalt, wie es kaum glaublich ist. Das Wort vo nrorwis »it ni«! t>vio hat ja in der Politik längst seine Giltigkeit verloren, und man kaun es den politischen Gegnern Buchers nicht verübeln, wenn sie in ihren Nekrologen von ihrem Standpunkt aus mancherlei zu tadeln hatten. Aber auch seine schlimmsten Feinde mußten doch die über jeden Vorwarf erhabne Lauterkeit seines Charakters anerkennen. Um^ so peinlicher muß es daher berühren, wenn unter dein Deckmantel der Freund schaft von unbekannter Seite ein Zerrbild des Toten entworfen wird, das nicht entfernt mit dem leuchtenden Bilde übereinstimmt, wie es alle wirklichen Freunde Buchers im Herzen tragen. In einer kleinen Zeitung las ich unter den Gestorbnen des vergangnen Jahres auch: „Lothar Bucher, der Freund des Fürsten Bismnrck." Die großen Massen haben wohl von der hohen Stellung und der politischen Bedeutung Buchers nicht viel gewußt, aber jedermann kannte ihn als „den Freund des Fürsten Bismnrck." Dieses schöne Verhältnis zwischen dein alte» Kanzler und seinem Rat wird nun in dem an¬ geführten Artikel in der häßlichsten Weise verunstaltet. Ich habe seit Jahren dem Verstorbnen nahe gestanden und glaube gerade über die letzten Jahre seines Lebens besonders gut unterrichtet zu sein. Daher darf ich mir wohl eme Berichtigitng jener fragwürdigen Mitteilungen erlaiiben. Buchers Bedeutuug wird ja von dem ungenannten Verfasser nicht unter¬ schätzt; aber muß nicht sein ganzes Bild getrübt werden, wenn der Verstorbne bei allen guten Eigenschaften als ein Manu hingestellt wird, der eifersüchtig seinen Einfluß beim Fürsten Bismarck zu wahren gesucht und jeden Besucher

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_213791/186>, abgerufen am 28.04.2024.