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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr.

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die Unabhängigkeit der Inseln anerkannt wird. Dann würde sich das auch
gar nicht mit der Monroclehre vertragen, die Negierung der Vereinigten
Staaten würde damit ganz neue Bahnen betreten. Eine Einverleibung würde
sicher auch den Anlaß zu Parteikämpfen geben, die den Wohlstand der blühenden
Inseln zerstören würden. Außerdem möchte wohl England dazu seine Zu¬
stimmung versagen, da durch die Besetzung der hawaiischen Inseln von Amerika
der Weg Englands über Kanada nach Hongkong und Indien sehr gefährdet
werden würde. Gerade auf diesen Weg legt man in England in neuer Zeit
besondres Gewicht. Plant doch anch England ein nnterseeisches Kabel über
diese Inseln von Kanada nach Neuseeland, nach Japan und China. Denn
nur so kann es gelingen, die weitgetrenuten Länder der britischen Krone zu¬
sammenzubringen. Das Kriegsschiff Egeria war mit den Tiefenmessungen
zwei Jahre lang (1889 bis 1891) beschäftigt. Bei einem etwaigen Seekriege,
in den England, Frankreich, Nordamerika, Rußland, China und Japan ver¬
wickelt werden könnten, ist Honolulu von der größten Bedeutung. England
wird jedenfalls seine Zustimmung nur zu einer Schutzherrschaft erteilen. Von
einer gemeinsamen Schutzherrschaft, die, wie auf Samoa, von Amerika, England
und Deutschland geübt würde, wird man jedenfalls absehen infolge der trau¬
rigen Erfahrungen, die man dort gemacht hat. Vielleicht könnte aber
unsre Negierung jetzt von Amerika Zugestündnisse erlangen in Betreff der
Samoainseln, denn daß der deutsche Handel dort bald wieder festen Fuß fassen
würde, daran zweifeln wir keinen Augenblick. Auch würden unter deutscher
Schutzherrschaft dort sehr bald die Fehden unter den Eingebornen aufhören,
die jetzt nur durch deu Neid unsrer Nebenbuhler genährt werden.




Der Schutz des Privateigentums zur ^ce
V Georg Wislicenus on

in I.Dezember 1892 sagte Dr. Buhl im Reichstage: "Wir leben
in einer ernsten Zeit, aber seien wir nicht pessimistisch, sondern
uns bewußt, daß wir alle Veranlassung haben, den Dingen ins
Gesicht zu blicken, wie sie wirklich sind." Das ist ein wahres
Wort, und wenn alle Menschen nicht nur so dächten, sondern
auch darnach handelten, so sähe es auf unserm kleinen Planeten anders aus:
wenn anch Bellamys Traum nicht verwirklicht wäre, bessere Zustände, als
jetzt, hätten wir sicherlich. Aber mit eignen Augen sehen können leider noch
immer nicht alle Menschen. Die geistige Kurzsichtigkeit scheint noch häufiger


die Unabhängigkeit der Inseln anerkannt wird. Dann würde sich das auch
gar nicht mit der Monroclehre vertragen, die Negierung der Vereinigten
Staaten würde damit ganz neue Bahnen betreten. Eine Einverleibung würde
sicher auch den Anlaß zu Parteikämpfen geben, die den Wohlstand der blühenden
Inseln zerstören würden. Außerdem möchte wohl England dazu seine Zu¬
stimmung versagen, da durch die Besetzung der hawaiischen Inseln von Amerika
der Weg Englands über Kanada nach Hongkong und Indien sehr gefährdet
werden würde. Gerade auf diesen Weg legt man in England in neuer Zeit
besondres Gewicht. Plant doch anch England ein nnterseeisches Kabel über
diese Inseln von Kanada nach Neuseeland, nach Japan und China. Denn
nur so kann es gelingen, die weitgetrenuten Länder der britischen Krone zu¬
sammenzubringen. Das Kriegsschiff Egeria war mit den Tiefenmessungen
zwei Jahre lang (1889 bis 1891) beschäftigt. Bei einem etwaigen Seekriege,
in den England, Frankreich, Nordamerika, Rußland, China und Japan ver¬
wickelt werden könnten, ist Honolulu von der größten Bedeutung. England
wird jedenfalls seine Zustimmung nur zu einer Schutzherrschaft erteilen. Von
einer gemeinsamen Schutzherrschaft, die, wie auf Samoa, von Amerika, England
und Deutschland geübt würde, wird man jedenfalls absehen infolge der trau¬
rigen Erfahrungen, die man dort gemacht hat. Vielleicht könnte aber
unsre Negierung jetzt von Amerika Zugestündnisse erlangen in Betreff der
Samoainseln, denn daß der deutsche Handel dort bald wieder festen Fuß fassen
würde, daran zweifeln wir keinen Augenblick. Auch würden unter deutscher
Schutzherrschaft dort sehr bald die Fehden unter den Eingebornen aufhören,
die jetzt nur durch deu Neid unsrer Nebenbuhler genährt werden.




