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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Zweites Vierteljahr.

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Der erste Beste
Veto Verdeck Lrzählung von
(Fortsetzung)
5

n Mcilchin am Bahnhof stand die Kutsche mit den beiden
Füchsen. Krischan, der Rosselenker, saß stramm mit steil auf¬
gerichteter Peitsche und wartete. Seine blauen Augen traten
ordentlich hervor, wie er da so schräg von der Seite guckte, als
jetzt Fritz mit Margarete am Arm, vom Koffertrüger begleitet,
herankam. Schnell nahm er die Peitsche in die linke Hand, zog
den Hut und lächelte mit seelenvergnügtem Grinsen aus ledernen Falten und
grauen Bartstoppeln seinem Herrn entgegen.

Tag, Krischan, du oller Kirk, nickte Fritz ihm freundlich zu. Kik, dat is
mine Fru.

Krischan grinste noch ausdrucksvoller.

Und während sie einstiegen und das Gepäck aufgeladen wurde: Warum
is min Brander nich ankamen, Krischan?

Hei her keen Tid, antwortete der Alte, sich wie ein Schraubenzieher auf
seinem Bock herumdrehend, in den Wagen hinunter, mit geheimnisvollem
Augenrollen. Hei mutt für de Äwerraschung sorgen, seggt hei.

I, de Deuwelslirl! rief Fritz laut auflachend. Na, denn man lau!

Die Füchse zogen an, und fort rollte der Wagen in die leise sinkende
Abenddämmerung hinein. Fritz wandte sich zu seiner Frau.

sitzest du auch gut, mein Herz? fragte er mit zärtlichem Lächeln.
Kühl ist dir doch nicht? -- Damit zog er die große, weiche Decke besser über
ihre Kniee herauf. -- Einstweilen gehts ja noch, aber wir haben über eine
Stunde zu fahren; ehe wir ankommen, ist es beinahe dunkel. Wir hätten
deine Jacke haußen behalten sollen. Aber halt, hier -- er zog ein Plaid aus
den Falten des zurückgeschlagnen Verdecks, in die er aufs Geratewohl hinein-
gegriffen hatte --, das hat jedenfalls Hans mitgegeben. Da haben wir also
was für nachher. Gott, Kind -- er nahm die Hand seiner stillen Gefährtin --,
ich freue mich so unmenschlich aufs Nachhausekommen! Am liebsten wäre ich
ja gleich mit dir nach dem alten Nest gefahren; Hochzeitsreisen sind gar nicht
nach meinem Sinn. Aber da war so allerlei noch zu thun -- na, nun sind
wir ja so weit.




Der erste Beste
Veto Verdeck Lrzählung von
(Fortsetzung)
5

n Mcilchin am Bahnhof stand die Kutsche mit den beiden
Füchsen. Krischan, der Rosselenker, saß stramm mit steil auf¬
gerichteter Peitsche und wartete. Seine blauen Augen traten
ordentlich hervor, wie er da so schräg von der Seite guckte, als
jetzt Fritz mit Margarete am Arm, vom Koffertrüger begleitet,
herankam. Schnell nahm er die Peitsche in die linke Hand, zog
den Hut und lächelte mit seelenvergnügtem Grinsen aus ledernen Falten und
grauen Bartstoppeln seinem Herrn entgegen.

Tag, Krischan, du oller Kirk, nickte Fritz ihm freundlich zu. Kik, dat is
mine Fru.

Krischan grinste noch ausdrucksvoller.

Und während sie einstiegen und das Gepäck aufgeladen wurde: Warum
is min Brander nich ankamen, Krischan?

Hei her keen Tid, antwortete der Alte, sich wie ein Schraubenzieher auf
seinem Bock herumdrehend, in den Wagen hinunter, mit geheimnisvollem
Augenrollen. Hei mutt für de Äwerraschung sorgen, seggt hei.

I, de Deuwelslirl! rief Fritz laut auflachend. Na, denn man lau!

Die Füchse zogen an, und fort rollte der Wagen in die leise sinkende
Abenddämmerung hinein. Fritz wandte sich zu seiner Frau.

sitzest du auch gut, mein Herz? fragte er mit zärtlichem Lächeln.
Kühl ist dir doch nicht? — Damit zog er die große, weiche Decke besser über
ihre Kniee herauf. — Einstweilen gehts ja noch, aber wir haben über eine
Stunde zu fahren; ehe wir ankommen, ist es beinahe dunkel. Wir hätten
deine Jacke haußen behalten sollen. Aber halt, hier — er zog ein Plaid aus
den Falten des zurückgeschlagnen Verdecks, in die er aufs Geratewohl hinein-
gegriffen hatte —, das hat jedenfalls Hans mitgegeben. Da haben wir also
was für nachher. Gott, Kind — er nahm die Hand seiner stillen Gefährtin —,
ich freue mich so unmenschlich aufs Nachhausekommen! Am liebsten wäre ich
ja gleich mit dir nach dem alten Nest gefahren; Hochzeitsreisen sind gar nicht
nach meinem Sinn. Aber da war so allerlei noch zu thun — na, nun sind
wir ja so weit.


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[0434] [Abbildung] Der erste Beste Veto Verdeck Lrzählung von (Fortsetzung) 5 n Mcilchin am Bahnhof stand die Kutsche mit den beiden Füchsen. Krischan, der Rosselenker, saß stramm mit steil auf¬ gerichteter Peitsche und wartete. Seine blauen Augen traten ordentlich hervor, wie er da so schräg von der Seite guckte, als jetzt Fritz mit Margarete am Arm, vom Koffertrüger begleitet, herankam. Schnell nahm er die Peitsche in die linke Hand, zog den Hut und lächelte mit seelenvergnügtem Grinsen aus ledernen Falten und grauen Bartstoppeln seinem Herrn entgegen. Tag, Krischan, du oller Kirk, nickte Fritz ihm freundlich zu. Kik, dat is mine Fru. Krischan grinste noch ausdrucksvoller. Und während sie einstiegen und das Gepäck aufgeladen wurde: Warum is min Brander nich ankamen, Krischan? Hei her keen Tid, antwortete der Alte, sich wie ein Schraubenzieher auf seinem Bock herumdrehend, in den Wagen hinunter, mit geheimnisvollem Augenrollen. Hei mutt für de Äwerraschung sorgen, seggt hei. I, de Deuwelslirl! rief Fritz laut auflachend. Na, denn man lau! Die Füchse zogen an, und fort rollte der Wagen in die leise sinkende Abenddämmerung hinein. Fritz wandte sich zu seiner Frau. sitzest du auch gut, mein Herz? fragte er mit zärtlichem Lächeln. Kühl ist dir doch nicht? — Damit zog er die große, weiche Decke besser über ihre Kniee herauf. — Einstweilen gehts ja noch, aber wir haben über eine Stunde zu fahren; ehe wir ankommen, ist es beinahe dunkel. Wir hätten deine Jacke haußen behalten sollen. Aber halt, hier — er zog ein Plaid aus den Falten des zurückgeschlagnen Verdecks, in die er aufs Geratewohl hinein- gegriffen hatte —, das hat jedenfalls Hans mitgegeben. Da haben wir also was für nachher. Gott, Kind — er nahm die Hand seiner stillen Gefährtin —, ich freue mich so unmenschlich aufs Nachhausekommen! Am liebsten wäre ich ja gleich mit dir nach dem alten Nest gefahren; Hochzeitsreisen sind gar nicht nach meinem Sinn. Aber da war so allerlei noch zu thun — na, nun sind wir ja so weit.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_219675/434>, abgerufen am 04.05.2024.