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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr.

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Deutschland und Frankreich

ach allen Mißerfolgen der Versuche, Frankreich mit Deutschland
wieder auszusöhnen oder sie auch nur einander etwas näher
zu bringen, nimmt man eine Schrift, die diesen Plan von
neuem aufgreift, nur mißtrauisch zur Hand. Um was kann es
sich noch handeln? Praktisch doch offenbar nur darum, die paar
Menschen, die in Frankreich noch ruhig politisch denken, mit den wenigen in
Fühlung zu bringen, die in Deutschland in dieser Sache nicht Am Mut ver¬
loren haben. Ausgeschlossen muß jede Anrufung der Gefühle sein. Wirksam,
auch nur in dem kleinsten Kreise französischer Politiker, wird sich nichts andres
zeigen, als der ganz verstündige, kühle Nachweis, daß es gewaltige Vorteile
sür Frankreich haben würde, wenn es seine Hoffnung aufgäbe, den Frankfurter
Frieden eines Tages zu zerreißen.

Das thut die Schrift, die wir in der französischen Übersetzung anzeigen,*)
weil der Übersetzer, ein geborner Berliner, nach der Abstammung Franzose und
Elsässer, sie mit einer Anzahl von Bemerkungen ausgestattet hat, die in Deutsch¬
land und Frankreich beachtet werden sollten. In Frankreich wird sie voraus¬
sichtlich totgeschwiegen werden; es sollte uns aber doch wundern, wenn ihre
Grundgedanken nicht dann und wann in Äußerungen unabhängiger Politiker
wieder auftauchten, denen sie übrigens auch seither nicht ganz fremd waren.
Denn in diesen Grundgedanken liegt etwas Notwendiges.

Wir übergehe" das Vorwort des Übersetzers, das die gute, reine Ab¬
sicht aufs klarste und wärmste durchscheinen läßt. Auch mit dem kleinen



Z?rs,nov vt ^.llöMÄg'no Mr 1s Dr. Otto ^ronät, virootsur an llsutsods
Vovlwnd1a.et so, linäuetion ot IVckÄoo Mr Hgru'^ Drwim, ?rotosssur av droit ron-un
u-nx Ilnivorsittts <de> I^".u,8Älllls se trvnvvo. 1893.
Grenzboten IV 1893 Z7


Deutschland und Frankreich

ach allen Mißerfolgen der Versuche, Frankreich mit Deutschland
wieder auszusöhnen oder sie auch nur einander etwas näher
zu bringen, nimmt man eine Schrift, die diesen Plan von
neuem aufgreift, nur mißtrauisch zur Hand. Um was kann es
sich noch handeln? Praktisch doch offenbar nur darum, die paar
Menschen, die in Frankreich noch ruhig politisch denken, mit den wenigen in
Fühlung zu bringen, die in Deutschland in dieser Sache nicht Am Mut ver¬
loren haben. Ausgeschlossen muß jede Anrufung der Gefühle sein. Wirksam,
auch nur in dem kleinsten Kreise französischer Politiker, wird sich nichts andres
zeigen, als der ganz verstündige, kühle Nachweis, daß es gewaltige Vorteile
sür Frankreich haben würde, wenn es seine Hoffnung aufgäbe, den Frankfurter
Frieden eines Tages zu zerreißen.

Das thut die Schrift, die wir in der französischen Übersetzung anzeigen,*)
weil der Übersetzer, ein geborner Berliner, nach der Abstammung Franzose und
Elsässer, sie mit einer Anzahl von Bemerkungen ausgestattet hat, die in Deutsch¬
land und Frankreich beachtet werden sollten. In Frankreich wird sie voraus¬
sichtlich totgeschwiegen werden; es sollte uns aber doch wundern, wenn ihre
Grundgedanken nicht dann und wann in Äußerungen unabhängiger Politiker
wieder auftauchten, denen sie übrigens auch seither nicht ganz fremd waren.
Denn in diesen Grundgedanken liegt etwas Notwendiges.

Wir übergehe» das Vorwort des Übersetzers, das die gute, reine Ab¬
sicht aufs klarste und wärmste durchscheinen läßt. Auch mit dem kleinen



Z?rs,nov vt ^.llöMÄg'no Mr 1s Dr. Otto ^ronät, virootsur an llsutsods
Vovlwnd1a.et so, linäuetion ot IVckÄoo Mr Hgru'^ Drwim, ?rotosssur av droit ron-un
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[0297] [Abbildung] Deutschland und Frankreich ach allen Mißerfolgen der Versuche, Frankreich mit Deutschland wieder auszusöhnen oder sie auch nur einander etwas näher zu bringen, nimmt man eine Schrift, die diesen Plan von neuem aufgreift, nur mißtrauisch zur Hand. Um was kann es sich noch handeln? Praktisch doch offenbar nur darum, die paar Menschen, die in Frankreich noch ruhig politisch denken, mit den wenigen in Fühlung zu bringen, die in Deutschland in dieser Sache nicht Am Mut ver¬ loren haben. Ausgeschlossen muß jede Anrufung der Gefühle sein. Wirksam, auch nur in dem kleinsten Kreise französischer Politiker, wird sich nichts andres zeigen, als der ganz verstündige, kühle Nachweis, daß es gewaltige Vorteile sür Frankreich haben würde, wenn es seine Hoffnung aufgäbe, den Frankfurter Frieden eines Tages zu zerreißen. Das thut die Schrift, die wir in der französischen Übersetzung anzeigen,*) weil der Übersetzer, ein geborner Berliner, nach der Abstammung Franzose und Elsässer, sie mit einer Anzahl von Bemerkungen ausgestattet hat, die in Deutsch¬ land und Frankreich beachtet werden sollten. In Frankreich wird sie voraus¬ sichtlich totgeschwiegen werden; es sollte uns aber doch wundern, wenn ihre Grundgedanken nicht dann und wann in Äußerungen unabhängiger Politiker wieder auftauchten, denen sie übrigens auch seither nicht ganz fremd waren. Denn in diesen Grundgedanken liegt etwas Notwendiges. Wir übergehe» das Vorwort des Übersetzers, das die gute, reine Ab¬ sicht aufs klarste und wärmste durchscheinen läßt. Auch mit dem kleinen Z?rs,nov vt ^.llöMÄg'no Mr 1s Dr. Otto ^ronät, virootsur an llsutsods Vovlwnd1a.et so, linäuetion ot IVckÄoo Mr Hgru'^ Drwim, ?rotosssur av droit ron-un u-nx Ilnivorsittts <de> I^«.u,8Älllls se trvnvvo. 1893. Grenzboten IV 1893 Z7

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215723/297>, abgerufen am 04.05.2024.