Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite


Englische Ausfälle gegen den deutschen Kriegsschiffbau
von Georg Wislicenus

le Times gehört ohne Zweifel zu den Zeitungen, die beachtet
zu werden verdienen. Merkwürdig, daß trotzdem ein großer Auf¬
satz: Louis nÄvg.1 asxsots ol rils Kisl OatlleriuA noch in keiner
deutschen Zeitung erwähnt worden ist. Freilich fehlt bei unsern
Berichterstattern oft die Fachkunde in Flottensachen. Da der
Timesartikel (vom 6. und 10. Juli) von einem sxseial oorrssxonäsut verfaßt
ist, so muß man annehmen, daß er von dem bekannten, tüchtigen Marine¬
schriftsteller Laird Clowes stammt, dessen Zukunftsbild: "Der Kommandant
der Mary Rose" vor einiger Zeit in der Marinerundschau übersetzt worden ist.
Der Artikel beschreibt fast alle Kriegsschiffe, die an der großen Flottenschau
beteiligt waren, und urteilt über die Güte der verschiednen Schiffsarten. Dabei
werden allerlei Eigenschaften unsrer neuen Schiffe in gönnerhaftem Tone ge¬
tadelt; überall Hort man den Schlußreim wiederkehren: wir Engländer bauen
die besten Panzerschiffe der Welt. Da aber dieser Schlußreim außerhalb des
selbstgefälligen Albions nirgends als unbestrittne Wahrheit anerkannt wird, so
brauchen wir uns dem Urteil eines Timeskorrespondenten keineswegs still¬
schweigend zu fügen.

In frühern Jahrhunderten waren die besten englischen Linienschiffe nach
französischen Mustern erbaut. Arenhold führt in seinem trefflichen Werke über
die historische Entwicklung der Schiffstypen an, daß z. B. 1719 die Hundert¬
kanonenschiffe in England nach französischem Vorbilde vergrößert wurden, und
daß am Ende des achtzehnten Jahrhunderts die Engländer das eroberte schöne
französische Linienschiff Sans Pareil für ihre Neubauten zum Muster nahmen.
Das erste Panzerschiff, die Gloire, bauten die Franzosen, und die stolzen


Grenzboten III 1895 44


Englische Ausfälle gegen den deutschen Kriegsschiffbau
von Georg Wislicenus

le Times gehört ohne Zweifel zu den Zeitungen, die beachtet
zu werden verdienen. Merkwürdig, daß trotzdem ein großer Auf¬
satz: Louis nÄvg.1 asxsots ol rils Kisl OatlleriuA noch in keiner
deutschen Zeitung erwähnt worden ist. Freilich fehlt bei unsern
Berichterstattern oft die Fachkunde in Flottensachen. Da der
Timesartikel (vom 6. und 10. Juli) von einem sxseial oorrssxonäsut verfaßt
ist, so muß man annehmen, daß er von dem bekannten, tüchtigen Marine¬
schriftsteller Laird Clowes stammt, dessen Zukunftsbild: „Der Kommandant
der Mary Rose" vor einiger Zeit in der Marinerundschau übersetzt worden ist.
Der Artikel beschreibt fast alle Kriegsschiffe, die an der großen Flottenschau
beteiligt waren, und urteilt über die Güte der verschiednen Schiffsarten. Dabei
werden allerlei Eigenschaften unsrer neuen Schiffe in gönnerhaftem Tone ge¬
tadelt; überall Hort man den Schlußreim wiederkehren: wir Engländer bauen
die besten Panzerschiffe der Welt. Da aber dieser Schlußreim außerhalb des
selbstgefälligen Albions nirgends als unbestrittne Wahrheit anerkannt wird, so
brauchen wir uns dem Urteil eines Timeskorrespondenten keineswegs still¬
schweigend zu fügen.

In frühern Jahrhunderten waren die besten englischen Linienschiffe nach
französischen Mustern erbaut. Arenhold führt in seinem trefflichen Werke über
die historische Entwicklung der Schiffstypen an, daß z. B. 1719 die Hundert¬
kanonenschiffe in England nach französischem Vorbilde vergrößert wurden, und
daß am Ende des achtzehnten Jahrhunderts die Engländer das eroberte schöne
französische Linienschiff Sans Pareil für ihre Neubauten zum Muster nahmen.
Das erste Panzerschiff, die Gloire, bauten die Franzosen, und die stolzen