Der Schutz des Privateigentums zur ^ce
V Georg Wislicenus on

in I.Dezember 1892 sagte Dr. Buhl im Reichstage: „Wir leben
in einer ernsten Zeit, aber seien wir nicht pessimistisch, sondern
uns bewußt, daß wir alle Veranlassung haben, den Dingen ins
Gesicht zu blicken, wie sie wirklich sind." Das ist ein wahres
Wort, und wenn alle Menschen nicht nur so dächten, sondern
auch darnach handelten, so sähe es auf unserm kleinen Planeten anders aus:
wenn anch Bellamys Traum nicht verwirklicht wäre, bessere Zustände, als
jetzt, hätten wir sicherlich. Aber mit eignen Augen sehen können leider noch
immer nicht alle Menschen. Die geistige Kurzsichtigkeit scheint noch häufiger


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[0369] die Unabhängigkeit der Inseln anerkannt wird. Dann würde sich das auch gar nicht mit der Monroclehre vertragen, die Negierung der Vereinigten Staaten würde damit ganz neue Bahnen betreten. Eine Einverleibung würde sicher auch den Anlaß zu Parteikämpfen geben, die den Wohlstand der blühenden Inseln zerstören würden. Außerdem möchte wohl England dazu seine Zu¬ stimmung versagen, da durch die Besetzung der hawaiischen Inseln von Amerika der Weg Englands über Kanada nach Hongkong und Indien sehr gefährdet werden würde. Gerade auf diesen Weg legt man in England in neuer Zeit besondres Gewicht. Plant doch anch England ein nnterseeisches Kabel über diese Inseln von Kanada nach Neuseeland, nach Japan und China. Denn nur so kann es gelingen, die weitgetrenuten Länder der britischen Krone zu¬ sammenzubringen. Das Kriegsschiff Egeria war mit den Tiefenmessungen zwei Jahre lang (1889 bis 1891) beschäftigt. Bei einem etwaigen Seekriege, in den England, Frankreich, Nordamerika, Rußland, China und Japan ver¬ wickelt werden könnten, ist Honolulu von der größten Bedeutung. England wird jedenfalls seine Zustimmung nur zu einer Schutzherrschaft erteilen. Von einer gemeinsamen Schutzherrschaft, die, wie auf Samoa, von Amerika, England und Deutschland geübt würde, wird man jedenfalls absehen infolge der trau¬ rigen Erfahrungen, die man dort gemacht hat. Vielleicht könnte aber unsre Negierung jetzt von Amerika Zugestündnisse erlangen in Betreff der Samoainseln, denn daß der deutsche Handel dort bald wieder festen Fuß fassen würde, daran zweifeln wir keinen Augenblick. Auch würden unter deutscher Schutzherrschaft dort sehr bald die Fehden unter den Eingebornen aufhören, die jetzt nur durch deu Neid unsrer Nebenbuhler genährt werden. Der Schutz des Privateigentums zur ^ce V Georg Wislicenus on in I.Dezember 1892 sagte Dr. Buhl im Reichstage: „Wir leben in einer ernsten Zeit, aber seien wir nicht pessimistisch, sondern uns bewußt, daß wir alle Veranlassung haben, den Dingen ins Gesicht zu blicken, wie sie wirklich sind." Das ist ein wahres Wort, und wenn alle Menschen nicht nur so dächten, sondern auch darnach handelten, so sähe es auf unserm kleinen Planeten anders aus: wenn anch Bellamys Traum nicht verwirklicht wäre, bessere Zustände, als jetzt, hätten wir sicherlich. Aber mit eignen Augen sehen können leider noch immer nicht alle Menschen. Die geistige Kurzsichtigkeit scheint noch häufiger

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_213791/369>, abgerufen am 28.04.2024.