Grenzboten III 1895 44
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0353" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/220679"/>
            <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341861_220325/figures/grenzboten_341861_220325_220679_000.jpg"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Englische Ausfälle gegen den deutschen Kriegsschiffbau<lb/><note type="byline"> von Georg Wislicenus</note></head><lb/>
          <p xml:id="ID_1516"> le Times gehört ohne Zweifel zu den Zeitungen, die beachtet<lb/>
zu werden verdienen. Merkwürdig, daß trotzdem ein großer Auf¬<lb/>
satz: Louis nÄvg.1 asxsots ol rils Kisl OatlleriuA noch in keiner<lb/>
deutschen Zeitung erwähnt worden ist. Freilich fehlt bei unsern<lb/>
Berichterstattern oft die Fachkunde in Flottensachen. Da der<lb/>
Timesartikel (vom 6. und 10. Juli) von einem sxseial oorrssxonäsut verfaßt<lb/>
ist, so muß man annehmen, daß er von dem bekannten, tüchtigen Marine¬<lb/>
schriftsteller Laird Clowes stammt, dessen Zukunftsbild: &#x201E;Der Kommandant<lb/>
der Mary Rose" vor einiger Zeit in der Marinerundschau übersetzt worden ist.<lb/>
Der Artikel beschreibt fast alle Kriegsschiffe, die an der großen Flottenschau<lb/>
beteiligt waren, und urteilt über die Güte der verschiednen Schiffsarten. Dabei<lb/>
werden allerlei Eigenschaften unsrer neuen Schiffe in gönnerhaftem Tone ge¬<lb/>
tadelt; überall Hort man den Schlußreim wiederkehren: wir Engländer bauen<lb/>
die besten Panzerschiffe der Welt. Da aber dieser Schlußreim außerhalb des<lb/>
selbstgefälligen Albions nirgends als unbestrittne Wahrheit anerkannt wird, so<lb/>
brauchen wir uns dem Urteil eines Timeskorrespondenten keineswegs still¬<lb/>
schweigend zu fügen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1517" next="#ID_1518"> In frühern Jahrhunderten waren die besten englischen Linienschiffe nach<lb/>
französischen Mustern erbaut. Arenhold führt in seinem trefflichen Werke über<lb/>
die historische Entwicklung der Schiffstypen an, daß z. B. 1719 die Hundert¬<lb/>
kanonenschiffe in England nach französischem Vorbilde vergrößert wurden, und<lb/>
daß am Ende des achtzehnten Jahrhunderts die Engländer das eroberte schöne<lb/>
französische Linienschiff Sans Pareil für ihre Neubauten zum Muster nahmen.<lb/>
Das erste Panzerschiff, die Gloire, bauten die Franzosen, und die stolzen</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten III 1895 44</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0353] [Abbildung] Englische Ausfälle gegen den deutschen Kriegsschiffbau von Georg Wislicenus le Times gehört ohne Zweifel zu den Zeitungen, die beachtet zu werden verdienen. Merkwürdig, daß trotzdem ein großer Auf¬ satz: Louis nÄvg.1 asxsots ol rils Kisl OatlleriuA noch in keiner deutschen Zeitung erwähnt worden ist. Freilich fehlt bei unsern Berichterstattern oft die Fachkunde in Flottensachen. Da der Timesartikel (vom 6. und 10. Juli) von einem sxseial oorrssxonäsut verfaßt ist, so muß man annehmen, daß er von dem bekannten, tüchtigen Marine¬ schriftsteller Laird Clowes stammt, dessen Zukunftsbild: „Der Kommandant der Mary Rose" vor einiger Zeit in der Marinerundschau übersetzt worden ist. Der Artikel beschreibt fast alle Kriegsschiffe, die an der großen Flottenschau beteiligt waren, und urteilt über die Güte der verschiednen Schiffsarten. Dabei werden allerlei Eigenschaften unsrer neuen Schiffe in gönnerhaftem Tone ge¬ tadelt; überall Hort man den Schlußreim wiederkehren: wir Engländer bauen die besten Panzerschiffe der Welt. Da aber dieser Schlußreim außerhalb des selbstgefälligen Albions nirgends als unbestrittne Wahrheit anerkannt wird, so brauchen wir uns dem Urteil eines Timeskorrespondenten keineswegs still¬ schweigend zu fügen. In frühern Jahrhunderten waren die besten englischen Linienschiffe nach französischen Mustern erbaut. Arenhold führt in seinem trefflichen Werke über die historische Entwicklung der Schiffstypen an, daß z. B. 1719 die Hundert¬ kanonenschiffe in England nach französischem Vorbilde vergrößert wurden, und daß am Ende des achtzehnten Jahrhunderts die Engländer das eroberte schöne französische Linienschiff Sans Pareil für ihre Neubauten zum Muster nahmen. Das erste Panzerschiff, die Gloire, bauten die Franzosen, und die stolzen Grenzboten III 1895 44

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325/353
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325/353>, abgerufen am 27.04.2024.